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Der Kuss des Greifen (German Edition)

Der Kuss des Greifen (German Edition)

Titel: Der Kuss des Greifen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thea Harrison
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San Francisco. Es lag an der höchsten Stelle von Nob Hill und bot einen Ausblick über die Stadt und die Bucht. Es verfügte über Hunderte Zimmer und Suiten, drei Restaurants und Lounges, Multimediaräume für Geschäftskonferenzen, Geschäfte und ein Spa. Es lag nicht weit von Carlings Haus entfernt, und so landeten sie schon nach wenigen Minuten auf dem weitläufigen, gepflegten Gelände. Rune wartete, bis Carling von seinem Rücken geglitten war, ehe er seine menschliche Gestalt annahm.
    Fasziniert beobachtete Carling wieder einmal, wie die Verwandlung über ihn hinwegrollte. Sie hatte ihn jetzt schon mehrfach dabei gesehen, und noch immer begriff sie es nicht so recht. Diesmal wurde der verschwommene Eindruck der Verwandlung noch durch die Abschirmung verstärkt … War es ein Zauber? Nein, das schien nicht ganz zu stimmen, da keine Zauberformel zum Einsatz kam. Und dann hatte er wieder seine Menschengestalt, mit seiner breiten, nackten Brust, den schrecklichen, blutbefleckten Jeans und allem Drum und Dran.
    Er trat auf sie zu, legte einen Arm um sie, und sie lehnte sich bei ihm an. »Ach übrigens, wie fühlst du dich?«, fragte er. »Irgendwelche Anzeichen für eine bevorstehende Trance?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Es geht mir gut.«
    »Gut.« Er drückte ihre Schultern. »Zieh es dir rein; hier hast du deinen Beweis. Wir sind gelandet, und zwar in der Öffentlichkeit. Ich bin halbnackt, aber niemand nimmt davon Notiz. Jetzt musst du zugeben, Rätin, dass das einfach nicht sein kann.«
    Ihre Augenbrauen schnellten in die Höhe, sie lachte. Flink sah sie sich um. Der Nebel zog in dunstigen, weißen Schwaden durch die Straßen. In einiger Entfernung konnte sie Menschen und Straßenverkehr sehen und hören, aber durch irgendeine Laune des Zufalls war wieder niemand in ihrer unmittelbaren Nähe. »Pures Glück«, sagte sie. »Niemand hat uns gesehen, weil niemand darauf achtet. Ich bin noch nicht überzeugt.«
    »Also gut«, sagte er. »Komm mit. Aber achte darauf, dich ruhig zu verhalten. Die Abschirmung wirkt nur auf die visuelle Wahrnehmung, nicht auf die akustische.«
    Er nahm ihr die Taschen wieder ab und hängte sie sich über die Schulter. Ohne den Arm von ihr zu lösen, ging er mit ihr auf den beflaggten, hellerleuchteten Säulengang vor dem Hotel zu. Während Rune sie den Gehweg entlangsteuerte, blieb Carling stumm und behielt die Straße im Auge, auf der es von hupenden Autos und Fußgängern wimmelte. Diesmal kamen sie anderen Menschen recht nahe, aber niemand sah in ihre Richtung.
    Trotz des Nebels war es an diesem späten Vormittag zu hell für alle lichtempfindlicheren Nachtwesen, und so war kein einziger Vampyr zu sehen. Alle, an denen sie vorbeikamen, waren Menschen.
    Bist du jetzt überzeugt? , fragte Rune telepathisch.
    Sie lächelte vor sich hin. Es gefiel ihr, mit ihm die Straße entlangzugehen, wie sie sich zusammen bewegten und wie sie sich in der Wärme seiner magischen Energie sonnen konnte. Ihr gefiel sein maskuliner Duft. Und vielleicht gefiel es ihr auch ein wenig, ihn zu necken. Vielleicht bin ich etwas überzeugter als vorher. Aber weißt du, die Einwohner von San Francisco sind einiges gewöhnt, Nudistenparaden zum Beispiel oder den Vampyr-Exotika-Ball. Es könnte auch einfach daran liegen, dass wir langweilig sind.
    Nie im Leben , sagte er und legte den Arm fester um ihre Schultern. Nie im Leben sind wir langweilig. Gehen wir rein.
    Sie mussten auf jemanden warten, der vor ihnen durch die Eingangstür ging, dann schlüpften sie hinterher. Dabei schob Rune Carling vor sich her.
    Die gewaltige Lobby war ausgestattet mit Goldbrokatmöbeln, hochaufragenden Pflanzen in riesigen Bodenvasen, marmorierten Säulen, die eine zwei Stockwerke hohe Decke stützten, auf Hochglanz polierten Marmorböden mit Ornamentverzierung und cremefarbenen Leuchten. Auch hier war es recht belebt, voll von Leuten in Designerkleidung, Shabby-Chic-Klamotten und maßgeschneiderten Anzügen. Die Lobby war von einem undefinierbaren Lärm erfüllt, vom Verkehr draußen auf der Straße, von Gesprächen, plötzlich ausbrechendem Gelächter und dem unberechenbaren Piepsen von Handys. Nach dem Frieden und der Ruhe auf der windumtosten Insel war die Zivilisation regelrecht schrill.
    Rune dirigierte Carling geschickt zu einer Wand, wo es eine ruhige, freie Ecke abseits der Laufwege gab. Er stellte die Taschen ab und blieb mit verschränkten Armen stehen. Du darfst jederzeit mit deinen Lobeshymnen beginnen.
    Sie kicherte

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