Der Kuss des Killers
die Bemerkungen, die ich im Anschluss an das Verhör von Forte gemacht habe, in aller Form entschuldigen. Es stand mir nicht zu und es war falsch, Ihre Methoden in Frage zu stellen. Ich hoffe, dass mein mangelndes Urteilsvermögen in dieser Angelegenheit Sie nicht dazu bewegen wird, mich von diesem Fall oder gar aus dieser Abteilung abzuziehen.«
Eve nahm Platz und lehnte sich weit auf ihrem kreischend nach einem Schmiermittel verlangenden Schreibtischstuhl zurück. »Ist das alles, Officer Peabody?«
»Ja, Madam. Außer – «
»Wenn Sie noch mehr zu sagen haben, ziehen Sie sich erst den Stock aus dem Hintern. Sie sind schließlich nicht im Dienst und dies ist kein offizielles Gespräch.«
Peabodys Schultern sackten, weniger entspannt als vielmehr traurig, ein Stückchen nach unten. »Tut mir Leid. Irgendwie ging es mir nahe zu sehen, wie er zusammengebrochen ist. Ich war nicht in der Lage, mich von der Situation zu lösen und das Ganze objektiv zu sehen. Ich glaube nicht – ich will nicht glauben«, verbesserte sie sich, »dass er wirklich schuldig ist. Dieser Wunsch hat meine Sicht getrübt.«
»Das oberste Gebot bei derartigen Verhören ist Objektivität. Die uns, öfter als wir uns eingestehen möchten, manchmal nicht möglich ist. Ich war ebenfalls nicht völlig objektiv, was auch der Grund für meine Überreaktion auf Ihre Kommentare war. Dafür möchte ich mich ebenfalls bei Ihnen entschuldigen.«
Überraschung und Erleichterung wallten in ihr auf. Beides fand Peabody leichter zu verdauen als Missbilligung und Angst. »Werden Sie mich behalten?«
»Natürlich, schließlich habe ich bereits einiges in Sie investiert.« Mit diesen Worten wandte sich Eve wieder an ihr Link, während Peabody in ihrem Rücken die Augen zusammenkniff und mit einem tiefen Atemzug um ihre normale Fassung rang.
Die sie am Schluss auch fand. »Dann haben wir uns also wieder vertragen?«
Eve blickte in Peabodys hoffnungsvoll grinsendes Gesicht. »Warum habe ich noch keinen Kaffee?« Sie stellte das Link an, um sich endlich die gespeicherten Nachrichten anzuhören – und noch ehe sie den ersten Ton vernahm, hatte Peabody bereits eine dampfende Tasse neben ihren Ellbogen gestellt.
»Also bitte, Dallas, bitte. Rufen Sie mich an. Ich stehe Tag und Nacht für Neuigkeiten zur Verfügung. Verdammt, rufen Sie mich endlich zurück. Ein paar Details würden schon genügen. «
»Die wirst du ganz sicher nicht bekommen«, murmelte Eve und ging schnell die nächsten drei Anrufe der Journalistin durch.
Außerdem gab es eine Mitteilung des Pathologen mit dem Autopsiebericht, den Eve sofort herunterlud, sowie eine Nachricht vom Labor, die bestätigte, dass das Blut an der Robe tatsächlich von Wineburg war.
»Ich verstehe es nicht«, sagte Peabody leise. »Weshalb kann ich es nur nicht verstehen? Es ist doch alles vollkommen eindeutig.« Sie zuckte mit den Schultern. »Es ist alles sonnenklar.«
»Wegen des Mordes an Wineburg werden wir Anklage gegen ihn erheben lassen.« Eve rieb sich die schmerzende Stirn. »Wegen der Anstiftung zum Mord an Trivane werden wir warten, bis Mira ihr Gutachten erstellt hat. Holen Sie ihn noch mal zum Verhör, Peabody. Wollen doch mal sehen, was wir ihm noch anhängen können.«
»Warum Alice?«, fragte ihre Assistentin. »Warum Frank?«
»Das hat er nicht getan. Sie gehen auf das Konto von jemand anderem.«
»Verschiedene Täter? Sie glauben also immer noch, dass Selina die beiden auf dem Gewissen hat?«
»Ich glaube nicht, ich weiß. Aber bis wir das beweisen können, ist es noch ein langer Weg.«
Sie verbrachte den Morgen mit der Lektüre und Erstellung von Berichten, und als sie um zwölf wieder zusammen mit Chas im Verhörraum saß, hatte sie beschlossen, es anders zu versuchen als am Tag zuvor.
Die von ihm gewählte Anwältin war eine traurig dreinblickende junge Frau, sicher kaum alt genug, um überhaupt mit dem Studium fertig zu sein. Eve ersparte sich die Mühe eines Seufzers, als sie erkannte, dass die Frau bei der Zeremonie anlässlich von Miriums Aufnahme in den Hexenzirkel zugegen gewesen war.
Eine Anwaltshexe, dachte Eve und fragte sich, ob das möglicherweise ein Pleonasmus war.
»Mr. Forte, ist das hier der von Ihnen gewählte Rechtsbeistand?«
»Ja.« Er hatte ein kränklich graues Gesicht und einen trüben Blick. »Leila hat sich bereit erklärt, mir zu helfen.«
»Sehr gut. Mr. Forte, Sie wurden wegen Mordes unter Anklage gestellt.«
»Ich habe eine Haftprüfung beantragt«,
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