Der Kuss des Killers
anwesend zu sein.«
»Nein, ich bleibe hier. Ich will Chas sehen.«
»Sie sind weder verwandt noch verheiratet – «
»Dallas«, unterbrach Isis sie leise. »Sie haben doch ein Herz. Bitte hören Sie darauf und lassen Sie mich ihn wenigstens sehen.«
Ja, sie hatte ein Herz. Und es schmerzte, als sie das inständige Flehen in den Augen einer derart starken Frau sah. »Ich kann Ihnen fünf Minuten geben, allerdings nur hinter Glas.« Sie öffnete die Tür und biss sich auf die Lippe. »Und sagen Sie ihm, um Gottes willen, dass er sich einen Anwalt nehmen soll.«
Im Lager von Spirit Quest und in einem Arbeitszimmer des darüber befindlichen Apartments fanden sich Dutzende von mit Flüssigkeiten, Pulver, Blättern und Samen gefüllte Flaschen, Dosen und Kartons zusammen mit sorgfältig geführten Listen, in denen der Inhalt jedes Gefäßes und seine mögliche Verwendung genauestens benannt war.
Eve schickte alles für eine Analyse ins Labor.
Sie fand Messer mit geschnitzten oder schlichten Griffen sowie mit langen oder kurzen Klingen, rief einen der Männer der Spurensicherung heran und bat ihn um die Suche nach, wenn auch noch so winzigen, Spuren menschlichen Bluts. Auch die zeremoniellen Roben und die Straßenkleider der beiden wurden sorgfältig geprüft.
Sie verschloss die Ohren vor dem Lärm ihrer Kollegen und führte ihre Arbeit zielgerichtet fort.
Und dort, unter einem Stapel sorgsam zusammengelegter Roben in einer nach Rosmarin und Zedern duftenden kleinen Truhe, fand sie den zusammengeknüllten, blutbespritzten schwarzen Umhang.
»Hier.« Wieder winkte sie jemanden von der Spurensicherung zu sich heran. »Sehen Sie sich das mal genauer an.«
»Hübsche Probe.« Die Frau nahm ihren Scanner und führte ihn über den Schulterbereich des vor ihr liegenden Stoffs.
»Vor allem auf den Ärmeln.« Ihre Augen hinter der Schutzbrille blickten leicht gelangweilt. »Menschlich«, bestätigte sie. »Negativ. Mehr gibt das tragbare Gerät nicht her.«
»Das reicht schon.« Eve schob die Robe in eine Tüte, die sie versiegelt und beschriftet an ihre Assistentin weitergab. »Wineburg war A negativ. Ziemlich unvorsichtig von ihm, finden Sie nicht auch?«
»Ja, Madam.« Gehorsam steckte Peabody die Tüte ein. »So sieht es aus.«
»Lobar war 0 positiv.« Sie trat an eine andere Truhe und klappte den Deckel auf. »Suchen Sie also weiter.«
Bis sie schließlich die Wohnung verließen, war es bereits dämmrig und eine kühle Brise schlug ihnen entgegen. Da die Atmosphäre zwischen den beiden Frauen nach wie vor spannungsgeladen war, betätigte Eve, statt etwas zu Peabody zu sagen, nach Besteigen ihres Wagens umgehend ihr Link.
»Lieutenant Dallas für Dr. Mira.«
»Dr. Mira ist in einer Sitzung«, erklärte die Rezeptionistin freundlich. »Ich richte ihr aber gerne etwas von Ihnen aus.«
»Hat sie Mirium Hopkins schon getestet?«
»Eine Sekunde, ich sehe nach.« Die Empfangsdame blickte zur Seite und dann wieder zurück. »Die Sitzung wurde auf morgen früh acht Uhr dreißig verschoben.«
»Verschoben, warum?«
»Hier steht, die Kandidatin hätte über starke Kopfschmerzen geklagt und wäre bei der Untersuchung durch den Dienst habenden Arzt medikamentös behandelt worden.«
»Wer war der Dienst habende Arzt?«, fragte Eve mit zusammengebissenen Zähnen.
»Dr. Arthur Simon.«
»Simon, das hätte ich mir denken sollen.« Angewidert lenkte Eve den Wagen um einen mit Pendlern besetzten Maxibus herum, der, wie sie fand, im Schneckentempo die Straße hinunterkroch. »Er verpasst einem schon bei ein paar blauen Flecken mindestens eine doppelte Dosis Beruhigungsmittel.«
Die Rezeptionistin verzog mitfühlend das Gesicht. »Tut mir Leid, Lieutenant, aber die Medikamente wurden ihr bereits vor dem Untersuchungstermin bei Dr. Mira verpasst, sodass Dr. Mira bis morgen früh unmöglich etwas mit ihr anfangen kann.«
»Super. Klasse. Bitten Sie sie, mir Bescheid zu geben, sobald sie das Gutachten erstellt hat.« Eve brach die Übertragung ab. »Dieser verdammte Hurensohn. Trotzdem werde ich sie mir selbst noch einmal ansehen. Bringen Sie die Tüten ins Labor, Peabody, und sagen Sie, auch wenn es sicher nicht viel nützt, es wäre eilig. Danach haben Sie frei.«
»Sie werden Forte heute Abend noch einmal verhören.«
»Stimmt.«
»Madam, ich bitte darum, bei dem Verhör anwesend sein zu dürfen.«
»Bitte abgelehnt«, beschied Eve sie knapp, als sie den Wagen in der Tiefgarage parkte. »Ich habe gesagt, Sie haben
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