Der Kuss Des Kjer
schön.«
Lijanas stieß seine Hand weg. »Sie ist anwesend! «
Vom Tisch erscholl ein leises Lachen. »Sie hat Krallen. «
Der Schwarzhaarige überließ Levan seinen Platz an der Tür und kam ebenfalls auf Lijanas zu. Bereitwillig machte ihm der Mann mit den Raubvogelaugen Platz. Seine behandschuhten Finger gingen zu ihrem Gesicht, wobei er ihr unwilliges Zurückweichen gar nicht beachtete. Die Ärmel seines Wamses waren mit Lederriemen eng um seine Unterarme geschnürt und verdeckten noch die Handgelenke. Versonnen strich er mit dem Daumen über ihre Wange, »Augen, blitzend grün wie Emeralde -«, seine Finger glitten durch den Rossschweif, zu dem sie das Haar stets zusammengebunden trug, »- und Haar wie gesponnenes Mitternachtsfeuer. Sie ist tatsächlich schön.« Er sah Lijanas direkt an. »Seid Ihr noch unberührt?«
Klatsch!
Seine Lippen verzogen sich zu etwas, das man nur mit viel gutem Willen als zynisches Lächeln bezeichnen konnte, während er die Hand auf die Wange legte, auf der sich ihre Finger flammend abzuzeichnen begannen. Übertrieben vorsichtig bewegte er den Kiefer, als wolle er prüfen, ob alles noch heil war.
Heuchler!
» Ich werte das als ein >Ja<. «
»Wertet es als ein >Das-geht-Euch-überhaupt-nichts-an!<, unverschämter Mistkerl!
- Und wagt es nicht noch einmal, mich anzufassen! « Lijanas machte einen Schritt zur Seite, um sich aus seiner Reichweite zu bringen, und ballte die Fäuste, während sie sich zu dem Grauhaarigen umwandte, der offenbar der Anführer der fünf war.
»Was wollt Ihr von mir? Was soll das?«
Seine Raubvogelaugen wurden schmal, während er den Schwarzhaarigen beiseiteschob und erneut dicht vor sie trat. Über dem Kragen seines Wamses war die Haut des Nackens so grau wie sein Haar.
»Ihr seid Lijanas, die Heilerin.« Keine Frage - eine Feststellung.
»Das wisst Ihr doch schon.« Lijanas wollte ihm ausweichen und fand sich erneut zwischen ihm und dem Bettpfosten wieder.
»Ihr werdet uns zu einem Kranken begleiten! « Keine Bitte ein Befehl.
»Zu einem Kranken? Und deshalb all das hier? Hättet Ihr nicht einfach fragen können?« Verblüfft blickte sie von einem zum anderen. Ihr Herz wollte einfach nicht aufhören, wie verrückt zu pochen. Schweigen antwortete ihr. Plötzlich war ein Klumpen in ihrem Magen. »Wo ist dieser Kranke? Wer ist er?«
»Wo: in Turas. Wer: Das werdet Ihr zu gegebener Zeit erfahren. « Es war der Schwarzhaarige, der gesprochen hatte.
Turas? Lijanas schnappte geräuschvoll nach Luft. Das konnte nur bedeuten ...
» Ihr - Ihr seid -! « Das Wort wollte nicht über ihre Lippen.
»Kjer?« Unter der Augenklappe zuckte ein Mundwinkel in einem Anflug von Spott.
»ja! « Er streifte die Handschuhe ab, während er sich rücklings an die Tischkante lehnte, dann verschränkte er die Arme wieder vor der Brust und kreuzte lässig die Fußknöchel. Seine Handrücken schimmerten schwarz, die Enden seiner Fingernägel waren spitz und leicht nach unten gebogen. Jetzt bedachte er sie mit einem Lächeln, das ihr seine Reißzähne zeigte.
Der Klumpen saß unvermittelt in ihrer Kehle. Sie würgte ihn hinunter und krallte ihre plötzlich schweißnassen Hände in ihr Gewand, um sie am Zittern zu hindern. Ihr Blick huschte von einem zum anderen. Sie sind Tiere! Man sage, sie sind am ganzen Körper grässlich behaart und essen rohes Fleisch!
»Nein!« Was entschieden klingen sollte, war nur ein hilfloses Flüstern. »Nein!« Sie schüttelte den Kopf »Ich werde nicht mit Euch gehen! «
»So viel zu: >Hättet Ihr nicht einfach fragen können<, nicht wahr?«
Warum machte ihr die plötzliche Freundlichkeit in der Stimme des Schwarzhaarigen mehr Angst als die Kälte zuvor?
»Ihr könnt mich nicht zwingen ... « Lijanas hob das Kinn und hoffte, entschlossen zu wirken.
»Ach? Tatsächlich?« Der Ausdruck von Spott war wieder um seinen Mund.
» Das reicht! « Die Stimme des Grauhaarigen ließ Lijanas zusammenfahren. Sie sah auch in seinem Mund Reißzähne blitzen. Eine schwarze Braue ging zwar unwillig nach oben, aber der Mann mit dem Sturmauge schwieg.
»Wir wollen Euch nichts Böses, Heilerin. Wir bitten Euch nur, uns nach Turas zu begleiten und Euch eines Kranken anzunehmen. Ein zehrendes Leiden frisst seit vielen Wintern an ihm und nun hat er uns geschickt, Euch zu ihm zu bringen ... «
»So sehr ich die Krankheit dieses Mannes bedaure - ich werde Euch nicht begleiten!
« In ihrem Magen saß ein Zittern, das ihr Übelkeit verursachte.
»Nun:
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