Der Kuss des Lustdämons
„Captain Jack Harkness“ Will war alles andere als ein zurückgezogener Zeitreisender, der nach Aliens jagte. Vielmehr jagte er nach der Aufmerksamkeit beim anderen Geschlecht. Celice war nicht die Einzige, die im grünen See seiner Iris versank. Mit seinem John Travolta- Lächeln und seiner großen, muskulösen Erscheinung ließ er so manches Frauenherz kollabieren.
„Hey, ich bin ein Mann! Ich brauche das für mein Ego!“, sagte er jedes Mal. Sie konnte diese gedanklichen Seitensprünge kaum ertragen. Früher hatte sie von der perfekten Beziehung und einem Häuschen geträumt. Ihre Liaison mit Henry hatte ihr gezeigt, wie tief man fühlen konnte, auch wenn man nicht ständig zusammen war. Es blieb dieses Knistern und die Spannung vor dem, was geschehen würde. So waren sie meist wie Fremde, die sich nur im Schatten einer sinnlichen Nacht erkannten.
Celice fragte sich oft, ob diese magische Anziehung nicht zu wenig war, um es Liebe zu nennen. Auf der anderen Seite funktionierte ihre Beziehung bereits über Jahre hinweg. Niemand musste auf etwas verzichten, jeder ging seinen Weg.
Sie hatten sich über ihre Arbeit beim Magazin „Luv’n Fashion“ kennengelernt. Während er in der Redaktion mit Interviews und Recherchen beschäftigt war, verbrachte sie als Fotografin die meiste Zeit bei Außenterminen. Ein Wunder, dass sie sich damals überhaupt im Fahrstuhl begegnet waren. Sie hatten nicht viel Zeit füreinander. Oft waren es nur Telefongespräche und heimliche Fantasien, die sie miteinander verbanden. Eine Gratwanderung, unter der das gegenseitige Vertrauen am Meisten litt. Auf Reisen verlor sich Celice in Gedanken darüber, mit wem sich ihr Geliebter in der Zwischenzeit vergnügte. Wortgefechte am Telefon waren nicht ungewöhnlich. Diese Beziehung war ein verzweifeltes Begehren. Ihr Stolz verbot ihr, die Eifersucht zuzugeben. Stattdessen stürzte sie sich in noch mehr Arbeit. So geschah genau das, was sie vermeiden wollte. Ihr Geliebter vergnügte sich mit einer neuen Flamme. Doch anziehend ist nur das, was man noch nicht hatte. Und bald schon verblasste der Reiz des Neuen – er kam wieder zurück in den sicheren Hafen.
Jede andere Frau hätte ihn in dieser Situation mit gezielten Worten aus ihrem Leben befördert. Celice war jedoch überglücklich, wenn „alles wieder gut“ wurde.
Dieses Mal war alles anders, denn Henry hatte den Schlussstrich gezogen, sich in eine andere verliebt. Plötzlich war nichts mehr richtig, die Beziehung angeblich schon seit einer Weile festgefahren. Anstatt ihr die Wahrheit zu sagen, belog er sie am Ende auch noch.
Sie würde seinem Erfolg im Weg stehen, argumentierte er. Er könne es sich nicht leisten, eine Frau zu haben, die nie anwesend war, wenn es um wichtige Geschäftsabschlüsse mit den Partnern des Magazins ging. Eine Ausrede! Aber sie traf ins Ziel.
Zunächst war Celice noch in seiner Wohnung geduldet, doch dann ... sie war wie Luft, ein Geist, durch den er hindurchzublicken schien. Wenn sie gegangen wäre, hätte er es vermutlich nicht einmal bemerkt. Es war ein stummer, längst verlorener Kampf.
„Zwischen uns beiden ist momentan nichts mehr“, hatte er gesagt. Nach einer durchweinten Nacht in seinem Appartement war alles vorbei. Den Mann hatte sie verloren, ihre Würde aber bewahrt. Zwei Wochen später zeigte sich Henry das erste Mal öffentlich an der Seite der Neuen. Celice stürzte sich in ihre Arbeit und war froh, ihre Termine weit weg von ihrem Ex und ihrer Nachfolgerin zu haben.
Sechs Monate waren vergangen. Er war noch immer mit ihr zusammen. Celice war schon versucht, sich mit dem Gedanken anzufreunden, dass sie die Frau seines Lebens zu sein schien. Doch jetzt ... Bevor sie sich fragen konnte, ob es das Risiko noch wert war, diese On-Off Beziehung weiterzuführen, hatte das heftige Pulsieren in ihrem Schoß bereits „ja“ gesagt.
Wo Liebe ist, da finden die Seelen auch wieder zueinander . Eine romantische Vorstellung.
Dumpf knarzten die Kieselsteine. Sie senkte den Blick und rieb Daumen und Zeigefinger aneinander. Nur noch wenige Schritte. Henry würde sie mit einem herrischen Griff an sich ziehen und ihren Pulsschlag antreiben. Er würde sie mit stoischer Gelassenheit bezwingen. Sein Charme war einnehmend. Der Versöhnungssex würde alles andere verdrängen. Ironischerweise würde sie diesen Moment der Selbstzerstörung auch noch genießen.
Der Geruch seines Aftershaves stieg ihr in die Nase. Tabac. Vor ihrem inneren Auge sah sie
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