Der Kuss des Meeres
die Arme genau wie sie.
Emma nickt ihr zu. » Siehst du? Es gefällt ihr nicht. Und wenn es ihr nicht gefällt, sollte sie auch nicht verheiratet sein.«
» Meine Rede«, sagt Rayna und stupst Emma als Zeichen ihrer Komplizenschaft mit dem Ellbogen an. Galen schüttelt den Kopf. Dass Rayna ihr erst gestern Nacht mit genau diesem Ellenbogen das linke Auge ausschlagen wollte, ist wie weggeblasen.
» Morgen«, sagt Toraf freundlich und nimmt neben Galen Platz. » Habt ihr alle gut geschlafen?« Rachel serviert ihm schweigend sein Frühstück und schenkt ihm etwas Wasser ein.
Galen seufzt. » Emma, bitte setz dich wieder. Es ist doch kein neues Gesetz, von dem sie nichts gewusst hat. Zuerst hatte sie freie Wahl. Wenn Rayna schon früher einen Gefährten gewählt hätte, wäre es nie…«
» Es gibt ein Zeitlimit, um einen Gefährten auszuwählen? Wirklich? Das wird ja immer besser. Also, dann schieß mal los, Galen, falls ich eine von euch bin, wird dann von mir erwartet, dass ich mich verbinde? Habt Ihr schon jemanden für mich im Auge, Euer Hoheit?«
Geht das schon wieder los. Die ganze Nacht über hat sie ihn Euer Hoheit und Majestät genannt. Und nach dem Gesicht zu urteilen, das sie dabei zieht, versteht sie es als Beleidigung. Deshalb brennt er schon darauf, ihr zu sagen, dass auch sie ein Mitglied der Königsfamilie ist. Aber das würde nur noch mehr Ärger geben und wäre den kleinen Triumph nicht wert. Außerdem würde sie dann denken, dass sie sich ihren Gefährten einfach aussuchen kann, wie die meisten Frauen der Königsfamilie. Aber Emma ist nicht wie die meisten von ihnen. Sie ist die letzte lebende Nachfahrin Poseidons– was ihre Wahlmöglichkeiten ziemlich eingrenzt. Auf eine einzige Möglichkeit, um genau zu sein.
» Hast du jemanden im Auge, Galen?«, fragt Toraf und steckt sich einen Shrimp in den Mund. » Ist es jemand, den ich kenne?«
» Halt den Mund, Toraf«, knurrt Galen. Er schließt die Augen und massiert sich die Schläfen. Irgendwie hätte das alles viel besser laufen können.
» Oh«, murmelt Toraf. » Dann ist es wohl jemand, den ich kenne.«
» Toraf, ich schwöre bei Tritons Dreizack…«
» Das sind die besten Shrimps, die du je gemacht hast, Rachel«, fährt Toraf fort. » Ich kann es gar nicht erwarten, Shrimps auf unserer Insel zu kochen. Ich werde das Würzen übernehmen, Rayna.«
» Sie geht nicht mit dir auf irgendeine Insel, Toraf!«, brüllt Emma.
» Oh doch, das wird sie, Emma. Rayna will meine Gefährtin sein. Habe ich nicht recht, Prinzessin?«, lächelt er.
Rayna schüttelt den Kopf. » Es hat keinen Sinn, Emma. Ich habe wirklich keine Wahl.«
Resigniert lässt sie sich auf den Platz neben Emma sinken, die ungläubig auf sie hinabstarrt. » Du hast eine Wahl. Du kannst bei mir zu Hause wohnen. Ich werde dafür sorgen, dass er nicht in deine Nähe kommen kann.«
Torafs Miene deutet an, dass er diese Möglichkeit noch gar nicht bedacht hat. Galen lacht. » Gar nicht mehr so komisch, was, Kaulquappe?«, sagt er und versetzt ihm einen Stoß in die Rippen.
Toraf schüttelt den Kopf. » Sie wird nicht bei dir wohnen, Emma.«
» Das werden wir noch sehen, Kaulquappe «, erwidert sie.
» Galen, tu doch was«, sagt Toraf, ohne Emma aus den Augen zu lassen.
Galen grinst. » Was denn?«
» Ich weiß es nicht, verhafte sie oder irgend so was«, sagt Toraf und verschränkt die Arme.
Emma fixiert Galen und raubt ihm fast den Atem. » Tja, Galen. Komm und verhafte mich, wenn dir danach zumute ist. Aber eins sage ich dir gleich: In der Sekunde, in der du Hand an mich legst, zertrümmere ich dieses Glas auf deinem Kopf und zerschneide deine Lippe damit wie Torafs.« Sie greift nach dem schweren Trinkglas und verspritzt die letzten Tropfen Orangensaft auf dem Tisch.
Alle halten die Luft an, bis auf Galen– der so heftig lacht, dass er beinahe mit seinem Stuhl umkippt.
Emmas Nasenflügel beben. » Du glaubst nicht, dass ich es tun werde? Dann gibt es nur eine Möglichkeit, das herauszufinden, nicht wahr, Euer Hoheit?«
Galens kehliges Heulen hallt im ganzen riesigen Haus wider. Er wischt sich die Tränen aus den Augen und stößt Toraf mit dem Ellbogen an, der ihn ansieht, als hätte er zu viel Salzwasser getrunken. » Weißt du, dass diese dummen Menschen in ihrer Schule sie zur Süßesten und Harmlosesten von ihnen allen gewählt haben?«
Torafs Miene wird sanfter, als er Emma ansieht und in sich hineinlacht– aber schon bald hämmert Toraf mit den Fäusten auf
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