Der Kuss des Meeres
Einfahrt.
Selbst über dieses Geräusch hinweg hört er das Hämmern seines Herzens. Schlägt es schneller als gewöhnlich? Er hat noch nie zuvor darauf geachtet, daher kann er es nicht sagen. Er schiebt es auf Paranoia, klopft an die Tür und verschränkt die Hände ineinander. Ich sollte das hier lieber sein lassen. Es ist falsch. Sie könnte immer noch Grom gehören.
Aber als Emma die Tür öffnet, sind seine Zweifel wie weggeblasen. Ihr kurzes, purpurnes Kleid betont das Violett ihrer Augen, das ihm geradezu entgegenspringt. » Tut mir leid«, murmelt sie. » Mom hat einen Anfall gekriegt, als ich versucht habe, das Haus in Jeans zu verlassen. Ich schätze, sie ist da altmodisch. Du weißt schon: ›Du musst dich fürs Kino in Schale werfen‹, sagt die Frau, die nicht einmal ein Kleid besitzt.«
» Sie hat mir einen Gefallen getan«, erwidert er, dann steckt er die Hände in die Taschen. Sie will mich wohl ins Grab bringen.
Nachdem sie ihre Eintrittskarten gekauft haben, zieht Emma ihn zu der Schlange vor dem Imbissstand. » Galen, macht es dir etwas aus?«, fragt sie, während sie mit dem Finger einen verwirrenden Kreis auf seinen Arm zeichnet und damit so ziemlich überall in seinem Körper Feuer entfacht. Er erkennt, dass es Übermut ist, der in ihren Augen blitzt, aber nicht, was für ein Spiel sie da spielt.
» Hol dir, was immer du willst, Emma«, antwortet er. Mit einem koketten Lächeln bestellt sie Süßigkeiten, Limo und Popcorn im Wert von fünfundsiebzig Dollar. Dem Gesichtsausdruck der Kassiererin nach muss das eine Menge Geld sein. Wenn das Spiel darin besteht, sein ganzes Geld auszugeben, wird sie enttäuscht sein. Er hat genug Bares für fünf weitere Armladungen von diesem Zeug dabei. Er hilft Emma, zwei brunnengroße Drinks, zwei Eimer Popcorn und vier Schachteln Süßigkeiten zur obersten Reihe des halb vollen Kinos zu tragen.
Als sie auf ihrem Platz sitzt, macht sie sich über eine der Schachteln her und kippt den Inhalt in ihre Hand. » Schau mal, Süßlippe, ich habe deine Lieblingsköder gekauft: Zitronenköpfchen!« Süßlippe? Was zur …Bevor er sichs versieht, hat sie ihm schon drei davon in den Mund gestopft.
Im nächsten Moment kräuseln sich seine Lippen, was ihr ein bösartiges Kichern entlockt. Sie steckt einen Strohhalm in einen der Becher und reicht ihn ihm. » Trink das hier besser mal«, flüstert sie. » Um den Bonbons den Biss zu nehmen.«
Er hätte es besser wissen müssen. Das Getränk ist so voller Bläschen, dass es bis zu seinen Nasenlöchern hinaufblubbert. Sein Stolz hindert ihn daran zu husten. Sein Stolz und das Zitronenköpfchen, das sich in seiner Kehle verkeilt hat. Er muss noch ein paarmal hintereinander schlucken, bis er es hinunterbekommt.
Einige Minuten, eine Kostprobe von fettigem Popcorn und eine Limonade später wird das Licht endlich gedimmt und verschafft Galen eine Atempause.
Während sich Emma in das vertieft, was sie » blöde Vorschau« nennt, entschuldigt sich Galen, um sich auf dem Klo zu übergeben. Diese Runde geht an Emma.
Als er zu seinem Platz zurückkehrt, ist Emma verschwunden, aber ihr Arsenal an Snacks hat sie zurückgelassen. Spielt keine Rolle mehr. Sie hat einen Krieg angezettelt. Da sich seine Augen nur im Wasser an die Dunkelheit anpassen, muss er sich auf das Kribbeln verlassen, um sie zu finden. Sie sitzt einige Reihen weiter unten, auf der anderen Seite der Leinwand. Er setzt sich auf den leeren Platz neben ihr und wirft ihr einen fragenden Blick zu. Die Leinwand leuchtet so hell auf, dass er sehen kann, wie sie die Augen verdreht. » Wir haben vor einem Haufen Kids gesessen«, flüstert sie. » Die haben zu viel geredet.«
Er seufzt und zappelt auf seinem Sitz herum, um es sich bequem zu machen– das wird ein langer Abend. Menschen zwei Stunden lang dabei zu beobachten, wie sie so tun, als ob, lässt ihn nicht gerade vor Freude mit der Flosse schnalzen. Aber er kann erkennen, dass Emma unruhig wird. Genau wie er.
Gerade als er einnickt, knallt es laut auf der Leinwand. Emma krallt sich an seinen Arm, als lasse er sie von einer Klippe baumeln. Sie presst das Gesicht in seinen Bizeps und stöhnt. » Ist es schon vorbei?«, flüstert sie.
» Der Film?«
» Nein. Das Ding, das sie angesprungen hat. Ist es weg?«
Galen kichert und löst seinen Arm aus ihrem Griff, dann legt er ihn um sie. » Nein. Du solltest unbedingt da bleiben, wo du jetzt bist, bis ich dir sage, dass alles wieder gut ist.«
Sie reißt den Kopf
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