Der Kuss des Satyrs
ganz auf ihr Ziel fixiert, ignorierte Izabel die unterschwellige Beleidigung in der Bemerkung ihrer Freundin. Sie führte sie durch den langen Korridor, bis er sich schließlich draußen öffnete und sie eine Lichtung betraten, die von einem Kreis Statuen gesäumt war.
Emma zitterte. »Was sind das für Statuen? Wo sind wir?«
Izabel atmete ehrfürchtig aus. »Der geweihte Ort.«
Jane bemerkte, dass unter ihren Füßen das Gras ergrünte und dass winzige, graue Pilzköpfe aus dem Boden schossen. Die anderen mussten es doch auch sehen!
Sie hatte wenig Zeit, sich umzusehen oder sich Sorgen zu machen. Plötzlich einsetzender Nebel senkte sich über sie und verhüllte die Statuen und die Landschaft, die sie schmückten. Als der Nebel sich wieder verzog und die Schwaden verwirbelten, wurden einzelne Teile der Statuen sichtbar und wieder unsichtbar.
»Was für eine schreckliche Nacht es plötzlich geworden ist«, schimpfte Signora Nesta.
»Fast so schlimm wie in London«, stimmte Signora Natoli zu und trat aus dem Nebel. »Meine Röcke werden ganz schwer.«
Izabel lachte. Ihre Fröhlichkeit hallte unheimlich von den Statuen wider. »Sie werden dich nicht lange einschränken,
cara
.«
Die anderen glucksten.
In einiger Entfernung hörte Jane Vincent weinen. Die Stimme einer Frau versuchte ihn zu beruhigen.
»Vincent!« Sie eilte in den Nebel, lief Kreise und verlor rasch die Orientierung. »Wo bist du?«
Eine weitere Frau trat aus dem Nebel. Es war Signora Bich. Sie ignorierte Jane und sprach Izabel direkt an: »Ich habe dem Kind etwas gegeben, damit es ruhig ist.«
»Gut. Es gibt nichts Besseres als das Schreien eines Säuglings, um einem die Stimmung zu verderben«, sagte Signora Nesta.
»Wo ist er? Bringt mich zu ihm!«, verlangte Jane mit drohendem Blick. Sie legte eine Hand auf Izabels Arm und hoffte, mit ihr zu verschmelzen und so zu erfahren, wo Vincent war.
Izabel stieß sie von sich. »Versuch nicht, mich mit deinen Hexenkünsten auszutricksen. Führ uns an den Ort, wo unsere Welt auf die andere trifft. Dann kannst du deinen Sohn haben.«
Jane hatte keine Ahnung, wo auf dem Satyr-Gut das Tor zwischen den Welten war. Aber wenn Izabel es von ihr erfuhr, könnte sie zu dem Schluss kommen, dass sie ihnen nicht mehr von Nutzen war.
Jane nahm Emma am Arm und ging einfach los, ohne ein Ziel vor Augen. Die Frauen folgten ihnen.
»Lauf weg und versteck dich, wenn sich die Gelegenheit bietet«, flüsterte Jane ihrer Schwester zu. »Verhalte dich still. Nick oder ich werden dich irgendwann finden.«
»Was wird aus dir?«
»Es wird mir bessergehen, wenn ich weiß, dass du außer Gefahr bist«, sagte Jane.
»Hört auf zu flüstern!«, befahl Izabel und zog sie auseinander.
»Sie führt uns im Kreis herum«, beschwerte sich Signora Nesta. »Lass es uns aufschieben. Es bleibt genügend Zeit, das Tor allein zu finden, wenn der Nebel sich lichtet. Nach unserem Ritual.«
»Einverstanden. Ich bin schon ganz heiß«, sagte Signora Natoli.
»Das liegt an diesem Ort«, meinte Signora Ricco. »Er ist zum Ficken gedacht. Was meinst du, Izabel?«
»Von mir aus«, antwortete Izabel.
Aller Augen richteten sich auf Jane.
»Zieh dich aus, Nichte.«
Entsetzt schlug sich Jane die Hände vor die Brust und schaute auf ihre sich wehrende Schwester. Signora Ricco hielt sie fest und hielt ihr mit einer Hand den Mund zu.
»Wenn ihr wollt, dass ich mitmache, müsst ihr sie gehen lassen«, sagte Jane. »Es ist mein Ernst.«
»Bringt das Mädchen in den Wald und bindet sie an eine der Eichen«, befahl Izabel den Signoras Ricco und Bich. »Nicht zu weit weg. Ich will, dass sie das Stöhnen ihrer Schwester genießen kann.«
Obwohl Emma wild kratzte und biss, hatte sie gegen zwei erwachsene Frauen keine Chance. Als sie im Nebel verschwunden war, wandte sich Izabel wieder an Jane. »Los jetzt.«
Jane stand reglos da.
»Sollen wir Emma zurückholen und erst ein bisschen mit ihr spielen?«, drohte Izabel.
Mit bleiernen Fingern begann Jane, ihr Nachthemd auszuziehen.
Als es zu Boden fiel, schoben sich die drei Frauen hinter sie und flüsterten voller Bewunderung. Finger strichen über ihren Rücken und verursachten ihr eine Gänsehaut, als sie ihre Federn untersuchten, als sei sie eine bizarre Vogelart, die in einem fremden Land gefangen worden war.
Izabel trat wieder vor sie und überließ es den anderen, sie weiter zu streicheln. Ihre Pupillen waren geweitet, und ihre Lippen drängten sich danach, ihr Gift zu
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