Der Kuss des Satyrs
bist, berührt Emma nicht.«
Ihr Blick wanderte zu seinem Gesicht. Fragend schaute sie ihn an.
Sein Griff um ihre Taille wurde fester, als erwartete er, dass seine nächsten Worte sie wieder gegen ihn ankämpfen lassen würden.
»Du bist ein Feenwesen, Jane. Dein Vater entstammt der Feenwelt.«
»Was?« Sie lachte ihn aus. »Das ist lächerlich. Mein Vater – und Emmas – ist ein Säufer. Ein Mensch. Wir sind hier nicht in Irland. Es gibt hier keine Feen. Und auch nirgendwo sonst.«
»Die Feen leben nicht mehr in Irland, obgleich ich dir versichere, dass sie es einst taten und dort mit ihrem Zauber offener umgingen als anderswo. Aber zum Punkt: Signore Cova ist tatsächlich Emmas Vater. Aber
dein
Vater entstammte derselben Welt wie meiner. Der Anderwelt.«
»Du machst dich über mich lustig. Was ich bin, ekelt mich an und sollte dich ebenso anekeln.«
»Glaub mir, Jane: Mein Wissen über deine Herkunft stößt mich nicht ab und macht mir auch keine Angst. Es ist der Grund, warum ich dich gesucht habe.«
»Was meinst du damit?«
»Es war kein Zufall, dass wir geheiratet haben. Kurz bevor wir uns begegneten, erhielt ich einen Brief von deinem Vater, in dem er mir deine Existenz und die deiner beiden Halbschwestern gestand.«
»Schwestern?«
Er nickte. »Raine ist in diesem Augenblick auf der Suche nach einer von ihnen. Lyon wird über kurz oder lang die dritte suchen. Sie werden hierher gebracht, so wie du, und unter den Schutz meiner Familie gestellt.«
»Ich will das nicht.« Jane versuchte, sich von ihm zu befreien, aber er hielt ihre Handgelenke fest.
»Es ist die Wahrheit. Glaub mir.«
»Willst du andeuten, du und deine Brüder, ihr wärt wie ich?« Sie deutete auf ihre Flügel. »Ich habe bei dir nichts davon gesehen.«
Er schüttelte den Kopf. »Wir besitzen andere Fähigkeiten. Du besitzt Feenblut. In meinen Adern fließt Satyrblut und Menschenblut. Eine Mischung aus diesen wird durch die Adern unserer Kinder fließen. Du hast gesagt, du hättest gern Kinder. Ändert das etwas an deiner Meinung?«
Jane rieb sich die Stirn, als wollte sie ihr Gehirn dazu bringen, schneller zu arbeiten. »Ich weiß nicht. Ich hatte darüber nachgedacht, dich nach unserem Gespräch heute Abend zu verlassen.«
Er warf den Kopf in den Nacken. »Jane!«
»Nicht aus freien Stücken, aber ich hielt meine Abartigkeit für zu schrecklich.«
»Und jetzt?«
Sie trat einen Schritt von ihm zurück und schüttelte den Kopf. »Jetzt denke ich, dass das alles zu viel auf einmal ist. Ich brauche Zeit.«
Nicks Blick wanderte aus dem Fenster. Als er ihr wieder seine Aufmerksamkeit zuwandte, kam es ihr vor, als stünde er größer und bedrohlicher vor ihr, als hätte er sein wahres Ich bis jetzt vor ihr geheimgehalten.
»Weißt du etwas über die Anrufung?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Es überkommt die Satyre einmal im Monat. Wenn der Mond rund ist.«
Ihr Blick schoss zum Fenster und dem glühenden Auge der Nacht. »Du meinst, bei Vollmond? Heute Nacht also?«
Er nickte. »Wenn der Mond schwer und rund und voller Licht ist, dann kommt es zur Anrufung. Es erweckt in mir und allen meiner Art ein verzweifeltes Verlangen, uns zu paaren. Unsere Körper verändern sich. Unsere sexuellen Bedürfnisse werden stürmischer.«
Jane dachte über die vergangenen zwei Monate nach. »Aber seit wir verheiratet sind, hat es mindestens einen Vollmond gegeben. Wie hast du das vor mir geheim halten können?«
»Ich habe dich hier zurückgelassen und einen Ort im Wald aufgesucht. Es gibt einen Treffpunkt dort, meine Vorfahren haben Statuen drum herum errichtet.«
»Ich habe ihn gesehen, oder zumindest den Rand«, gab sie zu. »Lyon war dort.«
»Ja, das hat er mir erzählt«, fuhr Nick fort. »So wie du ihn an jenem Tag gesehen hast, so bin auch ich dorthin gegangen und habe mich mit Nebelnymphen gepaart.«
Jane verschränkte die Arme vor der Brust. Eifersucht stieg in ihr auf. »Gepaart?«
Er machte eine beschwichtigende Geste. »Mach dir keine Gedanken. Nebelnymphen sind reine Lustdienerinnen. Sie entstehen aus dem Nebel und tun, was unsere Begierde ihnen diktiert. Wenn wir menschliche Frauen in den Vollmondnächten nähmen, würden wir ihnen unsere Besonderheit offenbaren. Es würde uns und unser Land gefährden.«
»Was ist das für eine Besonderheit, dass niemand davon erfahren darf? Ich verstehe das nicht.«
»Du bist in der Lage, meine Art, meine Bedürfnisse zu verstehen und anzunehmen, wenn du es willst. Seit wir
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