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Der Kuss des Verfemten

Der Kuss des Verfemten

Titel: Der Kuss des Verfemten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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Martin! Ich habe ihn als Abschiedsgeschenk von Mutter Dolorosa aus dem Kloster St. Martin bekommen!«
    »Der heilige Martin?«, fragte der Ritter auf dem Pferd und ruckte unruhig im Sattel umher. »Wie passend!«
    Isabella verstand nicht, was er meinte. Sie war damit beschäftigt, den anderen Ritter davon abzuhalten, sich der Kette zu bemächtigen. Als er wiederholt nach ihr griff, hieb Isabella mit dem Schwert nach seinem Arm. Flink und geschmeidig wich er aus, doch er schien ob ihrer Entschlossenheit verblüfft zu sein.
    Der Ritter auf dem Pferd streckte sein blutiges Schwert nach vorn. Einen Augenblick irrten Isabellas Augen zu ihm, im gleichen Moment war der andere Ritter mit zwei großen Schritten bei ihr und packte grob ihre Handgelenke. Mit einem Schmerzesschrei ließ Isabella das Schwert fallen. Jetzt, wo der Ritter vor ihr stand, bemerkte Isabella, wie groß er war.
    »Warum habt Ihr nicht Euer Schwert gezogen und Euch verteidigt, wie es sich für einen Ritter gehört«, zischte Isabella und rieb sich die schmerzenden Handgelenke. Hinter dem Visier ertönte ein belustigtes Lachen.
    »Das war nicht notwendig. Mit kleinen Mädchen kreuze ich keine Klinge, höchstens die Lippen.«
    Wieder errötete Isabella heftig über diese Unverschämtheit. Der Ritter griff nach dem Amulett und zog ihr die Kette einfach vom Hals.
    Mathilda hielt Isabella an den Schultern fest, als sie mit bloßen Fäusten auf den Ritter einschlagen wollte.
    »Lass los, du dumme Gans!«, schrie Isabella und wehrte sich gegen Mathildas Griff.
    »Mir scheint, diese junge Dame ist wesentlich besonnener als Ihr, kleines Fräulein«, sagte der Ritter und hängte die Kette an die blutige Schwertspitze, die der andere Ritter ihm hinhielt. Er wandte sich um und ging zu seinem Pferd zurück.
    Der Ritter auf dem Pferd nahm die Kette vom Schwert und steckte es wieder zurück in den Gürtel. Nachdenklich blickte er auf das Medaillon in seiner Hand. Und da schob er sein Augenvisier hoch, um es besser betrachten zu können.
    »Es ist tatsächlich der heilige Martin«, murmelte er.
    Der andere Ritter stieg auf sein Pferd und beugte sich zu ihm herüber. »Vielleicht stimmt es, was sie sagt. Vielleicht kommen sie wirklich vom Kloster.«
    »Möglich ist es. Die Altardecken, das Gebäck, der Wein, mehrere Bibeln, Leinwand, Weiberkleider, Kräutermixturen, das alles sieht eher nach Kloster als nach herzöglichem Hof aus. Schmuck scheinen sie keinen dabeizuhaben und nur wenig Geld.«
    »Was machen wir mit ihnen?«, fragte der größere der beiden Ritter.
    Der andere straffte den Rücken. »Packt die Kisten zusammen und nehmt sie alle mit!«, rief er seinen Kumpanen zu. »Die beiden Mädchen lasst laufen.«
    »Warum willst du sie nicht als Geiseln nehmen? Vielleicht ist sie wirklich die Tochter des Herzogs, und wir könnten sie benutzen, um ihn zu zwingen, uns endlich …«
    »Und wenn nicht?«, unterbrach ihn der andere. »Dann haben wir zwei Esser mehr, und das können wir am allerwenigsten gebrauchen.«
    Er trieb sein Pferd an und ritt ganz nah an Isabella heran. Sie schaute zu ihm auf – und blickte in zwei wunderschöne, strahlend blaue Augen! Wie vom Blitz getroffen wich sie zurück, ohne ihren Blick von ihm zu wenden. Für wenige Momente versanken ihre Augen ineinander, Momente, die Isabella wie die Ewigkeit vorkamen. Ihr ohnmächtiger Zorn über diesen hinterhältigen Überfall wich einer seltsamen Erregung, die sie sich nicht erklären konnte. Sie atmete tief und heftig, und wie geistesabwesend fuhr ihre Zungenspitze über ihre trockenen Lippen. Der Ritter starrte sie an, und Isabella glaubte plötzlich, dass seine Augen in einem seltsamen, überirdischen Licht leuchteten wie kostbare Edelsteine. Während sie immer noch starr dastand und ihm das Gesicht zuwandte, klappte er plötzlich sein Visier herunter, riss sein Pferd herum und winkte mit dem linken Arm seinen Kumpanen zu, sich zurückzuziehen. Wie ein Spuk verschwanden die Gestalten mit ihrer Beute zwischen den Bäumen. Hinter der Wegbiegung hörten sie den Hufschlag der sich entfernenden Pferde. Dann legte sich tiefe Stille über sie.

Zweites Kapitel
    Ein schmerzlicher Aufschrei durchriss die Stille, und Isabella zuckte leichenblass zusammen.
    »Mathilda, wie kannst du mich so erschrecken!«, rief sie. »Ich dachte, ich müsste sterben!«
    »Das müssen wir sowieso!«, wehklagte Mathilda und rang verzweifelt ihre Hände. »Sie haben uns hier mitten in der Wildnis allein gelassen! Und die vielen

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