Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Kuss des Verfemten

Der Kuss des Verfemten

Titel: Der Kuss des Verfemten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
Vom Netzwerk:
Rockes und unterdrückte ihren Widerwillen. Martin bemerkte es trotzdem.
    »Ihr könnt draußen auf der Wiese lustwandeln, Hoheit«, sagte er gereizt.
    Isabella blieb stehen. »Ich möchte mit dir reden«, sagte sie leise.
    »Willst du dich über den Dreck beschweren?« Er betrat den Saal. Sie folgte ihm.
    »Nein, daran habe ich mich bereits gewöhnt«, erwiderte sie. »Wir sollten lieber den Unrat aus unseren Herzen entfernen.«
    Er hob die Augenbrauen. Isabella schien ihm völlig verändert. Doch er war auf der Hut. Zu wechselhaft waren ihre Launen, zu sprunghaft ihre Gefühle. Wie sollte sie ihm plötzlich etwas anderes entgegenbringen als Trotz und stolze Ablehnung? Dass sie sich ihm hingegeben hatte, schob er nur auf eine augenblickliche Laune ihrerseits. Zu oft hatte er nach einem Anflug von Verständnis für seine geschundene Seele gesucht. Doch er konnte nichts erkennen. Und der gestrige heftige Streit hatte ihm bewiesen, dass sie sehr wohl Sehnsucht nach seinem Körper hatte, sich eine weitere Nacht mit ihm vorstellen konnte. Doch fragte sie auch nach seinem Herzen, nach seiner Sehnsucht, seiner verlorenen Ehre, seinem gedemütigten Stolz?
    Martin jagte ein paar Hühner vom Tisch und wischte missmutig mit der Handfläche den Unrat herunter. Er warf einen kurzen Seitenblick auf Isabella.
    »Glaubst du, mir macht es Spaß, so zu leben?«, fragte er.
    Isabella senkte den Kopf. »Ich könnte mir etwas Besseres vorstellen«, sagte sie leise.
    »Du hast Gundrams Burg gesehen, die meine Burg ist. Dort ist mein Zuhause, dort ist der Platz, wo ich leben möchte.« Bitterkeit klang in seiner Stimme.
    Martin ließ sich von einer Magd Wein und zwei Becher bringen. Er füllte seinen bis zum Rand und trank ihn in einem Zug leer.
    »Das solltest du nicht tun«, sagte Isabella leise.
    Er blickte unwillig auf. »Machst du mir Vorschriften?«, fragte er ungehalten.
    »Nein, bestimmt nicht. Aber es ist keine Lösung.«
    »Das weiß ich selbst. Du klingst ja schon wie Rudolf!«
    Isabella musste wider Willen lachen. Sie legte ihre Hand auf seine. »Erzähl mir, was damals geschah!«
    Er seufzte und schaute sie zweifelnd an. »Willst du es wirklich hören?«
    »Ja, ich will dich verstehen lernen.«
    Er senkte den Kopf und spielte mit dem leeren Becher. »Ich vergesse niemals im Leben diesen Tag in Mainz, als wir alle auf dem Domplatz standen. Als der Kaiser aus dem Dom heraustrat, empfing ihn die Menge mit tosendem Beifall. Kaiser Friedrich hatte sich entschlossen, das Kreuz zu nehmen, um Jerusalem und das Heilige Grab vom Joch der Ungläubigen zu befreien. Insgesamt dreizehntausend Menschen legten an diesem siebenundzwanzigsten März im Jahr des Herrn achtundachtzig das Kreuzzugsgelübde ab. Es war einfach unglaublich, überwältigend!«
    Martin schwieg und schaute in eine unbestimmte Ferne, als wolle er die Bilder der Vergangenheit zurückholen. Isabella lauschte ergriffen seinen Worten und wagte kaum zu atmen. Sie spürte, dass es für Martin sehr wichtig war.
    »Gundram war einer der Ritter im Gefolge des Kaisers, so wie Rudolf, wie ich und viele andere. Insgesamt waren wir viertausend Ritter, die ihm auf den Kreuzzug ins Heilige Land folgten. Er verstand es einfach, die Menschen zu begeistern, sie zu führen. Sein Sinn für Gerechtigkeit war berühmt. Jeder der Ritter wünschte sich, so wie er zu sein. Doch natürlich war das vermessen, er war unerreichbar. Allerdings – und das wollte wohl keiner von uns sehen – war der Kaiser mittlerweile siebenundsechzig Jahre alt, und graue Strähnen durchzogen seinen prächtigen roten Bart. Anfangs gab es keine Probleme. Wir ritten donauabwärts. Während wir rasteten, veranstalteten wir sogar Turniere, der Kaiser schlug viele Knappen zu Rittern. Doch zwischen Belgrad und Konstantinopel mussten wir uns immer wieder gegen räuberische Banden wehren. Der byzantinische Herrscher Isaak verweigerte uns die versprochene Unterstützung und nahm sogar den Gesandten des Kaisers gefangen. In Adrianopel mussten wir den Winter verbringen, und erst im Frühjahr konnten wir mit byzantinischen Schiffen den Hellespont überqueren.«
    Er stockte und schaute Isabella an. »Ich langweile dich«, sagte er mit müder Stimme.
    »Nein, keineswegs«, versicherte sie ihm.
    »Der Marsch durch Kleinasien war sehr beschwerlich«, fuhr er stockend fort. »Wasser und Brot wurden knapp, Banden attackierten uns, und mit dem Mut der Verzweiflung eroberten wir die Stadt Ikonion. Wir ahnten nicht, dass es noch viel

Weitere Kostenlose Bücher