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Der Kuss des Verfemten

Der Kuss des Verfemten

Titel: Der Kuss des Verfemten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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tust du?«, fragte sie erregt.
    Entsetzt blickte sie auf die Übermacht an Soldaten, die sich vor der Burg zusammengezogen hatte und nun massiv gegen die Mauern anrannte. Brandpfeile sirrten in hohem Bogen durch die Luft, doch sie fanden kaum noch Nahrung. Dort, wo sie sich in die Schilfdächer bohrten, breitete sich das Feuer in Windeseile aus und streckte seine gierigen gelben Finger aus. Das Haupthaus stand bereits in hellen Flammen.
    Martin zog Isabella auf die Plattform des Wachturms und stellte sich mit ihr zwischen zwei der steinernen Zinnen. Er umschlang mit einem Arm ihren Körper und presste sie an sich. Mit der anderen Hand hielt er ihr einen Dolch an die Kehle.
    »Verzeih mir, Isabella«, stammelte er, und Tränen rannen über sein Gesicht.
    »Was tust du mir an?«, wimmerte Isabella schockiert.
    »Es bleibt mir keine Wahl«, hörte sie Martins Stimme an ihrem Ohr, und er atmete tief durch, bevor er aus vollem Hals rief: »Schau her, Gundram, wenn du deine Braut lebend haben willst, zieh deine Männer zurück!«
    Gundram hob die Hand und gebot den Bogenschützen Einhalt. Sie senkten ihre Pfeile und warteten.
    »Wir müssen etwas Zeit gewinnen«, flüsterte Gundram und neigte sich Wulfhard zu. »Zieh dich zurück, Wulfhard, umgehe mit dreißig Männern die Burg in großem Bogen und greif sie von hinten an. Ich werde mit ihm sprechen und ihn ablenken.« Wulfhard hatte verstanden. Er wendete sein Pferd und ritt mit den Männern zurück zum Waldrand. Im Versteck der Bäume saßen sie von den Pferden ab. Zu Fuß schlichen sie im Schutze des Waldes zur Rückseite der Burg, deren Mauer dort zwar eingefallen, aber durch einen steilen Felsen leidlich geschützt war.
    »Du siehst, ich habe meinen Bogenschützen befohlen einzuhalten!«, rief Gundram. Er kniff die Augen zusammen und sah Isabellas schreckensbleiches Gesicht und den blitzenden Dolch an ihrem Hals. »Du elender Hund, das hast du nicht umsonst getan«, zischte Gundram zwischen den Zähnen hervor. Laut rief er: »Nun halte auch du dein Wort als Ritter, und lass Isabella frei!«
    »Als Ritter?«, höhnte Martin. »Ich bin kein Ritter mehr, seit du dafür gesorgt hast, mir einen Kaisermord anzudichten!«
    »So, warst du es nicht?«, erwiderte Gundram spöttisch. »Alle sind davon überzeugt!«
    »Du weißt genauso gut wie ich, dass es nicht wahr ist! Doch mein reiches Lehen und Isabella als Frau sind dir die Lüge offensichtlich wert!«
    »Isabellas Hand habe ich redlich auf dem Turnier erkämpft!«, brüllte Gundram. »Sie gehört mir! Lass sie laufen!«
    »Erst wenn mich der Herzog erhört hat!«, schrie Martin zurück.
    »Er wird dich nicht erhören! Er verhandelt nicht mit einem Verbrecher!«
    Isabella stand schlotternd vor Grauen auf den Zinnen und starrte auf den sanften Hügel hinunter, wo Gundram auf seinem Pferd saß und zu ihnen emporblickte. Noch von hier aus konnte sie sein finsteres, von der Narbe entstelltes Gesicht sehen, weil er das Visier aufgeklappt hatte. Höhnisch grinste er und hielt die Faust in die Seite gestemmt.
    Sie spürte den Stahl der Klinge an ihrem Hals, und ihre Gedanken überschlugen sich, ob Martin sie wirklich lieber opfern würde, als sie in Gundrams Hände fallen zu lassen. Die Wärme seines Körpers drang an ihren Rücken, und für einen kurzen Augenblick durchschauerte sie ein wonnevolles Gefühl. Die Hitze der letzten Nacht bebte noch in ihren Gliedern. Verzweifelt krallte sie sich mit den Fingern in seinen derben Waffenrock. Er trug nicht einmal einen Harnisch!
    »Martin, sie kommen über den Felsen!« Das war Rudolfs Stimme, der mit gezogenem Schwert vom Wehrgang hinunter in den Hof eilte, um die Angreifer abzudrängen. Wulfhard hatte es geschafft, mit seinen Leuten den Felsen zu erklimmen und über die zerfallene Mauer in den Burghof einzudringen. Sie fielen den Verteidigern des Burgtores in den Rücken, die gegen die Mauer gedrängt wurden und sich verbissen wehrten. Im gleichen Augenblick krachten wieder die donnernden Schläge der Ramme gegen das Tor.
    Martin ließ Isabella los und eilte nun ebenfalls in den Burghof hinunter. »Versteck dich!«, rief er ihr zu.
    Isabella hockte sich auf dem Wehrgang nieder und betete verzweifelt. Sie hörte das entsetzliche Splittern der morschen Balken, die das Tor verbarrikadierten, dann flogen die Torflügel mit einem lauten Knall auf.
    Mit gezogenem Schwert galoppierte Gundram seinen Männern voran in den Burghof und blickte sich suchend um. Er wollte gegen Martin

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