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Der Kuss des Verfemten

Der Kuss des Verfemten

Titel: Der Kuss des Verfemten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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Vater her, obwohl die Beine ihr fast den Dienst versagten. Wo war Martin? Bereits einmal hatte sie vergebens auf sein rettendes Erscheinen gewartet!
    Jetzt waren sie vor dem Altar angelangt, und der Herzog übergab Isabellas Hand an Gundram. Der stand mit breitem, zufriedenem Grinsen vor ihr und hielt seine schwarz behandschuhte Hand empor, auf die der Herzog jetzt Isabellas kleine Hand legte. Es sah aus, als würde eine kleine weiße Taube auf einem Hügel aus schwarzem Pech landen. Ihr Lächeln war eingefroren, und die kaum verdrängte Angst gewann die Oberhand.
    Gundram wandte sich nun dem Bischof zu, der die Hände über dem Paar erhob. Isabella spürte, wie Gundram sich neben ihr niederkniete und sie nach unten zog. Wieder zögerte sie einen Augenblick. Gundram bemerkte es, und sein Geist wurde wachsam. Alle seine Muskeln spannten sich. Fast körperlich spürte er eine seltsame Gefahr, die er jedoch nicht genau zuordnen konnte. Isabella zeigte Widerstand.
    Hätte er seinen Blick nicht demütig gesenkt gehalten, sondern hinauf auf die Empore gerichtet, hätte er eine schwarze Gestalt gesehen, die fast unsichtbar neben dem bunt gleißenden Licht des Rosenfensters im Schatten der Mauer stand. Ein kleiner, todbringender Pfeil lugte unter dem schwarzen Umhang von Rupert de Cazeville hervor. Seine scharfen Augen beobachteten genau das Geschehen unter ihm im Schiff der Kirche. Langsam hob er die kleine, handliche Armbrust mit dem Stahlgeschoß. De Cazevilles Atem ging ruhig und beherrscht. Er würde genau Isabellas Herz treffen. Sie würde es nicht einmal spüren. Sie musste nur ihr Jawort geben, dann war Gundram ihr Gatte. Er war zwar nicht gerade der ideale Nachfolger für den alten Herzog, aber hierauf hatte de Cazeville keinen Einfluss. Wichtig war nur, dass er niemals erfahren durfte, wen er gerade ehelichte. Und er würde es auch nie erfahren.
    De Cazeville hob die kleine Armbrust vor das Gesicht. Sein Raubvogelblick richtete sich über die Zieleinrichtung hinaus auf Isabellas schmalen Rücken. Er visierte die linke Seite neben ihrer Wirbelsäule an und war sich sogar sicher, dass das kleine Stahlgeschoß nicht einmal die Rippen treffen würde.
    Der Bischof sprach das lateinische Gebet über dem Brautpaar und setzte an, die Trauungsformel zu verkünden, als mit einem lauten Krachen die Kirchentür aufflog.
    »Halt!«, rief eine kräftige Stimme, und Isabella durchfuhr ein heftiger Schauder. »Gundram von Oxensal ist ein Betrüger! Unter Verleumdung und übler Nachrede eignete er sich mein Lehen an. Er erschlich sich das Vertrauen des Herzogs unter Vorspiegelung falscher Tatsachen, mit dem schleimigen Wort der Lüge!«
    Martin konnte nicht weitersprechen, denn Gundrams Vasallen überwältigten ihn sofort.
    »Lasst mich los, ich befinde mich auf heiligem Boden!«, rief Martin. Der Bischof hob beschwörend die Hände.
    »Nein, ergreift ihn!«, schrie Gundram außer sich vor Wut. Er war aufgesprungen wie alle anderen in der Kirche und starrte Martin an, der sich gegen die zupackenden Arme wehrte.
    »Lasst ihn los!« übertönte ihn der Bischof und eilte auf Martin zu.
    »Willst du das Asyl der heiligen Kirche in Anspruch nehmen?«, fragte er.
    »Jawohl, das will ich!«, antwortete Martin, und mit einer Handbewegung befahl der Bischof den Männern, Martin freizugeben. Martin eilte mit großen Schritten auf den Herzog zu und fiel vor ihm auf die Knie.
    »Mein Herzog, mein Lehnsherr! Ihr persönlich habt mich meiner Rechte und meiner Ehre enthoben und mich zu einem vogelfreien Mann erklärt. Ihr gabt mir nicht die Gelegenheit, meine Unschuld zu beweisen. Ihr seid einem Betrüger aufgesessen, der Euch geschworen hat, dass er mit eigenen Augen gesehen habe, wie ich unseren geliebten Kaiser Friedrich ermordet haben soll. Und allein auf diesen Meineid hin habt Ihr ihm geglaubt!«
    Martin hatte sich erhoben und blickte dem Herzog, der ihn mit großen Augen anstarrte, fest ins Gesicht.
    »Es gibt genügend Ritter in dieser heiligen Halle, die gleich mir Zeuge waren, wie unser Kaiser und Anführer des Kreuzzuges starb.« Martin machte eine ausholende Armbewegung. Dann trat er direkt auf einen Ritter zu. »Thomas von Hartenstein bezeugt hier im Angesicht Gottes meine Unschuld! Ihr wart Zeuge der schrecklichen Geschehnisse am Ufer des Saleph! – Ritter Berthold von Saalfeld! – Ritter Albrecht von Meißen! – Ritter Eberhard von Waldenburg! – Ritter Bruno von Gnandstein! – Ritter Heinrich von Uebigau! – Ritter Walther

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