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Der Kuss des Verfemten

Der Kuss des Verfemten

Titel: Der Kuss des Verfemten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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alten Götter in Euch aufgenommen. Ob Ihr nun an Euren Gott glaubt oder nicht, Ihr seid mir gefolgt. Wie hat es Euch da drüben gefallen?«
    »Es war … einfach überwältigend!« Martin schüttelte immer noch den Kopf und blickte wieder und wieder an seinem Körper herab. »Wie lange waren wir … da drüben?«
    »Sieben Tage.«
    »Sieben Tage? Ohne zu essen, ohne zu … das ist unmöglich!«
    Jetzt lachte der Magier und zeigte zwei Reihen blitzender Zähne. »Nichts ist unmöglich in der Anderen Welt «,erwiderte er. »Und Ihr habt gegessen. Äpfel! Und Ihr habt getrunken und gebadet in dem Quell der Kraft, der Euch mit sich fortgetragen hat.«
    »Und Ihr wart die ganze Zeit bei mir«, stellte Martin fest.
    De Cazeville nickte. »Ja, ich habe Euch begleitet, denn ich kann zwischen den Welten wandern. Es ist eine schöne Welt da drüben, rein, voll Kraft und Licht und göttlicher Nähe.«
    In Martins Blick lag Unsicherheit. »Ich habe Euch Unrecht getan«, sagte er leise. »Ihr habt etwas vollbracht, das niemand anderes vermocht hätte. Ihr seid ein großer Zauberer, auch wenn Ihr anderen Göttern huldigt als ich. Aber das soll nicht das Entscheidende sein. Wichtig ist, was Ihr getan habt. Ich bin Euch zu tiefstem Dank verpflichtet und weiß nicht, wie ich Euch diesen Dank angedeihen lassen kann.«
    Zum ersten Mal senkte de Cazeville den Blick, und seine Stimme klang abwehrend. »Ich will Euren Dank nicht. Und was ich getan habe, habe ich nicht für Euch getan, sondern für eine höhere Macht. Ihr seid wie alle anderen nur eine kleine Figur im Spiel der Götter. Aber manchmal muss man diesem Spiel ein wenig nachhelfen.«
    »Ihr meint, Ihr habt den Göttern ins Handwerk gepfuscht?«, fragte Martin ungläubig.
    De Cazeville schüttelte den Kopf. »Nicht den Göttern, den Menschen!« Er erhob sich und seufzte leicht. Mit einer anrührend hilflosen Geste hob er seine geöffneten Hände. »Mehr kann auch ich nicht für Euch tun. Kämpfen müsst Ihr allein. Aber jetzt habt Ihr wenigstens eine reelle Chance gegen Gundram. Euer Körper ist gesund und kräftig. Euer Geist ist klar und gereinigt. Macht das Beste daraus!«
    Er drehte sich um und schritt zur Tür. Martin betrachtete seinen geraden Rücken, die langen schlanken Beine und das kurz geschnittene dunkle Haar auf seinem Kopf. Ein seltsames Gefühl durchströmte ihn, und ihm stockte der Atem. Fast beneidete er diesen Mann, der eine fast überirdische Kraft besaß und deshalb genauso segenbringend wie unheilvoll war, je nachdem, in welche Richtung sich diese Kraft bewegte!
    »Wartet einen Augenblick!«, sagte Martin, als de Cazeville nach dem Riegelbalken griff, um ihn zu öffnen. »Ich kann Euch nicht gehen lassen, ohne Euch meine Dankbarkeit zu zeigen. Ihr könnt Euch wünschen, was Euer Herz begehrt!«
    De Cazeville maß Martin mit einem seltsamen Blick, der ihm unter die Haut ging. »Es gibt nichts auf der Welt, was ich begehre.«
    »Gar nichts?«, fragte Martin verwundert.
    »Nein«, bestätigte de Cazeville. »Was ich benötige, nehme ich mir, was ich nicht brauche, lasse ich liegen. Ich brauche nicht einmal die Erde, auf der ich wandele. Spielt Euer Spiel in diesem Stück, auch wenn Ihr vielleicht den Sinn nicht begreift. Das ist das Einzige, was Ihr tun könnt.«
    Martin schwieg und blickte ihn nachdenklich an. »Und Verständnis?«, fragte er leise.
    De Cazeville schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht, dass Ihr es verstehen würdet«, antwortete er ebenso leise. Mit einer entschlossenen Bewegung öffnete er die Tür.
    *
    Isabella durchlebte sechs endlos erscheinende Tage und Nächte, die sie zum größten Teil in der kleinen Kirche der Burg in tiefem Gebet verbrachte. Gleich den anderen schlich sie mehrmals täglich an der Tür der Kammer vorbei und lauschte. Mehr als einmal war sie nahe daran, gegen das Holz zu hämmern und Einlass zu begehren. Immer stärker wuchs in ihr die Angst, dass dieser unheimliche schwarze Mann etwas mit Martin anstellen würde. Vielleicht war Martin längst tot und der Fremde aus dem Fenster geflüchtet! Oder er quälte Martin, folterte ihn, foppte seine Umgebung! Wie könnte er die schrecklichen Wunden innerhalb von nur sieben Tagen heilen, dass Martin gleich dem kraftstrotzenden Gundram im Zweikampf bestehen konnte?
    Immer größere Zweifel nagten an Isabella. Doch sie wagte nicht, ihre eigenen Ängste mit den anderen zu teilen. Vor allem nicht mit Mathilda, die rund und rosig stets in Rudolfs Nähe war und der das Glück aus

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