Der Kuss Im Kristall
hängen. Daher muss der Mörder durch deinen Tod etwas gewinnen können.“
„Und das hat dich auf Douglas gebracht“, sagte er grimmig und vollendete ihren Gedankengang. „Darin liegt eine gewisse Logik, aber ich würde mein Leben darauf verwetten, dass Douglas nicht der Mörder ist.“
„Knapp einen Monat, bevor die Morde begannen, kam er in die Stadt. Niemand hat durch deinen Tod so viel zu gewinnen wie er.“
„Es gibt noch andere Motive als materiellen Gewinn“, warf er ein. L’amour ou l’argent hatte sie zu ihm gesagt, als er sie zum ersten Mal als Madame Zoe getroffen hatte. Liebe oder Geld. Wenn es nicht um Geld ging, dann …
Liebe? Wen könnte er gekränkt haben? Er hatte sich die Hörner schon abgestoßen, lange ehe er und Maeve vermählt worden waren. Und nachdem Hamish geboren war und Maeve ihm fortan den Zutritt zu ihrem Schlafzimmer verwehrte, hatte sie ihm erlaubt, sich anderswo Erleichterung zu verschaffen. Seither hatte er andere Frauen gehabt, alle ohne Bedeutung, und keine hatte von ihm mehr als das Vergnügen einer Nacht erwartet. Ganz gewiss war keine darunter gewesen, die einem anderen gehörte.
Rob fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. Irgendetwas an Aletheas Theorie schien ihm überzeugend, aber solange sie sich in seiner Reichweite befand, konnte er nicht nachdenken. Jedes Mal, wenn er sie ansah, musterte sie ihn mit diesen tiefblauen Augen, die so deutlich ihre Seele widerspiegelten. Er sehnte sich danach, sie in die Arme zu nehmen, ihren Herzschlag zu spüren. Einmal, nur ein einziges Mal, ehe er sich für immer von ihr verabschiedete, wollte er sie so lieben, wie sie es verdiente. Nicht so hastig wie ein Junge, der es nicht erwarten konnte, sondern zärtlich, langsam und behutsam, so wie Liebende es taten. Nur an sie wollte er dabei denken und sich ihr von seiner besten, nicht von der schlimmsten Seite zeigen.
Sie stand auf und berührte seinen Arm. „Es tut mir leid, Rob. Ich hätte nicht an Douglas zweifeln dürfen.“
Er hob den Blick von ihrer Hand zu ihrem Gesicht. Sie hatte ihn Rob genannt. Soweit er sich erinnern konnte, hatte nicht einmal Maeve ihn bei diesem Namen gerufen. „Du hast mich Rob genannt, Alethea. Und diesmal habe ich mich nicht getäuscht.“
Sie erwiderte sein Lächeln. „Das würde ich niemals tun. Das wäre nicht anständig.“
„Bist du sicher? Ich hätte schwören können, dass ich es gehört habe.“
Um ihre Lippen zuckte es, dann wandte sie sich ab und beschäftigte sich damit, das Band an dem Paket mit den Einkäufen zu lösen. Sie holte ein Brot heraus, ein großes Stück Käse, ein paar Kerzen, eine Flasche Wein und vier Äpfel. „Ich dachte, du könntest das hier vielleicht gebrauchen“, rief sie über die Schulter hinweg.
„Warum?“, fragte er.
„Weil du nicht in dein Hotel zurückkehren kannst. Die Behörden werden gewiss dort auf dich lauern, um dich festzunehmen. Tante Grace hat mir gesagt, dass Lord Barrington am Spätnachmittag den Haftbefehl erlassen hat.“
Er unterdrückte ein Lächeln. Sie beschützte ihn. Wann hatte es so etwas schon gegeben? „Das überrascht mich nicht“, erklärte er. „Das hatte ich erwartet. Mich überrascht nur, Alethea, das du willens bist, mich zu schützen. Sollte das herauskommen, wäre das ein großes Risiko für dich.“
„Ich fühle mich irgendwie verantwortlich für diese ganze Angelegenheit. Wenn du nicht nach Madame Zoe gesucht hättest …“
„Dann wäre ich immer noch in dieser Zwickmühle. Die Morde waren schon geschehen, ehe ich dich fand, Alethea.“
„Stimmt.“ Sie seufzte.
Er berührte sie am Arm. „Ich möchte nicht, dass du für irgendetwas die Schuld auf dich nimmst. Was immer das Rad in Bewegung setzte, du warst es nicht. Du warst nur ein Mittel zum Zweck.“
„Ich hätte den Behörden den Tod von Tante Henrietta melden sollen“, flüsterte sie und sah ihm in die Augen. „Wenn sie gewusst hätten …“
„Himmel, nein“, entgegnete er. „Hätte ich gewusst, dass sie tot ist, wäre ich gar nicht in ihrem Salon aufgetaucht. Dann hätte ich dich nie kennengelernt, Alethea. Und darauf hätte ich um keinen Preis verzichten wollen. Nicht einmal wenn ich dafür hängen muss.“
Sie seufzte wieder, als sie erkannte, wie viel Wahrheit in seinen Worten lag, wie viel Gefühl, und in diesem Moment begehrte sie ihn mehr als je zuvor. „Das ist Wahnsinn.“
„Ja, das ist es“, erwiderte er und küsste sie sanft. Dann schloss er sie in die Arme und strich
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