Der Kuss Im Kristall
fragte er wieder. „Und wer hat Sie geschickt?“
„Ich habe keinen blassen Schimmer, was Sie meinen“, winselte der Kerl und wischte sich mit dem Ärmel über die Nase.
Mitleidlos umfasste McHugh wieder seinen Hals. „Wirklich nicht?“ „Ich dachte, ich kann mir ein bisschen was verdienen. Das tut doch keinem weh, oder?“
McHugh schleuderte den Mann mit solcher Wucht gegen die Wand des Mietshauses, dass Alethea glaubte, der Schurke würde das Bewusstsein verlieren. „Sagen Sie die Wahrheit, oder ich reiße Ihnen mit bloßen Händen die verlogene Zunge heraus und füttere die Hunde damit.“ Das Schweigen dauerte einen Moment zu lange, und McHugh setzte zu einem weiteren Hieb an.
„Warten Sie! Warten Sie!“, kreischte der Mann. „Ich bin ein Niemand. Ich kenne die Frau nicht einmal. Nehmen Sie sie mit! Sie bedeutet mir nichts!“
Die Heftigkeit, mit der McHugh dem Mann die Faust ins Gesicht rammte, überraschte Alethea. Jetzt verstand sie, was Grace gemeint hatte, als sie davon sprach, wie unerbittlich McHugh ein Ziel verfolgte. „Wer hat Sie geschickt? Und warum?“
Blut lief dem Mann über die Wange und auf die Jacke. „Ich sollte sie aus dem Weg räumen, Mann. Schnell und sauber“, jammerte er. „Ich sollte ein Messer benutzen und ihr eine Schlinge um den Hals legen.“
Ihr? Alethea wurde schwindelig. Jemand hatte diesen Mann engagiert, um sie umzubringen? Die Knie wurden ihr weich, und sie hielt Douglas’ Arm fester, um sich daraufzustützen.
„Verdammter Hurensohn“, fluchte Douglas und starrte den Mann an.
In McHughs Gesicht zuckte ein Muskel, und er wirkte so unerbittlich und so entschlossen, dass Alethea noch klarer wurde, woher sein Ruf stammte, gnadenlos zu sein.
„Sie sollten etwas zurücklassen, wenn der Auftrag ausgeführt war“, sagte er. „Her damit.“
Vor Angst machte der Mann große Augen. Er suchte in seinen Taschen und förderte ein kleines weißes Leinentuch zutage, auf das ein „G“ gestickt war und ein kleiner Rabe. Glenross.
„Wer hat Sie angeheuert?“
Der Mann winselte und schüttelte den Kopf. „Weiß nicht. Habe ihn nie gesehen.“
„Sie strapazieren meine Geduld“, raunzte McHugh ihn an. „Das hier haben Sie doch nicht ohne Bezahlung gemacht.“ Wieder umfasste er den Hals des Gauners mit den Händen.
Der Mann sprach hastig. „Ich habe ihn nicht gesehen. Vorher nicht und auch nicht mehr danach. Ich schwöre es. Er hatte den Kragen hochgeschlagen und den Hut tief ins Gesicht gezogen. Es war dunkel. Er gab mir fünf Pfund und sagte, ich bekäme hinterher noch mal fünf.“
„Wie sollten Sie das Geld erhalten?“
„Er sagte, er würde das Geld im „Crown and Anchor“ hinterlegen, wenn er hört, dass der Auftrag erledigt wurde.“
McHugh löste seinen Griff und ließ die Arme sinken. Er starrte den Mann eine ganze Weile an, als müsste er überlegen, ob er ihm glauben soll oder nicht. „Ich weiß, wer du bist, Dirty Eddie, und denk ja nicht, ich würde dich nicht finden, wenn auch nur ein Wort von deiner Geschichte gelogen ist.“
„Sie ist nur ein Weib, Mann. Keiner wird sie vermissen. Wie wäre es, wenn wir teilen? Sie können sie zuerst haben.“
Alethea spannte alle Muskeln an. McHugh hatte sich schon abgewandt, bereit, die Geschichte zu glauben. Doch bei diesen Worten fuhr er mit geballten Fäusten herum und streckte den Mann mit einem einzigen Schlag nieder, sodass der bewusstlos zu Boden sank.
„Himmel“, stieß Douglas hervor. Er ließ Alethea los und hockte sich neben den Mann, um ihm den Puls zu fühlen. „Er wird überleben, aber er wird morgen schrecklich aussehen. Und er wird übelste Kopfschmerzen haben.“
McHugh zuckte mit den Achseln und blickte Alethea an. „Ruf eine Kutsche, Doogie.“
Alethea zitterten die Knie, weniger von dem Angriff als von dem Ausdruck in Robs Gesicht. Was ging in seinem Kopf vor?
Weder berührte McHugh sie, noch sprach er mit Alethea, während sie auf eine Kutsche warteten. Er wusste wirklich nicht, ob er sie anschreien sollte, weil sie allein unterwegs gewesen war, oder ob er sie packen und umarmen sollte.
Stattdessen nahm er ihr das Paket ab, das sie noch immer bei sich trug, und führte sie zu der Straßenecke, wo Douglas inzwischen eine Kutsche aufgetrieben hatte. Er half ihr hinein, dann folgte er und setzte sich ihr gegenüber.
„Morgen, Doogie. Du weißt, wo“, sagte er, als die Kutsche anfuhr.
Das Schweigen zwischen Alethea und ihm war für beide bedrückend und unbehaglich.
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