Der Kuss Im Kristall
sie nach Seven Dials kam, desto voller wurden die Straßen und umso schwerer wurde es für Alethea, ihr Ziel nicht aus den Augen zu verlieren.
Sie wusste nicht, ob sie irgendetwas erfahren würde, indem sie Douglas McHugh folgte, aber sie musste es versuchen. Ihr blieben nur noch diese Nacht und der nächste Tag, dann wäre das neue Jahr da und damit das Ende ihrer Ermittlungen. Nachdem Sir Martin weg gewesen war, hatte sie den Nachmittag damit verbracht, über das fehlende Puzzleteilchen nachzugrübeln, das ihr entgangen war. Schließlich glaubte sie, das entscheidende Verbindungsglied gefunden zu haben. Es war ganz einfach und doch so kompliziert.
McHugh hatte geschworen, nicht alle Opfer gekannt zu haben. Die, die er kannte, hatte er nicht besonders gemocht, aber nicht so sehr gehasst, dass er sie hätte töten wollen. Vielleicht hatten daher McHugh und die Morde gar nichts miteinander zu tun, bis auf einen gemeinsamen Nenner: den Mörder. Jemand, der seine eigenen Gründe hatte, diese Menschen umzubringen, aber etwas dadurch gewann, dass McHugh als der Schuldige verurteilt wurde.
Als sie ihre Einkäufe beendet und Douglas McHugh auf der Straße gesehen hatte, war die Versuchung, ihm zu folgen, unwiderstehlich gewesen. Obwohl sie Douglas gegenüber Sir Martin verteidigt hatte, musste eine leise Stimme in ihr zugeben, dass Douglas viel gewinnen konnte, wenn Rob aus dem Weg war.
Sie schob das Päckchen, das sie bei sich trug, unter den anderen Arm und bog um die Ecke. Douglas verschwand gerade in einer Taverne. Sie würde sich in einem dunklen Plätzchen in einem Hauseingang verstecken, bis er wieder herauskam.
„Na, schöne Frau“, hörte sie eine raue Stimme hinter sich. „Wohin wollen Sie denn?“
Alethea antwortete nicht, da sie nicht glaubte, dass der Fremde mit ihr sprach, bis er neben sie ins Dunkle trat, ihren rechten Arm packte und sie tiefer unter die Treppen zog.
„Halt!“, schrie sie. „Lassen Sie mich los!“
Stattdessen hob der Fremde den freien Arm, in dem er einen Knüppel hielt. Er holte aus, um ihr auf den Kopf zu schlagen. Sie wehrte den Hieb ab, indem sie den Arm in die Höhe riss. Ein scharfer Schmerz durchzuckte sie von den Fingerspitzen bis zur Schulter.
„Ich dachte schon, du willst mir entwischen.“ Der Mann packte sie so fest, dass er ihr das Blut abschnürte, und holte wieder mit dem Knüppel aus. „Wenn du mir abhaust, kriege ich meinen Lohn nicht“, erklärte er ihr, als spräche er mit einem kleinen Kind.
„Hilfe!“, schrie sie, und wehrte sich, so gut sie konnte. Aus dem Haus würde niemand ihr helfen – die Mieter waren zu sehr daran gewöhnt, sich blind und taub gegenüber den Streitigkeiten der Nachbarn zu stellen. „Hilfe!“
Stimmen wurden laut, und Alethea begriff, dass man in der Taverne ihre Schreie gehört hatte und nun gekommen war, um herauszufinden, was hier vor sich ging. Mit ihrem ganzen Gewicht warf sie sich in Richtung Straße. „Bitte! Hilft mir irgendjemand?“
Dann blickte sie in das entsetzte Gesicht von Douglas McHugh, und dann entdeckte sie direkt hinter ihm Rob. „Hol sie, Doogie!“, rief Rob, während er ihren Angreifer am Genick packte.
Als der Mann sie losließ, fing Douglas sie auf, ehe sie gegen die Mauer prallen konnte. „Ruhig, Miss Lovejoy“, versuchte er sie zu beschwichtigen und zog sie aus dem Handgemenge.
„Kümmere dich um deine eigenen Angelegenheiten, verdammter Bastard!“, krächzte der Mann. McHugh hatte seinen Hals umfasst und schüttelte ihn.
„Sie ist meine Angelegenheit“, stieß Rob hervor.
„Sie ist meine Frau“, log der Mann. „Ich habe nichts Unrechtes getan.“
Die Zuschauer johlten und pfiffen. Nach den Rufen zu urteilen, mit denen sie McHugh anfeuerten, war der Mann – die Menge nannte ihn „Dirty Eddie“ – nicht sehr beliebt.
McHugh schlug Dirty Eddie mit dem Handrücken ins Gesicht, und dessen Lippe platzte auf. Blut spritzte ihm aus der Nase. „Wer zum Teufel sind Sie?“, wollte McHugh wissen.
„Ihr Ehemann!“ Er zuckte zusammen und hob abwehrend die Hände, als Rob erneut ausholte. „Warten Sie! Warten Sie!“, flehte er. „Ich kenne sie gar nicht. Nehmen Sie sie mit! Sie gehört Ihnen!“
Nun, da der Kampf vorbei war, verloren die Leute das Interesse. Sie kehrten zurück in die Taverne, und einzelne Münzen wechselten den Besitzer nach den Wetten, die eilig abgeschlossen worden waren. McHugh wartete, bis sie allein waren, ehe er weitere Fragen stellte.
„Wer sind Sie?“,
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