Der Kuss Im Kristall
Ihre Zukunft bestimmen. Was ich Ihnen jetzt mitteile, ist nur das, was sein könnte – was vielleicht geschieht. Ihren Weg müssen Sie selbst wählen. Sie leiden an – wie sagt man hier? Chagrin d’amour ?“
Es zuckte um seine Mundwinkel.
„Ein gebrochenes Herz?“ Sie blickte kurz von den Karten auf.
Hier wenigstens irrte Madame Zoe sich. Der Tod von Maeve und Hamish hatte ihm nicht das Herz gebrochen, es hatte ihn nur härter gemacht.
„ Oui , ein gebrochenes Herz. Aber Sie müssen sich keine Sorgen machen, M’sieur . Sie werden wieder lieben. Sie werden tiefer lieben.“ Sie deutete auf die Kreuzdame. „Sie war nicht Ihre grande passion . Ihre grande passion wartet noch auf Sie. Wenn …“
„Wenn?“
Sie zuckte die Achseln. „Wenn Sie den Schmerz überwinden. Wenn nicht, wird Ihr Wunsch nach Rache Sie und alle um Sie herum vergiften.“
Das war sehr nahe an der Wahrheit! Wie konnte sie das aus ein paar gewöhnlichen Karten herauslesen? „Sie missverstehen mich, Madame . Was Sie Rache nennen, das nenne ich Gerechtigkeit. Und was das Überwinden anbetrifft, so ist das leicht zu sagen, aber unmöglich zu tun.“
„ M’sieur , ich …“ Seufzend verstummte sie.
„Wenn Sie mir etwas mitteilen wollen, dann tun Sie das bitte“, forderte er sie auf.
Wieder beugte sie sich über die Karten und drehte weitere drei herum, dann noch einmal drei und hielt nur inne, um zu überprüfen, in welcher Reihenfolge sie lagen. „Gefahr. Ganz klar, es droht Gefahr. Sie befindet sich im Kreis um den König – um Sie, M’sieur . Leider kann ich nicht feststellen, ob die Gefahr dem König droht oder von ihm ausgeht. Vielleicht beides. Sie müssen sehr vorsichtig sein, M’sieur .“ Sie verstummte und beschäftigte sich wieder mit den Karten.
Verdammt. „ Madame ? Sind Sie eingeschlafen?“, fragte er, als die Stille anhielt.
Als sie antwortete, klang ihre Stimme sehr leise, und zum ersten Mal spürte er, dass sie etwas verheimlichte. „Sie müssen sich keine Sorgen machen, M’sieur . Was Sie so bedrückt, wird sich bald aufklären.“
„Verraten Ihnen das die Karten?“
Durch den Schleier berührte sie ihre Stirn. „Ich – mir ist plötzlich nicht wohl, M’sieur. Ich werde meinen Agenten anweisen, Ihnen das Geld zurückzuzahlen.“
„Ich will kein Geld zurück, Madame . Ich will einen Blick in die Zukunft.“
Ihre Hand an der Stirn begann zu zittern, und Rob begriff, dass sie nicht versuchte, ihn loszuwerden. Sie litt tatsächlich. Er rutschte mit dem Stuhl ein wenig näher und war überrascht von sich selbst, weil er Besorgnis empfand. „Brauchen Sie Hilfe, Madame ?“
Abwehrend schüttelte sie den Kopf. „Das ist sehr freundlich von Ihnen . Ich brauche Ruhe. Ich kann Ihre Zukunft nicht erkennen, M’sieur . Da sind Schleier, Nebel …“
„Ah.“ Er nickte. „Die Zweifel, von denen Sie vorhin sprachen.“
„ Oui. “ Sie seufzte.
„Können Sie mir dann etwas über die Vergangenheit erzählen?“
Sie betrachtete die verbliebenen Karten, nachdem sie sie in einem Halbkreis auf dem Tisch ausgebreitet hatte. „Ihre Vergangenheit war sehr turbulent. Sie haben viel Schmerz erfahren, wie mir scheint. Es hat Betrug und Verrat gegeben. Sie vertrauen niemandem. Sie – Sie sind ein Mann voll starker Leidenschaften, auch wenn Sie das gut verbergen können. Sie sind klug, nachdenklich, umsichtig – gnadenlos, wenn es darum geht, ein Ziel zu erreichen. Leider, M’sieur ,sind Sie nicht glücklich. Sie sind tief verletzt worden. Diese Dinge müssen Sie überwinden, wenn Sie wieder leben wollen. Gegenwärtig, M’sieur , lassen Sie die leichten Seiten des Lebens nicht zu. Nicht den Übermut, den Humor oder die Narrheiten. Sie haben nicht gelernt, dass Träume, wie unmöglich sie sein mögen, das Leben erst lebenswert machen, und wenn die Hoffnung stirbt, dann stirbt auch der Mensch. Sie haben noch nicht die Fähigkeit entwickelt, über die Absurditäten des Lebens zu lachen. Die Welt dreht sich nicht um Ihretwillen, M’sieur . Im Gegenteil. Sie dreht sich ganz von selbst. Die Zeit ist noch gnadenloser, als Sie es sind.“
Bei dieser Zurechtweisung kniff er die Augen zusammen. Weder hatte sie ihm geschmeichelt, noch hatte sie ihre Botschaft in freundliche Worte gekleidet. Und ihre Einschätzung war völlig richtig. Er trug keinen einzigen leichtfertigen Zug in sich. Dass sie ihn so treffend einschätzte, bereitete ihm Unbehagen. Er begann zu glauben, dass sie – auch wenn sie falsch damit
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