Der Kuss Im Kristall
doch an ein oder zwei Namen?“ Rob nahm die Hand aus der Tasche und legte eine Münze auf die Ladentheke.
„Hmm.“ Der Mann tippte mit der Fingerspitze auf die Münze und zog sie zu sich heran. „Da ist eine Frau mit Tiefgang und einer besonderen Ausstrahlung. Sie kommt mit ihrer Tante. Miss Lovejoy, glaube ich.“
Rob nickte wieder. „Sie schickte mich hierher.“
„Ah, Sie kennen sie.“
„Ja. Aber sie suche ich nicht.“
„ Très bien “, rief Le Blanc. „Ich werde eine Liste mit jenen Damen aufstellen, die Vent de Lis kaufen, soweit sie mir einfallen.“
„Vielen Dank, Monsieur Le Blanc. Ich werde sie gut dafür bezahlen.“ Rob wandte sich zur Tür, ungeduldig, diesen unerträglich kleinen Laden zu verlassen. Die Wände schienen ihn erdrücken zu wollen.
Der Kaufmann strahlte, als er Rob zur Tür begleitete. „Wissen Sie, ich habe erwogen, Miss Lovejoy selbst anzusprechen.“
Diese Erklärung veranlasste Rob innezuhalten. Gespannt musterte er den Mann. Obwohl er nicht abschließend beurteilen konnte, was Frauen anziehend fanden, war er sich sicher, dass er – wäre er eine Frau – Monsieur Le Blanc nicht attraktiv finden würde. Und Miss Lovejoy stand gesellschaftlich weit über dem eingewanderten Ladenbesitzer. Dennoch …
„Ich habe eine Schwäche für cheveux rouges “, bekannte Le Blanc.
Seltsam verstimmt nickte Rob mit dem Kopf. Aber er wollte, dass der Mann weitersprach. Vielleicht fielen ihm noch weitere Namen ein.
„Miss Lovejoy verbirgt manches Geheimnis. Jedes Mal, wenn ich sie treffe, erfahre ich ein wenig mehr. Ich muss gestehen, ihre Widersprüche faszinieren mich.“
„Widersprüche? Wie das?“
„Haben Sie je eine Prostituierte gehabt und festgestellt, dass sie eine Schönheit ist, wenn sie gewaschen ist? Haben Sie je einer Frau das grobe Wollkleid ausgezogen und darunter seidene Dessous entdeckt? Überraschend. Erotisch, oder? So ist auch Miss Lovejoy.“
Ohne zu ahnen, wie nahe er daran war, Robs Faust ins Gesicht zu bekommen, fügte Le Blanc noch hinzu: „Ihr Aussehen verspricht Leidenschaft, aber sie gibt sich kühl und abweisend. Was wird man unter der Oberfläche finden? Feuer oder Eis? Wer weiß? Aber Seide wird es sein, denke ich. Sehr viel Seide.“
Seide. Vor Robs innerem Auge erschien ein Bild von Alethea Lovejoy, wie sie zu ihm aufblickte, während er mit der Hand über ihre zarten Brüste strich. Dann stellte er sich merkwürdigerweise die Frage, ob wohl Madame Zoe unter den Schichten ihrer schwarzen Schleier auch Seide trug.
Verdammt! Was war nur los mit ihm? Er hatte das Gefühl, nicht mehr ganz Herr seiner Sinne zu sein. Das bewies auch die Art, wie er Miss Lovejoy in der vergangenen Nacht behandelt hatte. Das einzig Anständige, was er getan hatte, war, sie vor ihm zu warnen, denn er verfügte nicht über genügend Willenskraft, sich von ihr fernzuhalten. Ihr Liebreiz, ihr Humor und ihre ruhige Kraft machten sie einfach unwiderstehlich.
Sein Gewissen – oder das, was davon übrig war – plagte ihn schon den ganzen Tag. Vielleicht hatten Travis und Seymour recht – er sollte Covent Garden einen Besuch abstatten, um sich Erleichterung zu verschaffen, ehe Schlimmeres geschah.
„ Oui . Wenn Miss Lovejoy das nächste Mal mit ihrer Tante kommt, werde ich sie um Erlaubnis bitten, ihr einen Besuch abzustatten. Ich bin überzeugt, mein Interesse wird willkommen sein.“
„Tun Sie das“, sagte Rob. Und dachte: Verdammter Franzose.
Alethea ließ den Schleier vor ihr Gesicht fallen, öffnete die Tür und ließ Lady Enright in einer Wolke aus Lavendelduft zu ihrer wöchentlichen Visite eintreten.
Eloise Enright war ein angesehenes Mitglied des ton , bekannt für ihren Witz und ihren Charme, und sie war Tante Henriettas liebste Kundin gewesen. „Madame Zoe. Wie schön, Sie wiederzusehen. Ich muss gestehen, dass ich zweimal heute kurz davor war abzusagen. Doch ich fühlte, es ist wichtig zu kommen.“ Die Frau löste die Hutnadel, warf den Hut auf den Tisch und begann dann, die weißen Handschuhe auszuziehen.
Alethea war froh, dass sie nicht abgesagt hatte. Derzeit hagelte es Absagen für Madame Zoe. Sie wurde vom ton mit einer Art Bann belegt, nachdem sich die Neuigkeit vom Durchbrennen Bebes verbreitet hatte. Wie es schien, wollte niemand eine Hellseherin konsultieren, die zu so scheußlichen Dingen riet, und jeden Tag konnte die Rechnung für Dianthes neue Kleider eintreffen.
Den Aufzeichnungen im Buch ihrer Tante und auch ihren eigenen
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