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Der Kuss Im Kristall

Der Kuss Im Kristall

Titel: Der Kuss Im Kristall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gail Ranstrom
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zu geben, wie sie verlangen, denn sie waren mein geduldigster Tanzpartner. Ich war es nicht, der am Samstagabend davonlief.“
    „Außergewöhnliche Umstände, verzeihen Sie. Mein Benehmen war sehr unhöflich, und ich habe keine Entschuldigung dafür.“
    „Aber die haben Sie. Es geschieht nicht häufig, dass jemand ermordet wird, den man seit der Kindheit kennt.“
    In dem Moment wurden die Flügeltüren geöffnet, die auf die Terrasse führten, und ein frischer Luftzug ließ die Kerzen in den Leuchtern flackern. Alethea fröstelte, da es plötzlich merklich kühler geworden war.
    McHugh atmete tief ein, als wollte er seine Lungen von einem Gift reinigen. Ein neugieriger Ausdruck huschte über sein Gesicht, und er zog Alethea näher, als er begann, sich mit ihr im Kreis zu drehen. Sie spürte seinen warmen Atem an ihrem Hals. „Miss Lovejoy, ich muss Ihnen ein Kompliment zu Ihrem Parfüm machen.“
    „Vielen Dank, Mylord“, sagte sie und errötete.
    „Hat es einen Namen?“
    „Vent de Lis.“ Sie lächelte und dachte, dass McHugh nicht wie ein Mann wirkte, der auf das Parfüm einer Frau achtete.
    „Ah, ich wusste doch, dass der Duft von Lilien dabei war“, erwiderte er leise. „Ich glaube, in der letzten Zeit reagiere ich empfindlicher auf Düfte. Wenn man lange kein Licht hat und sich nicht bewegen kann, dann werden alle anderen Sinne geschärft. Ich lernte, Dinge zu schätzen, für die ich früher nichts übrig hatte.“
    Spielte er damit auf seine Gefangenschaft in Algier an? Sie blickte hinunter auf seine Hand, die ihre hielt. Erst jetzt bemerkte sie die Narben auf seinem Handrücken und fragte sich, woher sie stammten, traute sich aber nicht, ihn darauf anzusprechen. Sie konnte nur ahnen, welche Qualen er in jenem fernen Gefängnis durchlitten haben musste. Sie hatte gehört, wie Auberville, Travis und Lord Barrington sich flüsternd über Folter unterhalten hatten, über Entbehrungen und Einzelhaft. Gewiss hinterließen solche schmerzhaften Erfahrungen bei einem Mann tiefe Spuren.
    „Darf ich fragen, woher Sie es haben?“
    Seine Stimme unterbrach sie in ihren Gedanken.
    „Vent de Lis? Monsieur Le Blancs Parfümerie, Mylord.“
    „In der Oxford Street?“
    „Sie kennen sie?“
    „Ich habe sein Schild gesehen. Morgen werde ich dorthin gehen.“
    „Suchen Sie nach einem Geschenk, Mylord?“
    „Das kann man so sagen.“
    Sie verstand, dass es sich dabei um ein Geschenk für eine Frau handeln musste, und ärgerte sich, weil sie einen Anflug von Eifersucht verspürte. Sogleich bemühte sie sich darum, dieses Gefühl zu verdrängen. Würde sie nach einem Verehrer Ausschau halten, hätte sie Robert McHugh gemieden wie die Pest. Er hatte nichts von dem, was sie sich von einem Ehemann wünschen würde – angenehm im Umgang, berechenbar, sanft, höflich.
    Achselzuckend schenkte sie ihm ein keckes Lächeln. „Wenn ich Ihnen helfen kann, Mylord, müssen Sie nur fragen.“
    Es zuckte um seine Lippen. „Ich werde das Angebot nicht vergessen, Miss Lovejoy, und in Zukunft vielleicht darauf zurückkommen. In der sehr nahen Zukunft.“
    Als eine Windböe durch den Saal fegte, flackerten die Kerzen wieder, und die langen Vorhänge bauschten sich auf. Ein Murmeln wurde hörbar, und das Orchester verspielte sich. Glenross jedoch schien keinen Augenblick zu zögern. Mit amüsierter Miene tanzte er mit ihr an den Rand des Parketts.
    „Glauben Sie, jemand wird die Türen schließen, Miss Lovejoy?“
    „Eine zu einfache Lösung, Lord Glenross.“ Sie lachte und legte den Kopf zurück, um ihm in die Augen zu sehen. Dann überlief sie ein Schauer, und ihr stockte der Atem.
    Glenross’ Miene wurde ernst und sein Blick durchdringend. Neben einer der noch geschlossenen Flügeltüren blieb er stehen und ließ Aletheas Hand gerade lange genug los, um die Tür weit zu öffnen. Dann nahm er ganz unschuldig den Tanz wieder auf und drehte sich mit Alethea an der Tanzfläche entlang.
    „Was tun wir hier?“, fragte sie flüsternd.
    „Das Schicksal herausfordern“, flüsterte er zurück.
    Wieder erfasste eine kalte Brise die Vorhänge und wehte trockene Blätter von draußen herein. In einer dunklen Ecke weit weg vom Kamin hielt Glenross erneut inne, gerade als die Kerzen ein letztes Mal aufflackerten und dann erloschen. Alethea vermochte nur seinen Umriss zu erkennen, als Gelächter laut wurde und man sich zurief, was zu tun war. Das Orchester hörte mitten im Stück auf zu spielen.
    „Und das Schicksal hat die

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