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Der Lambertimord

Der Lambertimord

Titel: Der Lambertimord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnold Kuesters
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Kommt doch keiner mehr. Paß’ auf, daß du dir da draußen nicht den Tod holst.«
    Frank wollte schon fragen, wie Wilfried das gemeint hatte, ließ es aber bleiben und zog seine Jacke über. »Man sieht sich.«
    Leichtes Schneetreiben hatte eingesetzt. Sollte es wirklich weiße Weihnachten geben? Frank zweifelte daran. Diese Zeit schien am Niederrhein endgültig vorbei. Dazu hatte sich das Klima zu sehr verändert in den vergangenen Jahren. Er fühlte sich fast ein bißchen betrunken. Die drei Bier waren vielleicht doch zuviel gewesen. Er hatte Hunger, er überlegte kurz, ob er sich irgendwo noch eine Portion Fritten holen sollte, beließ es aber bei dem Gedanken. Er wollte nur noch kurz zu Josef und dann ab ins Bett.
    Um sich von seinem Hunger abzulenken, sah er sich auf dem Weg zur Spielhalle die Weihnachtsdekorationen in den Geschäften an. Bei der weihnachtlichen Straßenbeleuchtung und dem Schneetreiben verströmten die mit Weihnachtskugeln, Engeln und dicken roten Kerzen dekorierten Schaufenster tatsächlich so etwas wie Wärme. Was ein bißchen Licht doch ausmachen kann, dachte Frank.
    Am Kiepenkerl, der wie sein vierbeiniger Weggefährte in Bronze gegossen auf der Ecke zwischen Josef- und Biether Straße stand, mußte Frank kurz an sein Elternhaus denken, das Anfang der 70er Jahre der damals so umstrittenen Ortskernsanierung zum Opfer gefallen war. Er war sicher, daß diese Maßnahme von damals heute so nie durchgeführt würde. Er vermißte schmerzlich sein Elternhaus. Die Bagger hatten ihn damals ein Stück mit entwurzelt.
    Frank mußte sich erst an das Halbdunkel der Spielhalle gewöhnen. An den Wänden leuchteten grell und mit rhythmischem Blinken rund 20 verschiedene Geldspielautomaten. Einige machten mit immer den gleichen wiederkehrenden Geräuschen auf sich aufmerksam. Ihre Anzeigen versprachen dem Benutzer höchste Gewinnchancen. Andere zeigten stumm ihre bunten Glücksrollen. Vor jedem Automaten war ein Barhocker aufgestellt. Wände und Decken waren in einem dunklen Blau gestrichen. In einer Ecke stand ein Schießstand mit dem Blick auf düstere Fabrikhallen, in denen die Softwarehersteller als Appetithappen finstere muskelbepackte Typen in Tarnanzügen und mit schweren Waffen gegenseitig Jagd aufeinander machen ließen. In der Mitte des Raums waren zwei Rennsimulatoren aufgebaut, auf deren Bildschirmen verschiedene Rennstrecken abgebildet waren. Rechts hinten stand im Halbdunkel eine schwarz gestrichene Theke, hinter der Josef mit Abrechnungen beschäftigt war. Bis auf seinen Freund war die Spielhalle leer.
    »Kein gutes Wetter für Spieler? Hallo, Josef.« Frank zog einen der Barhocker zu sich und setze sich.
    »Das hat nicht nur was mit dem Wetter zu tun. Die Leute haben nicht mehr so viel Geld locker sitzen wie früher. Weißt du, die Spieler sind so was wie ein Barometer. Wenn es ihnen schlecht geht, dann geht es uns allen schlecht. Und uns geht es wirklich nicht berauschend.«
    Frank fand, daß sein Jugendfreund die allgemeine Stimmung im Land aus seiner Sicht nicht treffender hätte analysieren können.
    »Willst du einen Kaffee? Ich habe noch einen in der Kanne.«
    »Ich glaube, den kann ich wirklich gut gebrauchen. Auch auf die Gefahr, daß ich nachher nicht einschlafen kann. Sag’ mal, arbeitest du gerne hier?« Frank deutete mit dem Daumen hinter sich. »Ich könnte das Gedudel nicht den ganzen Tag ertragen, und immerzu im Halbdunkel arbeiten. Auch bei schönem Wetter nur grelle Daddelkisten statt Sonne. Das wäre nix für mich. Nee, ehrlich.«
    Josef hatte sich zur Kaffeemaschine herumgedreht und sah Frank über die Schulter an. »Von irgendwas muß der Mensch ja leben. Nee, ist schon in Ordnung. Seit ich nicht mehr auf dem Bau arbeiten kann, mache ich immer die Spätschicht. So habe ich über Tag frei. Ich habe mich längst daran gewöhnt. Außerdem brauche ich nicht soviel Schlaf.« Josef stellte die Tasse auf die Theke. »Die Gäste sind meist sowieso mit den Automaten beschäftigt und lassen mich in Ruhe. Höchstens, daß sie mal Geld wechseln oder einen Kaffee wollen. Hin und wieder auch mal ein Schwätzchen. Das reicht mir. Ich lebe gerne allein, na ja.« Josefließ offen, was er mit »na ja« meinen könnte.
    Frank rührte nachdenklich in seinem Kaffee. »Du hast ein paar Mal versucht, mich zu erreichen. Warum?«
    Josef sah ihn aufmerksam an. Seine Augen wirkten hinten den dicken Brillengläsern übergroß. Etwas unsicher nahm er ein Spültuch und wischte imaginären Schmutz

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