Der Lambertimord
den Hövel lachte höhnisch in Richtung des älteren Polen, der mit gesenktem Kopf im Raum stand. »Ich werde mir jemand anderen suchen, der mich nicht so hintergeht. Was habe ich nicht alles für ihn getan?« van der Hövel sah wieder Frank und Ecki an. »Ich habe ihm Kleider für seine ganze Familie besorgt. Meine Frau hat für ihn Pullover gestrickt. Wir haben ihm einen Kühlschrank, ein ganzes Schlafzimmer geschenkt. Und dazu den LKW geliehen, um die Sachen nach Polen schaffen zu können. Und jetzt hintergeht er mich. Man sollte sich nicht mit Polaken einlassen.« van den Hövel deutete mit dem Finger auf den jungen Polen. »Was hast du dreckiger Polak mit meiner Tochter gemacht?« van den Hövel war außer sich und kam hinter dem Schreibtisch hervor. Obwohl der junge Pole kein Wort verstanden hatte, war er bei van den Hövels Wutausbruch zusammengezuckt. Er sprang auf, um vor van den Hövel zurückzuweichen. Dabei stieß er gegen den Stuhl, der krachend zu Boden ging. Verwirrt sah er sich um. Sein Onkel, der hinter ihm stand, legte ihm beruhigend die Hände auf die Schultern. Der junge Mann zitterte.
Frank hielt van den Hövel mit einer Handbewegung zurück und sprach beruhigend den Vorarbeiter an. »Wir müssen Sie mitnehmen. Und Ihren Neffen. Das wissen Sie. Wir bringen Sie alle auf das Präsidium, dort werden wir uns weiter unterhalten. Sagen Sie Ihren Männern, daß sie sich bereithalten müssen. Warten Sie mit dem Jungen auf dem Hof.«
Frank berührte Jürgen Hofmann am Arm. »Bitte sorge dafür, daß niemand den Verschlag betritt. Die Spurensicherung muß sich dort dringend umsehen.«
»Hab ich mir schon gedacht. Bis nachher.«
Als die beiden Polen zusammen mit Jürgen Hofmann den Raum verlassen hatten, wurde Frank zu van den Hövel gewandt deutlich lauter. »Bei aller Verzweiflung über den Tod Ihrer Tochter: Sie sollten sich zusammenreißen. Was fällt Ihnen ein, so mit dem Mann zu reden? Noch geht es hier offenbar allein um einen möglichen illegalen Aufenthalt. Das werden meine Kollegen zusammen mit dem Ausländeramt klären. Niemand steht hier unter Mordverdacht. Niemand. Haben Sie mich verstanden? Noch nicht!«
Auf dem Weg nach draußen schüttelte Frank den Kopf. »Diese Scheinheiligkeit geht mir langsam auf den Geist. Der van den Hövel hat seine Polen bestimmt ausgebeutet. Da wird er die paar abgetragenen Klamotten und die Möbel schon verschmerzt haben, die er ihnen großzügigerweise überlassen hat. Wahrscheinlich wären die Sachen sowieso in der Kleidersammlung oder auf dem Sperrmüll gelandet. Und der Kerl spielt sich als Samariter auf. Den Kühlschrank hätte ich gerne mal gesehen. War bestimmt auch schon mehr als zwanzig Jahre alt.«
»Du magst van den Hövel wohl nicht?« Ecki zog den Reißverschluß seiner Cordjacke hoch. Gleichzeitig zog er Luft durch die Nase ein. »Ich glaube, ich werde noch krank.«
»Es geht nicht um Sympathie oder Antipathie. Nein, ich mag diese Doppelmoral nicht. Ausbeuten und dann noch Dankbarkeit erwarten.«
»Reg dich mal wieder ab. Sonst machst du am Ende van den Hövel noch für den Tod seiner Tochter verantwortlich.«
»Laß deine dummen Witze. Kümmere dich lieber um das Ausländeramt. Vielleicht kennen sie den jungen Polen. Und sieh zu, daß die Spurensicherung zu Potte kommt. Und Hofmann soll sich mit seinem Bericht beeilen.«
»Und was macht der große Kommissar? Arbeitet er noch selbst, oder hat er für den Rest der Ermittlungen auch seine Neger?« Ecki war stehengeblieben. »Wahrscheinlich. Da ist es ja geradezu ein Wunder, daß der große Meister noch selbst seine Negermusik spielt«, schob Ecki sauer hinterher.
Frank seufzte. »Wie witzig. Außerdem, Blues ist keine Negermusik. Das ist schwarze Musik. Musik, richtige Musik, verstehst du. Da steckt die ganze urwüchsige Kraft der Natur drin.«
»Genau. Wie in meinem Müsli.«
Frank konnte sich den Zusatz nicht verkneifen: »Und das ist was anderes als dein Schlagerschmalz? Hitparade der Volksmusik, oder wie der Scheiß heißt. Wo hat der Bohlen noch gesungen? Bei den Wildecker Herzbuben? Oder wars beim Naabtal Duo?«
Ecki mußte grinsen. »Schön, daß du Dieter Bohlen überhaupt kennst. Und die Wildecker Herzbuben. So langsam trägt meine Entwicklungshilfe Früchte. Aber ich erklär’s dir gerne noch einmal: Dieter Bohlen war ein Teil von Modern Talking. Die haben Millionen Platten verkauft. Außerdem hat er ein wirklich interessantes Buch geschrieben. Einen Bestseller. Vielleicht
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