Der Lambertimord
Hand hielt. Das Foto war offenbar schon vor einiger Zeit aufgenommen worden, denn die junge Frau hatte auf dem Bild längere Haare.
Ecki sah Frank an. »Sieh dir das an. Das sieht ja fast zärtlich aus.«
»Hast du Heike gemocht?«
»Eike?«
»Ja, Heike, die Tochter von Toni van den Hövel.«
»Sie ist tot«, fügte Ecki hinzu.
»Tot, tot?« Stanislaw schob das Foto mit einem kräftigen Stoß weit von sich. »Nix, tot, nix tot.«
»Doch, Heike van den Hövel wurde erschlagen.«
Der Pole sah die beiden fragend an.
Frank machte eine Bewegung, als wollte er seinem Kollegen mit einem imaginären Gegenstand den Schädel einschlagen.
Stanislaw griff nach seiner Wollmütze, die er auf seinem Schoß liegen hatte, und begann, kräftig den billigen Stoff zu kneten.
»Der weiß doch was«, meinte Ecki und beugte sich vor.
»Was hast du gemacht, Stanislaw?«
»Nix tot, nix tot.«
»Hast du der Tochter von Toni van den Hövel nachgestellt? Sie war eine schöne Frau, oder? Hast du sie beobachtet, von deinem Verschlag aus? Hat sie dich verrückt gemacht? Hast du ihr aufgelauert? Hat sich Heike gewehrt, als du sie küssen wollest? Hast du sie erschlagen, Stanislaw? Hast du Heike van den Hövel erschlagen? Rede endlich.«
Stanislaw war nach jedem Satz wie unter Peitschenhieben immer weiter in sich zusammengesunken.
»Hör auf, Ecki, das bringt doch nichts. Wir brauchen einen Dolmetscher. Und guck dir den Mann an, der ist doch völlig fertig. Der braucht erst mal Ruhe.« Frank öffnete die Türe und winkte den Beamten zu sich, der draußen gewartet hatte. »Bring ihn runter, Schuster. Und besorg’ ihm was zu essen. So nützt er uns überhaupt nichts. Wir brauchen einen Dolmetscher. Kannst du bitte gleich dafür sorgen, Schuster?«
Der Uniformierte nickte und zog Stanislaw von seinem Stuhl hoch. Widerstandslos ließ sich der unglückliche Pole wegbringen.
»Was meinst du, ist er unser Mann?« Ecki lehnte sich zurück.
»Ich weiß nicht. Kann sein. Nein, ich kann mir das schon gut vorstellen. So ein junger Kerl. Über Wochen im Versteck gehalten. Und die Männer um ihn herum werden auch nicht gerade nur über den Papst gesprochen haben. Das weckt Sehnsüchte und Begehrlichkeiten. Möglich ist da alles. Wer weiß, was er in Polen schon alles erlebt hat. Hast du die Zeitungsfotos in dem Verschlag gesehen? Lauter nackte Frauen aus den einschlägigen Zeitschriften. Und ein Foto von Sharon Stone. Das habe ich schon einmal irgendwo gesehen. Diese fast sphärische Stimmung in dem Foto. Irgendwo habe ich das schon einmal gesehen.«
»Wie auch immer, wir sollten uns auf jeden Fall noch einmal den Verschlag und die Schuppen auf dem Gelände von van den Hövel ansehen. Auch wenn die Spurensicherung bisher nicht viel gefunden hat.«
»Du hast recht.«
XXIII.
Klaus Vander zog an seiner Zigarette. Seit einer Stunde saß er nun schon in Böskes’ Mercedes. Trotz Böskes Bedenken und Jammern war er schließlich doch in dem Wagen seines Freundes zum verabredeten Treffpunkt gefahren. Was für ein Jammerlappen Böskes doch war, dachte Vander. Böskes tat zwar immer so abgekocht, aber in Wirklichkeit war er ein Weichei. Seine Kunden mochte Böskes mit seinem selbstbewußten Auftreten und seiner harten Verhandlungsführung ja noch beeindrucken, aber Vander hatte ihn längst durchschaut. War alles nur Masche. Dahinter verbarg sich nicht mehr als ein unsicheres und im Grunde bedauernswertes, armseliges kleines Würstchen, das sich nur dann stark fühlte, wenn er seine Frau unterdrücken konnte.
Wie oft hatte sich Christa schon bei ihm ausgeweint. Wenn Vander gewollt hätte, wäre Christa schon längst in seinem Bett gelandet. Er hätte nur den kleinen Finger heben brauchen. Aber er hatte kein Interesse an ihr. Nicht, weil sie die Frau seines Freundes war. Nein, sie war ihm einfach zu alt, verwelkt. Abgelebt. Wenn er sich Christa nackt vorstellte, sah er nur schlaffe Haut, grau und fleckig. Bei dem Gedanken mußte Vander sich schütteln.
Er drückte die Zigarette im Aschenbecher aus und steckte sich eine neue an. Dabei leuchtete sein Gesicht kurz im Rückspiegel auf. Vander beobachtete das gelbe Flackern auf seinen Wangen. Nein, dachte Vander. In Wahrheit war Böskes auch nicht sein Freund. Er war für ihn wichtig, um möglichst schnell und problemlos viel Geld zu verdienen und reich zu werden. Eine reine Geschäftsbeziehung. Aber das hatte er in all den Jahren geschickt kaschieren können. Böskes hatte seine Vertraulichkeit auf den
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