Der Landarzt (German Edition)
Sie in mein Leben gesät haben. Ja, Sie haben recht, eine erste Liebe erlischt nicht. Ich bin kein reines junges Mädchen mehr, ich könnte keine züchtige Gattin sein. Ich weiß also nicht, was mein Los sein wird. Sie sehen, mein Herr, das Jahr, das Sie ausgefüllt haben, wird lange in der Zukunft widerhallen; aber ich klage Sie nicht an ... Ich werde immer geliebt sein! Warum haben Sie mir das gesagt? Werden solche Worte eines armen einsamen Mädchens erregte Seele beruhigen? Haben Sie mich nicht schon für mein zukünftiges Leben zugrunde gerichtet, indem Sie mir Erinnerungen mitgaben, die stets wiederkehren werden? Wenn ich jetzt nur Jesus angehören kann, wird er ein zerrissenes Herz annehmen? Doch hat er mir solche Leiden nicht vergebens gesandt, er hat seine Gründe und wollte mich zweifelsohne zu sich rufen, er, der heute meine einzige Zuflucht ist. Es bleibt mir nichts auf dieser Welt, mein Herr. Um Ihren Kummer zu täuschen, steht Ihnen jedes, dem Manne natürliche Streben zu Gebot. Das ist kein Vorwurf, es ist eine Art frommer Trost. Ich glaube, wenn wir in diesem Augenblicke eine verwundende Last tragen, so habe ich den schwereren Teil davon. Der, auf den ich all meine Hoffnung gesetzt habe, und auf den Sie nicht eifersüchtig sein können, hat unser Leben zusammengeknüpft, er wird es nach seinem Willen lösen. Ich habe bemerkt, daß Ihre religiösen Meinungen nicht auf dem lebhaften und reinen Glauben ruhten, der uns unsere Leiden hienieden ertragen hilft. Wenn Gott die Wünsche eines beständigen und heißen Gebetes zu erhören geruht, wird er Ihnen, mein Herr, die Gnade seines Lichtes gewähren. Leben Sie wohl, der Sie mein Führer hätten sein sollen, Sie, den ich ohne mich zu vergehen »mein Lieber« habe nennen können, und für den ich ohne zu erröten noch beten kann. Gott verfüge nach seinem Willen über unsere Tage; er wird Sie als ersten von uns beiden zu sich rufen können; wenn ich aber allein auf der Welt bleiben sollte, dann, mein Herr, vertrauen Sie mir jenes Kind an.‹
Dieser Brief voll edelmütiger Gefühle täuschte meine Hoffnungen,« fuhr Benassis fort. »Darum hörte ich anfangs nur auf meinen Schmerz; später habe ich den Duft verspürt, den das junge Mädchen, indem sie sich selber vergaß, auf die Wunden meiner Seele zu träufeln versuchte. In der Verzweiflung aber schrieb ich ihr etwas hart:
›Mein Fräulein, diese beiden Worte sagen Ihnen, daß ich auf Sie verzichte und Ihnen gehorche! Ein Mann findet noch, ich weiß nicht was für eine schreckliche Süße darin, dem geliebten Wesen zu gehorchen, selbst wenn es ihm befiehlt, es zu verlassen. Sie haben recht und ich verdamme mich selber. Einst habe ich eines jungen Mädchens Aufopferung verkannt, heute muß meine heiße Liebe verkannt werden. Doch glaubte ich nicht, daß die einzige Frau, der ich meine Seele zum Geschenk gemacht hatte, die Vollziehung dieser Rache auf sich nähme. In einem Herzen, das mir so zärtlich und so liebend erschien, würde ich nimmer soviel Härte oder vielleicht Tugend vermutet haben. Eben habe ich die Tiefe meiner Liebe erkannt, sie hat dem unerhörtesten aller Schmerzen widerstanden: der Verachtung, die Sie mir damit bezeigen, daß Sie ohne Bedauern die Bande zerreißen, durch die wir vereint waren. Leben Sie wohl für immer. Ich wahre den demütigen Stolz der Reue und will einen Stand suchen, in welchem ich die Fehler auslöschen kann, denen gegenüber Sie, meine Dolmetscherin im Himmel, mitleidlos gewesen sind. Gott wird vielleicht minder grausam sein als Sie es sind. Meine Leiden, Leiden, die von Ihnen durchdrungen sind, sollen ein verwundetes Herz bestrafen, das immer in der Einsamkeit bluten wird; denn wunden Herzen ziemt Dunkel und Schweigen. Kein anderes Bildnis der Liebe wird sich fürder in meinem Herzen einprägen. Obwohl ich keine Frau bin, habe ich, als ich sagte: »Ich liebe dich!« gleich Ihnen verstanden, daß ich mich für mein Leben verpflichtete. Ja, diese vor »meiner Lieben« Ohren ausgesprochenen Worte sind keine Lüge gewesen; wenn ich anderen Sinnes werden könnte, würde sie recht haben mit Ihrer Verachtung; Sie werden also immer das Idol meiner Einsamkeit sein. Reue und Liebe sind zwei Tugenden, die alle anderen einflößen müssen; so werden Sie trotz der Abgründe, die uns trennen sollen, für immer der Urquell meiner Handlungen sein. Wiewohl Sie mein Herz mit Bitterkeit erfüllt haben, sollen sich keine bitteren Gedanken an Sie darin finden. Würde es nicht vom Uebel
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