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Der Landarzt (German Edition)

Der Landarzt (German Edition)

Titel: Der Landarzt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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kleidet und betreut sie, wie wenn sie ihre Kinder wären. Goguelat ist hier Landbriefträger bei der Post. In dieser Eigenschaft ist er der Neuigkeitsvermittler des Bezirks, und die Gewohnheit, sie zu erzählen, hat ihn zum Spinnstubenredner, zum anerkannten Erzähler gemacht; auch hält ihn Gondrin für einen Schöngeist, für einen Pfiffikus. Wenn Goguelat von Napoleon redet, scheint der Pontonier seine Worte an der bloßen Bewegung der Lippen zu erraten. Wenn sie heute abend zur Spinnstube kommen, die in einer meiner Scheunen stattfindet, wo wir sie sehen können, ohne gesehen zu werden, will ich Ihnen das Schauspiel dieser Szene geben. Doch wir sind hier bei dem Graben angelangt, und ich sehe meinen Freund Pontonier nicht.«
    Aufmerksam blickten der Arzt und der Major um sich, sie sahen nur Gondrins Schaufel, Hacke, Schubkarren und Militärrock bei einem schwarzen Dreckhaufen, aber keine Spur von dem Manne auf den verschiedenen steinigen Wegen, auf denen die Gewässer kamen, einer Art seltsamer Furchen, die fast alle von kleinem Strauchwerk beschattet wurden.
    »Er kann nicht weit fort sein. – Heda! Gondrin!« rief der Arzt.
    Genestas bemerkte nun Pfeifenrauch zwischen dem Blätterwerk, das eine Geröllablagerung bedeckte und wies den Arzt, der seinen Ruf wiederholte, mit dem Finger darauf hin. Bald zeigte der alte Pontonier seinen Kopf, erkannte den Bürgermeister und kam auf einem kleinen Pfade herunter.
    »Nun, mein Alter,« rief Benassis, der aus seiner flachen Hand eine Art Hörrohr machte, »hier ist ein Kamerad, ein Aegypter, der dich hat sehen wollen.«
    Gondrin hob sofort den Kopf nach Genestas hin und warf ihm den tiefen, forschenden Blick zu, den alte Soldaten durch die Gewohnheit, ihre Gefahren sofort abzuschätzen, sich zu erwerben gewußt haben. Nachdem er des Majors rotes Band gesehen hatte, führte er schweigend den Rücken seiner Hand an seine Stirn.
    »Wenn der kleine Geschorene noch lebte,« rief der Offizier ihm zu, »würdest du das Kreuz und eine schöne Pension haben; denn du hast allen, die Achselstücke tragen und sich am ersten Oktober 1812 auf der anderen Flußseite befunden haben, das Leben gerettet; doch, mein Freund,« fügte der Major absitzend und ihm die Hand in einer plötzlichen Aufwallung reichend, »ich bin nicht Kriegsminister.«
    Als er solche Worte hörte, nahm der alte Pontonier eine stramme Haltung an, nachdem er sorgsam die Asche aus seiner Pfeife geklopft und diese zu sich gesteckt hatte; dann sagte er, den Kopf neigend:
    »Ich habe nur meine Pflicht getan, Herr Offizier; doch in bezug auf mich haben die anderen nicht die ihrige getan. Sie haben mir meine Papiere abverlangt! ›Meine Papiere?‹ ... hab' ich ihnen gesagt, ›aber die sind ja das neunundzwanzigste Bulletin!‹«
    »Es muß neuerdings reklamiert werden, mein Kamerad. Mit Protektion wird dir heute ganz bestimmt dein Recht werden.«
    »Mein Recht!« rief der alte Pontonier mit einem Tone, der den Arzt und den Major erbeben machte.
    Es trat ein Augenblick des Schweigens ein, während dessen die beiden Reiter dieses Wrackstück der ehernen Soldaten, die Napoleon aus drei Generationen ausgesucht hatte, betrachteten. Sicherlich war Gondrin ein schönes Muster jener unzerstörbaren Masse, die zerschellte, ohne zu brechen. Dieser alte Mann war kaum fünf Fuß hoch, seine Brust und Schultern waren erstaunlich breit, sein sonnenverbranntes, von Furchen durchzogenes mageres, aber muskulöses Gesicht wies noch einige martialische Züge auf. Alles an ihm hatte einen rauhen Charakter; seine Stirn schien ein Stück Stein zu sein; seine spärlichen und grauen Haare fielen kraftlos zurück, wie wenn seinem müden Haupte schon das Leben fehle. Seine Arme, ebenso seine Brust, welche man teilweise durch die Oeffnung seines groben Hemdes sah, waren mit Haaren bedeckt und kündigten eine ungewöhnliche Kraft an. Endlich stand er auf seinen wie gedrechselten Beinen fest wie auf einem unerschütterlichen Grunde.
    »Recht?« wiederholte er, »wird's nie für unsereinen geben. Wir haben keine Gerichtsvollzieher, die unsere Forderungen eintreiben. Und da man sich den Pansen vollschlagen muß,« sagte er, sich auf den Magen klopfend, »haben wir keine Zeit zu warten. Da ich nun sah, daß die Worte der Leute, die ihr Leben damit hinbringen, sich in den Schreibstuben zu wärmen, nicht die Kraft der Gemüse besitzen, habe ich mich entschlossen, meinen Sold aus dem allgemeinen Fonds zu beziehen,« sagte er, mit seiner Hacke in den

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