Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der lange dunkle Fünfuhrtee der Seele

Titel: Der lange dunkle Fünfuhrtee der Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Adams
Vom Netzwerk:
waren wie Kissen am Himmel aufgetürmt. Der Lieferwagen setzte seine würdevolle Fahrt die Straße hinunter fort und war bald hinter deren weiteren Biegungen und Windungen verschwunden.
    Ein paar Minuten später tauchte ein gelber Citroën wesentlich weniger würdevoll zwischen den Toren auf. Er hievte seine schiefen Räder auf die Wölbung der Fahrbahn und machte sich in langsamem, doch mühsamem Tempo in dieselbe Richtung auf den Weg.
    Kate war völlig mit den Nerven fertig.
    Die letzten Minuten waren ziemlich unerfreulich gewesen. Standish war im günstigsten Falle ein Mann mit sonderbaren Manieren, aber nachdem sie dem Patienten namens Odwin begegnet waren, hatte er eine eindeutig feindliche Haltung angenommen. Es war die angsteinflößende Feindlichkeit von jemandem, der selbst Angst hat wovor, das wußte Kate nicht.
    Wer sie sei, hatte er zu wissen verlangt. Wie sie Alan Franklin habe eine Empfehlung abschwatzen können, einem respektierten Mann in der Branche? Wonach suche sie? Was - und das schien das Wichtigste zu sein - habe sie getan, um Mr. Odwins Mißfallen zu erregen?
    Sie hielt den Wagen wutschnaubend in der Spur, während er die Kurven mit beträchtlichen Schwierigkeiten und die geraden Strecken mit nur unerheblich geringeren nahm. Der Wagen hatte sie schon mal vor Gericht gebracht, als eines seiner Vorderräder sich allein auf eine kleine Expedition begeben und fast einen Unfall verursacht hatte. Der Zeuge der Polizei hatte bei der Verhandlung ihren geliebten Citroën als »das sogenannte Auto« bezeichnet, und der Name war dann haften geblieben. Ihr war das sogenannte Auto aus vielen Gründen besonders lieb. Wenn zum Beispiel eine seiner Türen abfiel, konnte sie sie selbst wieder einsetzen, was mehr ist, als man von einem BMW sagen könnte.
    Sie fragte sich, ob sie so blaß und erschöpft aussehe, wie sie sich fühlte, aber der Rückspiegel klapperte unter dem Sitz herum, und so blieb ihr die Information versagt.
    Standish selbst war bei der bloßen Vorstellung, jemand könne Mr. Odwin über den Weg laufen, ganz weiß und zittrig geworden und hatte Kates Versuche, zu bestreiten, daß sie überhaupt irgend etwas über ihn wußte, kurzerhand abgetan. Wenn das der Fall sei, hatte er von ihr wissen wollen, warum hatte dann Mr. Odwin klipp und klar gesagt, daß er sie kenne? Wolle sie Mr. Odwin bezichtigen, ein Lügner zu sein? Wenn ja, solle sie sich in acht nehmen.
    Kate hatte keine Ahnung. Das Zusammentreffen mit Mr. Odwin war ihr völlig unerklärlich. Aber sie mußte zugeben, daß der Mann ziemliche Ausstrahlung besaß. Wenn er einen anblickte, dann blieb man angeblickt. Aber unter dieser beunruhigenden Eigenschaft seines stetigen Blicks hatten sich unterschwellig einige noch beunruhigendere Dinge befunden. Sie waren noch beunruhigender, weil sie unterschwellige Angst und Schwäche waren.
    Und was dieses andere Wesen betraf...
    Zweifellos war es die Ursache der Meldungen, die in letzter Zeit in den noch extremer ekelhaften Teilen der Sensationspresse aufgetaucht waren, nämlich daß sich »Etwas Ekelhaftes in Woodshead« befinde. Die Meldungen waren natürlich beleidigend und kaltschnäuzig-gefühllos gewesen und waren von fast jedermann im Lande ignoriert worden, bis auf die ganz wenigen Millionen, die auf beleidigende und kaltschnäuzig-gefühllose Dinge scharf sind.
    Die Meldungen hatten behauptet, Leute in der Gegend seien von irgendeinem widerlich mißgestalteten »gnomenhaften« Wesen »terrorisiert« worden, das regelmäßig aus dem Woodshead Hospital ausbreche und eine beeindruckend breite Skala unaussprechlicher Taten begehe.
    Wie die meisten Leute hatte Kate angenommen, soweit sie überhaupt darüber nachgedacht hatte: was sich tatsächlich ereignet habe, sei, daß irgendein armer, verwirrter geisteskranker Patient aus dem Gelände herausspaziert war und ein paar vorbeikommende alte Damen erschreckt hatte, und die geifernden Zeilenschinder von Wapping hatten den Rest dazuerfunden. Jetzt war sie ein bißchen schwankender und ein bißchen weniger sicher.
    Er - es - hatte ihren Namen gekannt.
    Was sollte sie damit anfangen?
    Was sie erst einmal anfing, war, die falsche Abzweigung zu nehmen. In ihrer Zerstreutheit verpaßte sie die Abzweigung, die sie zur Hauptstraße zurück nach London gebracht hätte, und nun mußte sie sich überlegen, was sie tun sollte. Sie konnte einfach eine Dreipunktwendung machen und zurückfahren, aber es war lange her, seit sie zum letztenmal den Rückwärtsgang

Weitere Kostenlose Bücher