Der lange Traum vom Glück
ein Teil zumindest ist wirklich ganz leicht“. Natasha erhob sich, nahm Freddie das zerknüllte Taschentuch aus der Hand und tupfte ihr die Tränen von den Wangen. „Sei einfach du selbst. Bleib dir und deinem Herzen treu. Und übe Geduld“. Sie lachte, als Freddie die Augen verdrehte. „Ich weiß, du warst nie sehr geduldig. Trotzdem … warte ab, was passiert, wenn du einen Schritt zurück machst, anstatt ständig vorzupreschen. Wenn er von allein zu dir kommt, weißt du, dass du dein Ziel erreicht hast“.
„Geduld also“. Freddie seufzte schwer. „Na schön, ich werd’s versuchen“. Sie legte den Kopf schief. „Mama, bin ich eigentlich rechthaberisch?“
„Ein bisschen vielleicht“.
„Stur?“
Natasha verkniff sich ein Grinsen. „Etwas mehr als nur ein bisschen“.
Freddies Lippen zuckten. „Sind das nun Schwächen oder Tugenden?“
„Beides“. Natasha küsste sie auf die Nasenspitze. „Eine verliebte Frau muss etwas herrisch sein, und sie muss auch dickköpfig sein. Und jetzt geh und wasch dir das Gesicht. Du wirst dich jetzt schön machen – damit er so richtig leidet“.
„Eine großartige Idee“.
Nick beschloss seinen Groll zu vergessen. Weil es Yuris und Nadias Abend war, wollte er ihn nicht dadurch verderben, dass er Freddie schnitt. Sosehr sie es auch verdient haben mochte.
Und vielleicht, aber nur vielleicht, fühlte er sich ja auch ein klein bisschen schuldig. Besonders nachdem er nach unten gekommen war und gesehen hatte, wie viel Zeit und Arbeit sie investiert hatte, um die Bar festlich zu dekorieren. Wenn irgendjemand sich heute Mittag die Mühe gemacht hätte, ihn aufzuwecken, hätte er mit angepackt. Mit einem Fingerschnippen brachte er die weißen Hochzeitsglocken aus Spitze, die über der Bar hingen, zum Tanzen.
An Hochzeitsglocken hätte er nicht gedacht, das musste er einräumen. Ebenso wenig wie an die Körbe und Eimer mit Blumensträußen, die den Raum mit ihrem Duft erfüllten, oder die weißen Turteltäubchen, die von der Decke herabhingen, oder die eleganten Kerzen in den silbernen Leuchtern auf den Tischen.
Es musste sie eine Menge Zeit und Arbeit gekostet haben, diese Sachen zusammenzutragen. Deshalb hätte er vielleicht ein bisschen geduldiger mit ihr sein können, als er ihr vorgeworfen hatte, dass sie wie eine wild gewordene Hummel durch die Gegend schoss und mit ihren Gedanken so offensichtlich ganz woanders war.
Nun, jetzt hatte er ihr verziehen.
„He, Nick, hast du diese genialen Fleischbällchen schon probiert?“
Er drehte sich um und lächelte Brandon an. „Ich war drauf und dran, aber bei dem Versuch, mir zwei zu stibitzen, hat Rio mir fast die Hand abgehackt“.
„Mir nicht“. Mit einem triumphierenden Grinsen schob sich Brandon ein auf einen Zahnstocher aufgespießtes Fleischbällchen in den Mund. „Hast du schon Freddies irres Bett gesehen?“
„Ihr Bett?“ Schuldgefühl, Angst und geheime Lust ließen seine Stimme schärfer als beabsichtigt klingen. „Natürlich nicht. Warum?“
„Es ist der totale Wahnsinn, sag ich dir. Groß wie ein See“. Brandon setzte sich und wartete mit seinem gewinnendsten Lächeln auf. „Was ist mit einem Bier, Nick?“
„Nichts dagegen“.
„Ich meinte für mich“, beschwerte sich Brandon, als Nick sich ein Bier einschenkte.
„Klar, Kleiner, sicher. In deinem Traum“. Er klopfte Brandon belustigt auf die Schulter und wandte den Kopf, als die Tür aufging. Und war sehr froh, dass er bereits geschluckt hatte.
Natasha, Freddies Mutter, sah großartig aus, eine elegante Zigeunerin in schwingender roter Seide, aber Nicks Blick klebte an Freddie.
Sie sah aus wie in Mondlicht gehüllt. Er versuchte sich einzureden, dass das Kleid einfach nur grau wäre, aber der Stoff glitzerte wie mit Tausenden silbernen Lichtern bestickt. Es umschloss ihre zierliche Gestalt so eng wie ein Handschuh. Und die Art, wie ihr das üppige Haar gekonnt ungebärdig frisiert über die Schultern fiel, legte die Vermutung nahe, dass sie eben aus dem überdimensionalen Bett, von dem Brandon ihm erzählt hatte, gestiegen sei.
Natasha kam schnurstracks auf ihn zu, um ihn herzlich zu begrüßen, und Freddie rang sich ein distanziertes Lächeln ab, wobei sie es jedoch vermied, seinem Blick zu begegnen.
„Neuer Anzug?“, erkundigte sich Freddie, nur um etwas zu sagen und weil ihr klar geworden war, dass sie für mehrere Sekunden auf sein Revers gestarrt hatte. Das schwarze Jackett war erstklassig geschnitten und saß wie
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