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Der lange Weg nach Hause - The Long Road Home

Titel: Der lange Weg nach Hause - The Long Road Home Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danielle Steel
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in seine Obhut gab, sondern in ein Kloster steckte – zu fremden Leuten? Hätte ich das gewusst, wäre sie niemals meine Frau geworden. Mit einem Menschen, der zu so etwas fähig war, hätte ich nicht zusammenleben können. Die ganze Zeit glaubte ich, sie würde unter der Trennung von dir leiden. Deshalb schnitt ich dieses Thema nie an.«
    Eine beklemmende Geschichte, dachte Gabriella. Sowohl der Vater als auch die Mutter hatten alle Gedanken an die Tochter mitsamt der Vergangenheit begraben. Schließlich erzählte sie den Waterfords die ganze Wahrheit – von den grausamen Prügeln, die sie von der Mutter bekommen und die der Vater niemals verhindert hatte, von ihrem Aufenthalt in der Klinik, von grenzenlosem Hass und ungerechten Beschuldigungen.
    Als sie schwieg, rannen Tränen über ihre Wangen, Frank Waterford hielt ihre Hand, und Jane, seine schluchzende Frau, legte ihr einen Arm um die Schultern. Tief gerührt über die Güte der beiden, sagte sich Gabriella, dass ihre Mutter diesen Mann nicht verdient hatte. Der Preis, den er für sein kurzes Liebesglück bezahlt hatte, war viel zu hoch gewesen.
    »Ich wollte sie fragen, warum sie mich nie geliebt hat«, flüsterte Gabbie. Nun würde sie es nie mehr erfahren. Irgendwie hatte sie gehofft, die Mutter würde sie um Verzeihung bitten und beteuern, sie habe ihr Kind geliebt, sei aber unfähig gewesen, ihre Gefühle zu zeigen. Das wäre erträglicher gewesen als der nackte Hass, den sie zehn Jahre lang in Mommys dunklen Augen gelesen hatte.
    »Darauf gibt's eine ganz einfache Antwort, Gabriella«, erwiderte Frank. »Sie war unfähig, irgendjemanden zu lieben. Gewiss, über Tote soll man nicht schlecht reden – aber sie war durch und durch böse. In den ersten fünf Jahren unserer Ehe gab ich mir die Schuld an ihrem Verhalten und glaubte, ich hätte sie enttäuscht oder wäre nicht gut genug für sie. Doch dann merkte ich, dass es nichts mit mir zu tun hatte. Von da an fiel es mir etwas leichter, ihren niederträchtigen Charakter zu ertragen, und ich bemitleidete sie sogar. Was sie dir antat, ist unverzeihlich. Mit den Narben deiner Wunden wirst du bis zum Ende deiner Tage leben müssen. Nun musst du entscheiden, ob du ihr verzeihen kannst – oder ob du's einfach vergessen und ihr den Rücken kehren willst, so wie sie dir vor vierzehn Jahren. Aber was immer du beschließt – du musst dich von allen Schuldgefühlen befreien. Viele Menschen auf dieser Welt – außer deinen Eltern – hätten dich geliebt. Es war eben Pech, dass du ausgerechnet von diesen beiden gezeugt wurdest. Vielleicht findest du diese Erklärung zu simpel, aber ich glaube, sie trifft zu.« Wehmütig lächelte er Gabriella an. »Das ist die einzige Antwort, die ich dir geben kann. Deine Mutter besaß kein Herz. Sicher, sie war schön und anfangs amüsant. Aber ihr wahres Wesen kam sehr bald zum Vorschein. Und sie hat's bis zu ihrem letzten Atemzug voll ausgelebt – all ihre schlechten Eigenschaften. Mit dir hat es nichts zu tun. Du wurdest einfach nur zur falschen Zeit und am falschen Ort geboren. Oder du bist in die falsche Warteschlange geraten, als der liebe Gott den Babys die Elternpaare zugeteilt hat.«
    Ist es wirklich so einfach, fragte sich Gabriella. Jedenfalls klangen Frank Waterfords Argumente überzeugend. Mit ihr hing es nicht zusammen. Nur der Zufall, eine Laune des Schicksals, ein Zusammenprall zweier Planeten, die nicht gemeinsam existieren konnten – und sie war in der unausweichlichen Explosion gefangen gehalten worden. Während sie Frank Waterford zuhörte, verspürte sie einen seltsamen inneren Frieden. Nun hatte sie das Ende der Straße erreicht und konnte nach Hause zurückkehren. Ihre Odyssee hatte dreiundzwanzig Jahre gedauert. Sicher waren andere Menschen noch viel länger unterwegs. Tapfer und entschlossen hatte sie Antworten gesucht und schließlich gefunden. Und alle, die von ihrer seelischen Kraft überzeugt gewesen waren, hatten Recht behalten. Jetzt wusste sie, wie stark sie war, und die bösen Erinnerungen taten nicht mehr weh.
    Die Waterfords luden sie zum Dinner ein, und sie blieb sehr gern bei ihnen. Voller Bedauern überlegte sie, welch einen liebevollen Stiefvater sie in Frank gefunden hätte, und Jane gewann sofort ihre Zuneigung. Sie war verwitwet gewesen und seit drei Jahren seine Frau. Offensichtlich liebten sie sich sehr. Jane erzählte, als sie Frank zum ersten Mal begegnet sei, habe er – von seiner zweiten Ehe desillusioniert – alle Frauen

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