Der lange Weg zur Freiheit
würde, und ich konnte nur hoffen, daß sie auch so tapfer kämpfte.
Am Ende marschierte eine ziemliche abgerissene Militärkapelle, die von einem Mann namens Sudani geleitet wurde. Er war groß, gut gebaut, selbstsicher und schwarz wie die Nacht. Er schwang eine Art Zeremonienstab, und als wir ihn sahen, stand unsere ganze Gruppe auf, um zu klatschen und ihm zuzujubeln. Ich schaute mich um und sah, daß andere uns anstarrten, und begriff plötzlich, daß wir nur jubelten, weil dieser Mann ein Schwarzer war und schwarze Gesichter in Marokko ziemlich selten waren. Wieder einmal verblüffte mich die große Kraft des Nationalismus und der Ethnizität. Wir reagierten sofort, denn wir hatten das Gefühl, einen afrikanischen Bruder zu sehen. Später erzählten uns unsere Gastgeber, Sudani sei ein legendärer Soldat gewesen, der angeblich sogar allein eine ganze französische Einheit gefangengenommen hatte. Doch wir bejubelten ihn wegen seiner Hautfarbe, nicht wegen seiner Heldentaten.
Von Marokko flog ich über die Sahara nach Bamoka, der Hauptstadt von Mali, und dann weiter nach Guinea. Der Flug von Mali war mehr wie die Beförderung durch einen lokalen Bus als durch ein Flugzeug. Hühner liefen durch die Gänge, Frauen eilten mit Lasten auf den Köpfen hin und her und verkauften Beutel mit Erdnüssen und getrocknetem Gemüse. Das war Fliegen in demokratischem Stil, und ich bewunderte es sehr.
Mein nächster Halt war Sierra Leone, und als ich dort ankam, erfuhr ich, daß das Parlament gerade tagte, und beschloß, der Sitzung beizuwohnen. Ich trat ein wie jeder Tourist, und man wies mir einen Platz nicht weit vom Speaker zu. Der Clerk des Hauses näherte sich mir und forderte mich auf, mich auszuweisen. Ich flüsterte ihm zu: »Ich bin der Vertreter von Häuptling Luthuli von Südafrika.« Er schüttelte mir herzlich die Hand und berichtete dem Speaker. Dann erklärte der Clerk, ich habe versehentlich einen Sitz bekommen, den normalerweise Besucher nicht einnehmen könnten, doch in diesem Fall sei es eine Ehre für sie, eine Ausnahme zu machen.
Nach einer knappen Stunde trat eine Pause ein, und während ich zwischen Parlamentsmitgliedern und Würdenträgern stand und Tee trank, bildete sich vor mir eine Schlange, und ich sah zu meiner Verwunderung, daß sich das gesamte Parlament angestellt hatte, um mir die Hand zu schütteln. Ich fühlte mich hochbeglückt, bis der dritte oder vierte in der Reihe so etwas murmelte wie: »Es ist eine große Ehre, dem hochverehrten Häuptling Luthuli, dem Gewinner des Nobelpreises, die Hand zu schütteln.« Ich war ein Hochstapler! Der Clerk hatte mich mißverstanden. Ich wurde dann mit dem Ministerpräsidenten, Sir Milton Margai, bekannt gemacht, und der Clerk stellte mich als Häuptling Luthuli vor. Ich versuchte sofort, den Clerk zu informieren, daß ich nicht Luthuli sei, doch der wollte nichts davon wissen, und ich beschloß, im Interesse der Gastfreundschaft das Spiel fortzusetzen. Später traf ich den Präsidenten, erklärte ihm den Fall falsch verstandener Identität, und er bot mir großzügig materielle Unterstützung an.
In Liberia kam ich mit Präsident Tubman zusammen, der mir nicht nur 5000 Pfund für Waffen und Ausbildung versprach, sondern auch mit ruhiger Stimme fragte: »Haben Sie überhaupt Taschengeld?« Ich gestand, daß ich ein wenig knapp sei, und umgehend erschien ein Offizier mit einem Kuvert, das 400 Dollar in bar enthielt. Von Liberia reiste ich nach Ghana, wo ich Oliver traf und von Guineas Ministerpräsidenten Abdoulaye Diallo empfangen wurde. Als ich ihm erklärte, ich hätte Sekou Toure in Guinea nicht gesehen, traf er für uns Arrangements zur sofortigen Rückkehr in jenes dürre Land. Oliver und ich waren von Toure sehr beeindruckt. Er lebte in einem bescheidenen Bungalow und trug einen alten, verblichenen Anzug, dem eine Reinigung nicht geschadet hätte. Wir legten ihm unsere Sache dar, erläuterten die Geschichte von ANC und MK und baten um 5000 Dollar Unterstützung für den MK. Er hörte sehr aufmerksam zu und gab dann eine ziemlich formale Antwort. »Die Regierung und das Volk von Guinea«, sagte er, als halte er eine Rede, »unterstützen in vollem Maße den Kampf unserer Brüder in Südafrika, und wir haben bei den Vereinten Nationen entsprechende Erklärungen abgegeben.« Er trat zu einem Bücherregal und zog zwei seiner Bücher hervor, die er jeweils mit seinem Autogramm versah und Oliver und mir überreichte. Dann sagte er Dankeschön, und
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