Der lange Weg zur Freiheit
unterbringen konnte. Um dorthin zu gelangen, hatte man zwei unüberwindliche Mauern zu passieren, beide mit bewaffneten Wächtern besetzt; und drinnen mußten vier massive Tore aufgesperrt werden, bevor man in den Bereich gelangte, in dem ich gefangen gehalten wurde. In der Presse wurde darüber spekuliert, ob die Bewegung versuchen würde, mich zu befreien, und die Behörden taten ihr Äußerstes, um das zu verhindern.
Es hatte auch wilde Spekulationen in der Presse und innerhalb des ANC darüber gegeben, ob ich von jemandem in der Bewegung verraten worden sei. Ich wußte, daß manche G. R. Naidoo verdächtigten, meinen Gastgeber in Durban, ein Verdacht, den ich für unbegründet hielt. Die Presse posaunte die Vermutung hinaus, ich sei verraten worden von weißen und indischen Kommunisten, denen meine Anregung mißfallen habe, der ANC sollte sich mehr auf die Interessen der Afrikaner konzentrieren. Aber ich glaubte, daß solche Geschichten von der Regierung lanciert worden waren, um die Kongreßbewegung zu spalten, und ich sah darin eine üble Hinterhältigkeit. Später sprach ich darüber nicht nur mit Walter, Duma, Joe Slovo und Ahmed Kathrada, sondern auch mit Winnie, und ich war froh, daß sie alle meine Gefühle teilten. Winnie war eingeladen worden, die Jahreskonferenz des Indian Youth Congress von Transvaal zu eröffnen, und auf meinen Vorschlag hin widersprach sie allen besagten Gerüchten in aller Klarheit. Die Zeitungen waren voll von Beiträgen über ihre Schönheit und ihre Beredsamkeit. »Wir werden keine Zeit damit verschwenden, nach angeblichen Verrätern Mandelas zu suchen«, erklärte sie ihren Zuhörern. »Solche Propaganda soll bewirken, daß wir gegeneinander kämpfen, statt uns im Kampf gegen die Unterdrückung der Nationalisten zusammenzuschließen.«
Die am häufigsten kolportierte Geschichte war, ein amerikanischer Konsulatsbeamter mit Verbindungen zur CIA habe den Behörden Hinweise gegeben. Die Geschichte hat sich niemals bestätigt, und ich habe darüber nie irgendwelches zuverlässiges Beweismaterial gesehen. Obwohl die CIA verantwortlich gewesen ist für viele verachtenswerte Aktivitäten im Interesse des amerikanischen Imperialismus, kann ich ihm meine Festnahme nicht ankreiden. In Wahrheit war ich hinsichtlich der Geheimhaltung meiner Reisen und Aufenthalte leichtfertig gewesen. Rückblickend erkenne ich, daß die Behörden zahllose Möglichkeiten gehabt hatten, mich bei meiner Reise nach Durban ausfindig zu machen. Es war ein Wunder, daß ich nicht schon früher verhaftet worden war.
Ich verbrachte nur wenige Tage im Hospital des Forts, bevor ich nach Pretoria verlegt wurde. In Johannesburg hatte es in puncto Besuche keinerlei Beschränkungen gegeben, und ständig waren Menschen gekommen, um mich zu sehen. Besucher sind wichtig für die Stimmung des Häftlings, und ihr Ausbleiben kann entmutigend sein. Mit meiner Verlegung nach Pretoria wollten die Behörden mich aus heimatlichen Gefilden an einen Ort schaffen, wo weniger Freunde bei mir vorbeischauen würden.
Man legte mir Handschellen an, und zusammen mit einem anderen Häftling wurde ich in einem alten Polizeitransporter nach Pretoria gebracht. Das Innere des Fahrzeugs war schmutzig, und wir saßen auf einem schmierigen Reservereifen, der hin- und herrutschte, während der Wagen in Richtung Pretoria rumpelte. Die Wahl des Mitreisenden war sonderbar: Er hieß Nkadimeng und war Mitglied einer der gefährlichsten Gangs von Soweto. Normalerweise ließen die Beamten einen politischen Gefangenen nicht mit einem gewöhnlichen Kriminellen im selben Fahrzeug transportieren, doch ich vermute, man hoffte, Nkadimeng, vermutlich ein Polizeispitzel, werde mich einschüchtern. Als wir das Gefängnis erreichten, war ich schmutzig und verärgert, und meine Gereiztheit steigerte sich noch, als man mich zusammen mit diesem Burschen in eine Einzelzelle legte. Ich verlangte – und erhielt schließlich auch – einen separaten Raum, so daß ich meinen Fall vorbereiten konnte.
Ich durfte jetzt nur zweimal in der Woche Besucher empfangen. Trotz der Entfernung kam Winnie zweimal die Woche und brachte immer frische Wäsche und köstliche Nahrung mit. Auch auf diese Weise bewies sie mir ihre Unterstützung, und jedesmal, wenn ich ein frisches Hemd anzog, spürte ich ihre Liebe und Hingabe. Es war mir klar, wie schwierig es sein mußte, zweimal in der Woche tagsüber nach Pretoria zu reisen, mit zwei kleinen Kindern daheim. Ich wurde auch von
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