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Der lange Weg zur Freiheit

Der lange Weg zur Freiheit

Titel: Der lange Weg zur Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nelson Mandela
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wenn Du bereit wärst, dieses Amt zu übernehmen als Ausgleich für die weniger ehrenhaften Positionen, die Du in der Vergangenheit bekleidet hast.«
     
    Postwendend schickte ich Jimmy eine Antwort.
    »Ich wäre mehr als entzückt, und die Ehre ist bei mir, nicht beim Baby. Jetzt wagen sie nicht, mich zu hängen.«
     
     
    DerStaatsanwalt trug die Anklage bis über die Weihnachtszeit des Jahres 1963 vor und schloß sie am 29. Februar 1964 ab. Wir hatten kaum mehr als einen Monat, um das Beweismaterial zu prüfen und unsere Verteidigung vorzubereiten. Wir waren nicht alle in gleicher Weise von dem Material betroffen. Gegen James Kantor lagen überhaupt keine Beweise vor; er war nicht einmal Mitglied unserer Organisation und hätte gar nicht auf die Anklagebank gehört. Was Rusty Bernstein, Raymond Mhlaba und Ahmed Kathrada betraf, so waren die Beweise für ihre Beteiligung an einer Verschwörung schwach, und wir beschlossen, sie sollten sich nicht selbst belasten. In Rustys Fall waren die Beweise kaum von Gewicht; man hatte ihn in Rivonia bei den anderen angetroffen, mehr nicht. Die übrigen sechs würden sich in bestimmten Punkten für schuldig erklären.
    Bram war tief pessimistisch. Er meinte, selbst wenn wir bewiesen, daß der Guerillakrieg nicht gebilligt worden sei und unsere Sabotagepolitik nicht darauf abzielte, Menschenleben zu gefährden, könne der Staat trotzdem die Todesstrafe gegen uns erwirken. Das Verteidiger-Team war geteilter Meinung, ob wir aussagen sollten oder nicht. Einige gaben zu bedenken, falls wir aussagten, würden wir unserer Sache schaden. George Bizos dagegen meinte, falls wir keine Beweise vorlegten und den Richter nicht davon überzeugten, daß wir uns nicht zum Guerillakrieg entschlossen hätten, so würde er ohne Zweifel die Höchststrafe über uns verhängen.
    Von Anfang an hatten wir klargemacht, daß es nicht unsere Absicht war, den Prozeß als rechtlichen Testfall zu benutzen, sondern als Plattform für unsere Überzeugungen. Wir leugneten beispielsweise nicht, daß wir für Sabotageakte verantwortlich gewesen waren. Wir leugneten nicht, daß eine Gruppe der Gewaltlosigkeit abgeschworen hatte. Uns kümmerte nicht, ob wir freigesprochen würden oder ob wir ein geringeres Strafmaß bekämen; sondern wichtig war, daß der Prozeß unsere Sache stärkte, für die wir alle kämpften, ungeachtet dessen, was uns das kostete. Wir verteidigten uns weniger im juristischen Sinne als im moralischen. Wir sahen den Prozeß als Fortsetzung des Kampfes mit anderen Mitteln. Bereitwillig gaben wir zu, was der Staat wirklich wußte, doch wir weigerten uns, irgendwelche Informationen zu geben, wenn wir glaubten, sie könnten andere mit hineinziehen.
    Wir widersprachen dem zentralen Vorwurf des Staates, wir hätten einen Guerillakrieg angefangen. Wir räumten ein, daß wir vorsorglich Pläne für den Guerillakrieg entworfen hätten für den Fall, daß die Sabotagepolitik ein Fehlschlag wäre. Doch wir beharrten darauf, die Politik sei noch nicht gescheitert, denn sie sei noch nicht genügend erprobt worden. Die vom Staat erhobenen Anschuldigungen des Mordes und der Verletzung Unschuldiger wiesen wir zurück; entweder seien sie glatte Lügen, oder die Taten seien von anderen begangen worden. Wir hätten niemals die Intervention ausländischer Militärstreitkräfte in Erwägung gezogen. Zur Bekräftigung unserer Behauptungen glaubten wir, dem Gericht die Operation Mayibuye erklären zu sollen.
    In meinem eigenen Fall hatte das Gericht ausreichende Beweise für eine Verurteilung. Dokumente in meiner Handschrift ließen erkennen, daß ich das Land illegal verlassen, daß ich für die militärische Ausbildung unserer Männer gesorgt und daß ich die Bildung von Umkhonto We Sizwe betrieben hatte. Es gab auch ein von mir geschriebenes Dokument mit dem Titel »Wie man ein guter Kommunist wird«, und damit glaubte der Staat den Beweis dafür zu haben, daß ich ein eingetragenes Mitglied der Kommunistischen Partei war. In Wirklichkeit stammte der Titel des Dokuments aus dem Werk eines chinesischen Theoretikers namens Liu Shao Chi, und ich hatte es niedergeschrieben, um Moses Kotane etwas bestimmtes nachzuweisen. Wir hatten ständig über die Anziehungskraft des Kommunismus auf gewöhnliche Südafrikaner debattiert. Ich hatte lange Zeit behauptet, die kommunistische Literatur sei zum größten Teil langweilig, esoterisch und westlich ausgerichtet, sollte aber einfacher, klarer und für die afrikanischen Massen

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