Der lange Weg zur Freiheit
Tatsache, daß die Menschen seit langer Zeit von Gewalt sprechen – und von dem Tag, da sie den Kampf gegen den weißen Mann aufnehmen und ihr Land zurückgewinnen werden. Und wir, die Führer des ANC, haben dennoch unentwegt auf sie Einfluß zu nehmen versucht, Gewalt zu vermeiden und sich an friedliche Mittel zu halten. Während einige von uns im Mai und Juni 1961 darüber diskutierten, ließ sich nicht mehr bestreiten, daß unsere Politik, einen nichtrassischen Staat durch Gewaltlosigkeit herzustellen, so gut wie nichts erreicht hat und daß unsere Anhänger begannen, das Vertrauen in diese Politik zu verlieren, und erschreckenden Gedanken an Terrorismus nachgingen.
Umkhonto wurde im November 1961 gebildet. Als wir diesen Beschluß faßten und anschließend unsere Pläne formulierten, war das ANC-Erbe der Gewaltlosigkeit und der rassischen Harmonie stets unser Begleiter. Wir befürchteten, das Land könne in einen Bürgerkrieg taumeln, in dem Schwarze und Weiße einander bekämpften. Wir betrachteten die Situation mit großer Sorge. Bürgerkrieg würde die Zerstörung all dessen bedeuten, wofür der ANC stand; mit Bürgerkrieg würde der Rassenfriede noch schwerer als je zuvor erreichbar sein. Wir haben für die Folgen von Kriegen bereits Beispiele in der südafrikanischen Geschichte. Es bedurfte mehr als 50 Jahre, bis die Wunden des Südafrikanischen Krieges, des Burenkrieges geheilt waren. Wieviel länger würde es dauern, die Wunden eines interrassischen Bürgerkrieges zu schließen, eines Krieges, der auf beiden Seiten hohe Verluste fordern würde.«
Sabotage, so erklärte ich, kann am meisten für die Herstellung künftiger rassischer Beziehungen leisten. Die ersten Reaktionen der weißen Regierung seien sofort und brutal erfolgt: Sabotage sei zu einem Verbrechen erklärt worden, das mit der Todesstrafe bedroht werde. Wir wollten keinen Bürgerkrieg, rief ich aus, doch wir müßten darauf vorbereitet sein.
»Erfahrung hat uns gelehrt, daß Rebellion der Regierung schrankenlose Gelegenheiten bieten würde, unser Volk rücksichtslos abzuschlachten. Doch gerade die Tatsache, daß die Erde Südafrikas bereits getränkt ist vom Blut unschuldiger Afrikaner, ist der Grund dafür, daß wir es als unsere Pflicht empfinden, auf lange Sicht Vorbereitungen zu treffen, Gewalt einzusetzen, um uns gegen Gewalt verteidigen zu können. Sollte Krieg unvermeidlich sein, so wollen wir unter den für unser Volk günstigsten Bedingungen kämpfen. Der Kampf, der uns am aussichtsreichsten erschien und der das geringste Risiko für Leib und Leben auf beiden Seiten bedeutet, ist der Guerillakrieg. Deshalb beschlossen wir, bei unseren Vorbereitungen auf die Zukunft die Möglichkeit eines Guerillakrieges einzukalkulieren.
Alle Weißen müssen sich einer militärischen Ausbildung unterziehen, Afrikaner hingegen haben eine solche Ausbildung niemals erhalten. Aus unserer Sicht war es wesentlich, eine Kerngruppe ausgebildeter Männer zusammenzustellen, die in der Lage sein würde, die Führung zu stellen, die notwendig sein würde für den Fall eines Guerillakrieges. Wir mußten uns auf eine solche Situation vorbereiten, bevor es zu spät war, angemessene Vorkehrungen zu treffen.«
In dieser Phase unserer Diskussion habe ich das Land verlassen, erklärte ich, um an der PAFMECSA-Konferenz teilzunehmen und mich einer militärischen Schulung zu unterziehen, um für den Fall eines Guerillakrieges meinen Mann stehen und an der Seite meiner Leute kämpfen zu können. Trotzdem glaubte ich, daß die Möglichkeiten der Sabotage noch längst nicht ausgeschöpft seien und mit aller Macht weiterverfolgt werden sollten.
Ich erläuterte dem Gericht die Trennlinie zwischen ANC und MK, und wie wir voller Vertrauen versuchten, beide voneinander getrennt zu halten. Dies sei unsere Politik, doch in der Praxis sei sie nicht so einfach zu realisieren. Wegen der Bannungen und Inhaftierungen müßten wir häufig in beiden Organisationen arbeiten. Obwohl so manchmal die Unterschiede verwischt worden seien, so seien sie doch keinesfalls beseitigt. Ich widersprach der Behauptung des Staatsanwalts, Zielsetzungen und Ziele des ANC und der Kommunistischen Partei seien ein und dieselben.
»Das ideologische Bekenntnis des ANC ist das Bekenntnis des afrikanischen Nationalismus und ist es stets gewesen. Es ist nicht das Konzept des afrikanischen Nationalismus, wie er sich in dem Schrei ausdrückt: ›Treibt den weißen Mann ins Meer.‹ Der afrikanische
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