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Der lange Weg zur Freiheit

Der lange Weg zur Freiheit

Titel: Der lange Weg zur Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nelson Mandela
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habe.
    »Das soll bestritten werden?« fragte Richter de Wet ungläubig.
    »Das wird bestritten werden«, erwiderte Bram. »Das Beweismaterial wird zeigen: Obwohl Vorbereitungen für den Guerillakrieg getroffen wurden, wurde niemals irgendein Plan angenommen. Man hoffte bis zuletzt, ein solcher Schritt könne vermieden werden.«
    Dann sagte Bram mit seiner sanften Stimme: »Die Verteidigung, my Lord, wird beginnen mit einer Erklärung aus der Anklagebank, und sie wird abgegeben vom Angeklagten Nummer eins, der persönlich an der Bildung des Umkhonto teilnahm und der das Gericht über die Anfänge jener Organisation informieren kann.«
    An diesem Punkt sprang Yutar vom Tisch auf und schrie: »My Lord! My Lord!« Er war völlig verwirrt, daß ich nicht aussagen würde, denn er hatte sich ohne Zweifel eingehend auf mein Kreuzverhör vorbereitet. »My Lord«, sagte er ziemlich niedergeschlagen, »eine Erklärung von der Anklagebank hat nicht das gleiche Gewicht wie eine Aussage unter Eid.«
    »Ich glaube, Dr. Yutar«, erwiderte Richter de Wet trocken, »daß die Verteidiger über ausreichend Erfahrung verfügen, um ihre Klienten auch ohne Ihre Hilfe beraten zu können.« Yutar setzte sich. »Weder wir noch unsere Klienten sind in Unkenntnis der strafrechtlichen Bestimmungen«, entgegnete Bram. »Ich rufe Nelson Mandela auf.«
    Ich erhob mich, schaute in den Gerichtssaal und begann langsam zu lesen.
    »Ich bin der erste Angeklagte.
    Ich habe einen Bachelor’s degree in Arts und habe eine Reihe von Jahren in Johannesburg als Anwalt praktiziert, als Partner von Mr. Oliver Tambo. Ich bin ein verurteilter Häftling und sitze eine fünfjährige Haftstrafe ab, wegen Verlassen des Landes ohne Genehmigung und wegen Anstiftung zum Streik Ende Mai 1961.
    Ich räume sofort ein, daß ich eine der Personen war, die an der Bildung von Umkhonto We Sizwe beteiligt war, und daß ich eine prominente Rolle bei ihren Angelegenheiten gespielt habe, bis ich im August 1962 verhaftet wurde.
    Gleich zu Anfang möchte ich feststellen, daß die vom Staatsanwalt in seiner Eröffnung aufgestellte Behauptung, der Kampf in Südafrika stehe unter dem Einfluß von Ausländern oder Kommunisten, völlig inkorrekt ist. Was immer ich getan habe, ich habe es sowohl als Individuum wie als Führer meines Volkes aufgrund meiner Erfahrungen in Südafrika und meiner mit Stolz empfundenen afrikanischen Herkunft getan, und nicht weil irgendein Außenstehender es mir gesagt hat.
    In meiner Jugend in der Transkei hörte ich, wie die Ältesten meines Stammes Geschichten aus alten Zeiten erzählten. Unter den Geschichten, die sie mir vermittelten, waren auch solche von Kriegen, die unsere Vorfahren zur Verteidigung des Vaterlandes gekämpft haben. Die Namen von Dingane und Bambatha, Hintsa und Makanna, Squngthi und Dalasile, Moshoeshoe und Sekhukhuni wurden gepriesen als Stolz und Ruhm der gesamten afrikanischen Nation. Ich hoffte damals, mein Leben werde mir die Gelegenheit geben, meinem Volk zu dienen und meinen eigenen bescheidenen Beitrag zu seinem Freiheitskampf leisten zu können. Das hat mich motiviert bei allem, was ich hinsichtlich der in diesem Fall gegen mich vorgebrachten Anklagen getan habe.
    Nachdem dies gesagt ist, muß ich mich sofort und in einiger Ausführlichkeit der Frage der Gewalt zuwenden. Manches, was bisher vor Gericht zur Sprache gekommen ist, ist wahr, anderes nicht. Ich bestreite jedoch nicht, daß ich Sabotageakte plante. Ich plante sie nicht im Geist der Rücksichtslosigkeit, oder weil ich Gewalt liebe. Ich plante sie als Ergebnis einer ruhigen und nüchternen Einschätzung der politischen Situation, die nach vielen Jahren der Tyrannei, Ausbeutung und Unterdrückung meines Volkes durch die Weißen entstanden war.«
    Ich wollte dem Gericht nachdrücklich klarmachen, daß wir nicht unverantwortlich oder ohne Gedanken an die Folgerungen gehandelt hätten, die sich aus Gewaltaktionen ergeben können. Besondere Betonung legte ich auf unseren Beschluß, keinem Menschen Leid zufügen zu wollen.
     
    »Wir vom ANC haben uns immer für eine nichtrassische Demokratie eingesetzt und schreckten vor jeder Aktion zurück, welche die Rassen noch weiter auseinandertreiben könnte, als sie es ohnehin schon sind. Doch es ist ein hartes Faktum, daß 50 Jahre der Gewaltlosigkeit dem afrikanischen Volk nur eine noch repressivere Gesetzgebung und immer weniger Rechte eingebracht haben. Es mag für dieses Gericht nicht leicht sein, dies zu verstehen, doch es ist

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