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Der lange Weg zur Freiheit

Der lange Weg zur Freiheit

Titel: Der lange Weg zur Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nelson Mandela
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noch härter an. »Nee, man! Kom aan! Kom aan!« (»Nein, Mann! Komm schon! Komm schon!«) Kurz vor der Mittagspause schoben wir den Kalk auf Schubkarren zum Lastwagen, der ihn davonfuhr.
    Zur Mittagszeit ertönte eine Pfeife, und dann marschierten wir zum Fuß des Hügels. Wir saßen auf Behelfssitzen unter einem einfachen Zinkdach, das vor der Sonne schützte. Die Aufseher aßen bei einem größeren Schuppen und hatten Tische und Bänke. Bottiche mit gekochten Mealies wurden herangeschafft.
    Wir arbeiteten bis vier und karrten den Kalk wieder zum wartenden Lastwagen. Gegen Ende des Tages waren unsere Gesichter von weißem Staub bedeckt. Wir sahen aus wie fahle Geister, außer an jenen Stellen, wo Bäche von Schweiß den Kalk weggewischt hatten. Wenn wir in unsere Zellen zurückkehrten, schrubbten wir uns in kaltem Wasser, das den Staub niemals vollständig zu entfernen schien.
     
     
    Schlimmer als die Hitze im Steinbruch war das Licht. Unsere Rücken waren gegen die Sonne durch Hemden geschützt, doch die Sonnenstrahlen wurden vom Kalk in unsere Augen reflektiert. Das Licht war so grell, daß uns die Augen schmerzten, und machte zusammen mit dem Staub das Sehen schwer. Die Augen tränten, unsere Gesichter bekamen wegen der ständig zusammengekniffenen Augen einen starren Ausdruck. Jeden Tag dauerte es nach der Arbeit lange, bis sich unsere Augen wieder an das dunklere Licht gewöhnt hatten.
    Nach unseren ersten Tagen im Steinbruch stellten wir offiziell einen Antrag auf Sonnenbrillen. Die Behörden lehnten ab. Unerwartet kam das nicht, denn uns wurden nicht einmal Lesebrillen bewilligt. Zuvor hatte ich den Commanding Officer darauf hingewiesen, daß es keinen Sinn ergebe, uns Bücher, jedoch keine Brillen zum Lesen zu genehmigen.
    Während der folgenden Wochen und Monate beantragten wir immer wieder Sonnenbrillen. Doch wir brauchten fast drei Jahre, bevor man sie uns genehmigte, und das auch erst, nachdem ein freundlicher Arzt erklärt hatte, die Brillen seien notwendig, um unser Augenlicht zu erhalten. Selbst dann mußten wir die Brillen selbst kaufen.
    Für uns waren solche Kämpfe – um Sonnenbrillen, lange Hosen, Studienprivilegien, gleiche Kost – Zugaben zu dem Kampf, den wir außerhalb des Gefängnisses führten. Der Kampf für verbesserte Bedingungen im Gefängnis war Teil des Kampfes gegen die Apartheid. In diesem Sinn war alles gleich. Wir bekämpften die Ungerechtigkeit, wo immer wir sie antrafen, gleich, wie groß oder klein sie war, und wir bekämpften die Ungerechtigkeit, um unsere Menschlichkeit zu bewahren.
    Kurz nach Aufnahme der Arbeit im Steinbruch kam zu uns in Sektion B eine Anzahl weiterer prominenter politischer Gefangener. Einige waren MK-Leute; sie waren im Juli 1964 verhaftet und aufgrund von über 50 Sabotageakten im sogenannten »kleinen Rivonia-Prozeß« verurteilt worden. Zu ihnen gehörten Mac Maharaj, Mitglied des SACP und einer der schärfsten Streiter im Kampf, Laloo Chiba, Mitglied des MK-Oberkommandos und treuer Gefährte, der sich im Gefängnis als große Stütze erwies, und Wilton Mkwayi, jener Angeklagte im Hochverratsprozeß, den man 1960 in Augenblicken der Verwirrung aufgrund des Ausnahmezustands irrtümlich hatte laufenlassen. Er hatte Südafrika heimlich verlassen, militärische Ausbildung erhalten und war nach dem Rivonia-Prozeß Oberbefehlshaber des MK geworden. Auch Eddie Daniels kam zu uns, farbiges Mitglied der Liberal Party, der aufgrund von Sabotageoperationen verurteilt worden war, welche die African Resistance Movement, eine kleine Sabotagegruppe, die aus Mitgliedern der Liberal Party bestand, begangen hatte. Eddie sollte im Gefängnis einer meiner besten Freunde werden.
    Um den Einfluß dieser neuen politischen Verbündeten zu neutralisieren, verlegten die Behörden noch eine Handvoll gewöhnlicher Gefangener in unseren Zellenabschnitt. Diese Männer waren abgebrühte Kriminelle, verurteilt wegen Mord, Vergewaltigung und bewaffnetem Raubüberfall. Sie gehörten zu den berüchtigten Verbrechergangs der Insel, entweder zu den »Big Fives« oder den »Twenty-Eights«, die andere Gefangene terrorisierten. Sie waren muskulös und rauhbeinig, und ihre Gesichter trugen die Narben von Messerkämpfen, die zwischen Bandenmitgliedern an der Tagesordnung waren. Ihre Rolle war die von Agents provocateurs, und sie versuchten uns herumzustoßen, uns das Essen wegzunehmen und jede unserer politischen Diskussionen von vornherein zu unterbinden. Einer dieser Burschen wurde

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