Der lange Weg zur Freiheit
Argument, doch die vorherrschende Ansicht, der ich zustimmte, war, die Beschneidung sei ein kulturelle les Ritual, das nicht nur gesundheitlichen Nutzen habe, sondern auch einen bedeutsamen psychologischen Effekt. Sie war ein Ritus, der die Identifizierung mit der Gruppe stärkte und positive Werte einprägte.
Die Debatte wurde über Jahre geführt, und eine Anzahl der Männer stimmte zugunsten der Beschneidung auf eine ganz direkte Weise. Ein Gefangener, der im Krankenhaus arbeitete und zuvor als »Ingcibi« praktiziert hatte, richtete eine geheime Beschneidungsschule ein, und dort wurden etliche der jüngeren Gefangenen aus unserem Block beschnitten. Danach veranstalteten wir eine kleine Feier mit Tee und Gebäck für die Männer, und sie liefen, wie es Brauch war, ein oder zwei Tage in Decken gehüllt umher.
Ein Thema, dem wir uns wieder und wieder widmeten, war die Frage, ob es in Afrika Tiger gebe. Einige erklärten, auch wenn im allgemeinen angenommen werde, in Afrika lebten Tiger, so sei dies doch ein Mythos, denn Tiger lebten nur in Asien und auf dem indischen Subkontinent. Afrika habe Leoparden in Hülle und Fülle, jedoch keine Tiger. Die andere Seite behauptete, mit eigenen Augen in den afrikanischen Dschungeln diese stärkste und schönste Katze gesehen zu haben.
Ich erklärte, auch wenn im heutigen Afrika keine Tiger anzutreffen seien, so gebe es doch ein Xhosa-Wort für Tiger, ein von dem Wort für Leoparden unterscheidbares Wort, und wenn in unserer Sprache dieses Wort existierte, dann müsse das Tier einst in Afrika gelebt haben. Warum sollte es sonst einen Namen dafür geben? Dieses Argument machte immer wieder die Runde, und ich erinnere mich, daß Mac einmal erklärte, Hunderte von Jahren zuvor habe es ein Hindi-Wort für ein Gerät gegeben, das fliegen könne, lange bevor das Flugzeug erfunden wurde. Das bedeute jedoch nicht, daß im alten Indien Flugzeuge existiert hätten.
»Zithulele«,der Ruhige, so nannten wir den toleranten, leise sprechenden Aufseher, dessen Aufgabe es war, uns bei der Arbeit im Steinbruch zu beaufsichtigen. Er stand üblicherweise in großer Entfernung von uns, während wir arbeiteten, und schien sich nicht um uns zu kümmern, solange wir uns ordentlich verhielten. Er kritisierte uns nie, wenn er entdeckte, daß wir auf unseren Spaten lehnten und miteinander sprachen.
Wir revanchierten uns mit Freundlichkeit. Eines Tages im Jahre 1966 kam er zu uns und sagte: »Gentlemen, der Regen hat die Linien auf den Straßen weggewaschen. Wir brauchen 20 Kilo Kalk heute. Können Sie uns helfen?« Obgleich wir zu der damaligen Zeit nur wenig arbeiteten, willigten wir ein, ihm zu helfen, da er uns wie menschliche Wesen behandelt hatte.
In jenem Frühjahr hatten wir das Gefühl von Tauwetter auf Seiten der Regierung, einer gewissen Entspannung der eisernen Disziplin, die auf der Insel geherrscht hatte. Die Spannungen zwischen Gefangenen und Aufsehern hatten ein wenig nachgelassen.
Doch diese Milde war nur kurzlebig, sie fand an einem Morgen im September ein abruptes Ende. Wir hatten gerade unsere Hacken und Schaufeln auf dem Boden des Steinbruchs abgelegt und gingen zum Mittagessen zum Unterstand. Als einer der gewöhnlichen Gefangenen einen Kübel voll Essen herbeifuhr, flüsterte er: »Verwoerd ist tot.« Das war alles. Die Nachricht machte schnell die Runde unter uns. Wir schauten uns ungläubig an und schauten zu den Aufsehern hinüber, die nicht zu wissen schienen, daß etwas Folgenschweres geschehen war.
Wir wußten nicht, wie der Premierminister gestorben war. Später hörten wir, ein obskurer weißer Parlamentsdiener habe Verwoerd niedergestochen, und wir rätselten über die Motive. Auch wenn Verwoerd glaubte, die Afrikaner ständen noch unter den Tieren, so erfüllte uns sein Tod dennoch nicht mit Freude. Politischen Mord haben weder ich noch der ANC jemals unterstützt. Es ist eine primitive Art und Weise, mit seinem Gegner umzugehen.
Verwoerd war sowohl der Cheftheoretiker wie der Baumeister der großen Apartheid. Er hatte die Bildung der Bantustans und die Bantu-Erziehung gefördert. Kurz vor seinem Tode hatte er die Nationalisten in die allgemeinen Wahlen von 1966 geführt, bei denen die Partei der Apartheid ihre Mehrheit noch vergrößert hatte; sie hatte 126 Sitze gewonnen, gegenüber 39, die auf die United Party entfallen waren, und einem Sitz, den die Progressive Party gewonnen hatte.
Wie so oft auf Robben Island hatten wir bedeutende
Weitere Kostenlose Bücher