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Der lange Weg zur Freiheit

Der lange Weg zur Freiheit

Titel: Der lange Weg zur Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nelson Mandela
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und gepflegten Häusern, ein paar Meilen südöstlich von Kapstadt. Das Gefängnis selbst steht mitten in der beeindruckend schönen Landschaft des Kaps zwischen den Constantiabergen im Norden und vielen hundert Morgen Weingärten im Süden. Wir hinter Pollsmoors hohen Betonmauern sahen nichts von dieser Naturschönheit. In Pollsmoor begriff ich zum erstenmal die Wahrheit von Oscar Wildes Zeile über das blaue Zelt, wie Gefangene den Himmel bezeichnen.
    Pollsmoor hatte ein modernes Gesicht, aber ein primitives Herz. Die Gebäude, vor allem die für das Gefängnispersonal, waren sauber und modern; die Unterbringung der Gefangenen dagegen war altertümlich und schmutzig. Außer uns waren alle Männer in Pollsmoor gewöhnliche Gefangene, und man ging auf rückständige Weise mit ihnen um. Wir wurden getrennt von ihnen gehalten und anders behandelt.
    Erst am nächsten Morgen bekamen wir einen wirklichen Eindruck von unserer Umgebung. Wir vier hatten das erhalten, was eigentlich das Penthouse des Gefängnisses war: eine geräumige Unterkunft im dritten und obersten Stock des Gebäudes. Wir waren die einzigen Gefangenen im ganzen Stockwerk. Der Hauptraum war sauber, modern und rechteckig, etwa fünf mal zehn Meter, und besaß einen abgetrennten Bereich mit einer Toilette, einem Urinal, zwei Waschbecken und zwei Duschen. Es gab vier richtige Betten mit Laken und Handtücher, ein beträchtlicher Luxus für Männer, die einen großen Teil der letzten achtzehn Jahre auf dünnen Matten auf einem Steinboden verbracht hatten. Im Vergleich zu Robben Island befanden wir uns in einem Fünf-Sterne-Hotel.
    Wir hatten auch eine eigene, L-förmige Terrasse, eine offene Freiluftveranda, halb so lang wie ein Fußballfeld, die wir tagsüber benutzen durften. Sie hatte weiße Betonmauern von etwa dreieinhalb Meter Höhe, so daß wir nur den Himmel sehen konnten, ausgenommen eine Ecke, von der aus wir die Gipfel der Constantiaberge erblickten, vor allem einen Teil von ihnen, der als Elephant’s Eye (Elefantenauge) bekannt war. Manchmal dachte ich, dieses Stückchen Berg sei die Spitze des Eisbergs der restlichen Welt.
    Es war überaus verwirrend, so plötzlich und ohne Erklärung entwurzelt zu sein. Im Gefängnis muß man immer auf überstürzte Verlegungen gefaßt sein, aber man gewöhnt sich niemals daran. Obwohl wir uns jetzt auf dem Festland befanden, fühlten wir uns stärker isoliert als zuvor. Für uns war die Insel zum zentralen Ort des Kampfes geworden. Wir fanden Trost in unserer Gemeinschaft und verbrachten die ersten Wochen mit Spekulationen darüber, warum man uns verlegt hatte. Wir wußten, daß die Behörden unseren Einfluß auf jüngere Gefangene schon lange übelnahmen und fürchteten. Aber der Grund schien eher strategischer Art zu sein: Wir glaubten, daß die Behörden versuchten, den ANC auf der Insel zu enthaupten, indem sie seine Führung entfernten. Robben Island selbst war zu einem nachhaltigen Mythos in unserem Kampf geworden, und die Behörden wollten ihm etwas von seiner symbolischen Bedeutung nehmen, indem sie uns wegbrachten. Walter, Raymond und ich waren Mitglieder des High Organ, doch was nicht dazu paßte, war die Anwesenheit von Mlangeni. Andrew gehörte nicht zum High Organ und stand auch nicht an der vordersten Front der Inselführung, obwohl wir die Möglichkeit in Erwägung zogen, daß die Behörden dies nicht wußten. Ihre Informationen über die Organisation waren häufig ungenau.
    Eine unserer Hypothesen schien sich ein paar Monate später zu bestätigen, als Kathy zu uns kam, der tatsächlich Mitglied des High Organ war. Wichtiger noch, Kathy war unser Kommunikationschef gewesen, und seiner Arbeit war es zu verdanken, daß wir mit neuen, jungen Gefangenen hatten Verbindung aufnehmen können.
    Ein paar Wochen nach Kathys Ankunft stieß ein weiterer Mann zu uns, den wir nicht kannten und der nicht einmal von Robben Island kam. Patrick Maqubela war ein junger Rechtsanwalt und ANC-Mitglied vom östlichen Kap. Er war Ausbildungsclerk bei Griffith Mxenge gewesen, einem hoch angesehenen Anwalt, der viele gefangene ANC-Leute vertreten hatte und im vergangenen Jahr in der Nähe von Durban ermordet worden war. Maqubela saß eine zwanzigjährige Strafe wegen Hochverrats ab und war aus Diepkloof in Johannesburg, wo er Unruhe gestiftet hatte, indem er Gefangene organisierte, nach Pollsmoor verlegt worden.
    Zuerst betrachteten wir diesen Neuankömmling skeptisch und fragten uns, ob er vielleicht ein

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