Der lange Weg zur Freiheit
Gefängniskommandanten, das vom großen Foto eines finster dreinblickenden Präsidenten Botha dominiert wurde. Bethell war ein jovialer, rundlicher Mann, und als ich ihn kennenlernte, scherzte ich über seine Beleibtheit. »Sie sehen aus, als seien Sie mit Winston Churchill verwandt«, sagte ich, als wir uns die Hand reichten, und er lachte.
Lord Bethell wollte etwas über unsere Lebensbedingungen in Pollsmoor erfahren, und ich informierte ihn. Wir sprachen über den bewaffneten Kampf, und ich erklärte ihm, es sei nicht an uns, auf Gewalt zu verzichten, sondern an der Regierung. Ich versicherte noch einmal, wir wollten harte militärische Ziele treffen, nicht Menschen. »Ich würde nicht wollen, daß unsere Leute beispielsweise den Major hier ermorden«, sagte ich und zeigte auf Major Fritz van Sittert, der die Gespräche überwachte. Van Sittert war ein gutmütiger Bursche, der nicht viel sagte, doch bei meiner Bemerkung zuckte er zusammen.
Beim Besuch von Professor Dash, der bald auf den von Lord Bethell folgte, legte ich dar, was ich als das Minimum für ein zukünftiges, nichtrassistisches Südafrika betrachtete: ein einheitlicher Staat ohne Homelands; nichtrassische Wahlen zum zentralen Parlament; eine Stimme für jede Person. Professor Dash fragte mich, ob ich die erklärte Absicht der Regierung ermutigend fände, die Gesetze gegen Mischehen und gewisse andere Apartheidstatuten aufzuheben. »Das sind Kleinigkeiten«, sagte ich. »Ich habe nicht den Ehrgeiz, eine weiße Frau zu heiraten oder in einem weißen Pool zu schwimmen. Was wir wollen, ist politische Gleichheit.« Ich sagte Dash ganz offen, auf dem Schlachtfeld könnten wir die Regierung im Augenblick nicht schlagen, aber wir könnten ihr das Regieren schwer machen.
Einen nicht so erfreulichen Besuch erhielt ich von zwei Amerikanern, Redakteuren der konservativen Zeitung Washington Times. Sie schienen weniger daran interessiert, meine Ansichten zu erfahren, als vielmehr an dem Beweis, daß ich ein Kommunist und Terrorist sei. Alle ihre Fragen zielten in diese Richtung, und als ich wiederholte, ich sei weder Kommunist noch Terrorist, versuchten sie mir nachzuweisen, ich sei auch kein Christ, indem sie behaupteten, Reverend Martin Luther King habe niemals zu Gewalt gegriffen. Ich sagte ihnen, die Bedingungen, unter denen Martin Luther King gekämpfte hatte, seien ganz andere gewesen als meine: Die Vereinigten Staaten seien eine Demokratie mit Verfassungsgarantien für gleiche Rechte, die den gewaltfreien Protest schützten (obwohl es noch immer Vorurteile gegen Schwarze gab); Südafrika dagegen sei ein Polizeistaat mit einer Verfassung, welche die Ungleichheit festschreibe, und einer Armee, die auf Gewaltfreiheit mit Gewalt reagiere. Ich sagte ihnen, ich sei Christ und immer Christ gewesen. Selbst Christus, sagte ich, habe, als er keine andere Alternative hatte, Gewalt gebraucht, um die Geldwechsler aus dem Tempel zu vertreiben. Er sei kein Mann der Gewalt, habe aber keine andere Wahl gehabt, als gegen das Böse Gewalt anzuwenden. Ich glaube nicht, daß ich sie überzeugt habe.
Konfrontiert mit inneren Problemen und Druck aus dem Ausland, bot P. W. Botha eine laue, halbherzige Maßnahme an. Am 31. Januar 1985 erklärte sich der Staatspräsident bei einer Parlamentsdebatte öffentlich bereit, mich freizulassen, wenn ich »bedingungslos auf Gewalt als politisches Instrument verzichte«. Dieses Angebot wurde auf alle politischen Gefangenen ausgedehnt. Dann, als wolle er mich öffentlich herausfordern, fügte er hinzu: »Es ist daher nicht die südafrikanische Regierung, die nun Mr. Mandelas Freiheit im Wege steht. Er ist es selbst.«
Die Behörden hatten mich vorgewarnt, die Regierung werde einen meine Freiheit betreffenden Vorschlag machen, aber ich war nicht darauf vorbereitet, daß der Staatspräsident ihn im Parlament äußern würde. Soweit ich mich erinnere, war es das sechste an Bedingungen angeknüpfte Angebot der Regierung in den letzten zehn Jahren, mich freizulassen. Nachdem ich die Rede im Radio gehört hatte, stellte ich beim Gefängniskommandanten den Antrag auf einen dringenden Besuch meiner Frau und meines Rechtsanwalts Ismail Ayob, damit ich meine Antwort auf das Angebot des Staatspräsidenten diktieren könne.
Winnie und Ismail erhielten eine Woche lang keine Besuchserlaubnis, und in der Zwischenzeit schrieb ich einen Brief an den Außenminister Pik Botha, in dem ich die Bedingungen für meine Freilassung ablehnte, und
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