Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der lange Weg zur Freiheit

Der lange Weg zur Freiheit

Titel: Der lange Weg zur Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nelson Mandela
Vom Netzwerk:
bereitete auch eine öffentliche Antwort vor. Mit dieser Antwort wollte ich mehrere Dinge erreichen, denn Bothas Angebot war ein Versuch, einen Keil zwischen mich und meine Kollegen zu treiben, indem er mich verlockte, eine Politik zu akzeptieren, die der ANC ablehnte. Ich wollte dem ANC im allgemeinen und Oliver im besonderen versichern, daß meine Loyalität gegenüber der Organisation über jeden Zweifel erhaben war. Und ich wollte der Regierung die Botschaft übermitteln, daß ich ihr Angebot wegen der damit verknüpften Bedingungen zwar ablehnte, aber dennoch meinte, Verhandlungen und nicht Krieg seien der Weg zu einer Lösung.
    Botha wollte mir die Last der Gewalt aufbürden, und ich wollte der Welt noch einmal versichern, daß wir nur auf die gegen uns gerichtete Gewalt reagierten. Ich wollte deutlich machen, daß ich, wenn ich aus dem Gefängnis in die gleichen Zustände zurückkehrte, aus denen heraus ich verhaftet worden war, gezwungen sein würde, die gleichen Aktivitäten wieder aufzunehmen, für die man mich verhaftet hatte.
    Ich traf Winnie und Ismail an einem Freitag; am Sonntag sollte im Jabulani-Stadion in Soweto eine UDF-Versammlung abgehalten und meine Antwort veröffentlicht werden. Einige Wachen, mit denen ich nicht vertraut war, führten bei dem Besuch die Aufsicht, und als wir begannen, über meine Antwort an den Staatspräsidenten zu diskutieren, unterbrach uns einer der Wärter, ein relativ junger Bursche, und sagte, wir dürften nur über Familienangelegenheiten sprechen. Ich ignorierte ihn, und Minuten später kam er mit einem älteren Wärter zurück, den ich kaum kannte. Dieser Wärter sagte, ich müsse aufhören, über Politik zu diskutieren; ich antwortete ihm, es ginge um eine Angelegenheit von nationaler Bedeutung, einschließlich eines Angebots des Staatspräsidenten. Ich warnte ihn, wenn er die Diskussion verhindern wolle, müsse er direkte Anweisungen vom Staatspräsidenten persönlich einholen. »Wenn Sie nicht bereit sind, den Staatspräsidenten anzurufen, um sich diese Anweisungen geben zu lassen«, sagte ich kühl, »dann unterbrechen Sie uns freundlicherweise nicht mehr.« Er tat es nicht.
    Ich gab Ismail und Winnie die Rede, die ich vorbereitet hatte. Ich wollte nicht nur der Regierung antworten, sondern außerdem der UDF öffentlich für ihre großartige Arbeit danken und Erzbischof Tutu zu seinem Preis gratulieren und hinzufügen, dieser Preis gehöre dem ganzen Volk. Am Sonntag, 10. Februar 1985, las meine Tochter Zindzi meine Antwort einer jubelnden Menschenmenge vor, die seit mehr als 20 Jahren nirgends in Südafrika mehr legal meine Worte hatte hören können.
    Zindzi war wie ihre Mutter eine dynamische Rednerin und sagte, eigentlich sollte ihr Vater im Stadion anwesend sein, um die Worte selbst zu sprechen. Ich war stolz zu wissen, daß sie es war, die meine Ansprache vortrug.
     
    »Ich bin Mitglied des African National Congress. Ich war immer Mitglied des African National Congress und werde bis zu meinem Todestag Mitglied des African National Congress bleiben. Oliver Tambo ist für mich mehr als ein Bruder. Er ist mein bester Freund und Kamerad seit fast 50 Jahren. Wenn einer unter euch ist, dem an meiner Freiheit liegt, dann liegt Oliver Tambo mehr daran, und ich weiß, daß er sein Leben geben würde, um mich frei zu sehen…
    Ich bin überrascht über die Bedingungen, welche die Regierung mir auferlegen will. Ich bin kein gewalttätiger Mensch… Erst als uns keine anderen Formen des Widerstandes mehr zur Verfügung standen, wandten wir uns dem bewaffneten Kampf zu.
    Botha soll zeigen, daß er anders ist als Malan, Strijdom und Verwoerd. Er soll auf Gewalt verzichten. Er soll sagen, daß er die Apartheid abschafft. Er soll die Organisation des Volkes, den African National Congress, zulassen. Er soll alle befreien, die wegen ihrer Opposition gegen die Apartheid gefangen, verbannt oder im Exil sind. Er soll freie politische Aktivität garantieren, damit die Menschen entscheiden können, wer sie regieren soll.
    Mir liegt meine eigene Freiheit sehr am Herzen, aber eure Freiheit liegt mir noch mehr am Herzen. Zu viele sind gestorben, seit ich ins Gefängnis ging. Zu viele haben wegen ihrer Freiheitsliebe gelitten. Ich schulde es ihren Witwen, ihren Waisen, ihren Müttern und ihren Vätern, die getrauert und um sie geweint haben. Nicht nur ich habe in diesen langen, einsamen, vergeudeten Jahren gelitten. Ich liebe das Leben nicht weniger als ihr. Aber ich kann mein

Weitere Kostenlose Bücher