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Der langsame Walzer der Schildkroeten

Der langsame Walzer der Schildkroeten

Titel: Der langsame Walzer der Schildkroeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
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einzigen Beweis. Und ohne Beweise können wir nichts machen …«
    »Und vor allem, wie sollten Sie diese ganzen Morde miteinander in Verbindung bringen?«, überlegte Philippe laut. »Was haben alle Opfer gemeinsam?«
    »Sie haben sie gedemütigt …«, antwortete Joséphine. »Madame Berthier durch ihren Wortwechsel mit Lefloc-Pignel beim Elternabend in der Schule seines Sohnes. Ich war auch da und habe schleunigst die Flucht ergriffen … Und Mademoiselle de Bassonnière hat sie während der Eigentümerversammlung beleidigt. Das habe ich ebenfalls miterlebt. An dem Abend bin ich zu Fuß mit ihm nach Hause gegangen. Bei der Gelegenheit hat er mir von seiner Kindheit erzählt … Aber Iris? Was hatte Iris ihnen denn getan?«
    »Wie ich sie kenne«, antwortete Philippe mit einem Seufzen, »hat sie so viel von ihm erwartet, sich so sehr in ihre erträumte Beziehung hineingesteigert, dass sie enttäuscht war, als er in Urlaub gefahren ist. Sie muss außer sich geraten sein und ihm Vorwürfe gemacht haben! Es ging ihr nicht gut, sie war verzweifelt, dieser Mann war ihre letzte Hoffnung …«
    »Von diesem Moment an«, fuhr Inspecteur Garibaldi fort, »haben wir die beiden Männer ständig überwacht. Wir wussten, dass sie eine Woche zusammen auf Belle-Île verbracht haben. Anschließend ist van den Brock in sein Haus im Département Sarthe gefahren und Lefloc-Pignel nach Paris zurückgekehrt. Wir wussten auch, dass er sich mit Ihrer Schwester traf, und hatten deshalb Tag und Nacht einen Mann vor dem Haus postiert. Wir brauchten nur noch zu warten, bis er ein weiteres Verbrechen beging und wir ihn auf frischer Tat ertappten. Ich meine natürlich kurz davor … Wir wären nie auf die Idee gekommen, dass Ihre Frau das Opfer sein könnte …«
    »Sie haben sie als Lockvogel missbraucht!«, brauste Philippe auf.
    »Wir haben Madame Cortès wegfahren sehen, und von dem Tag an haben wir Ihre Frau nicht mehr zu Gesicht bekommen. Wir dachten, sie hätte Paris ebenfalls verlassen. Wir haben die Concierge befragt, und sie hat uns bestätigt, dass Ihre Frau sie gebeten hatte, die Post für sie aufzubewahren; sie hat ihr gesagt, sie wolle verreisen. Also hat sich der Lieutenant, der vor dem Gebäude postiert war, auf Lefloc-Pignel konzentriert. Und um ehrlich zu sein, wir haben nicht eine Sekunde vermutet, dass er sich an ihr vergreifen könnte …«
    »Ach, noch so eine Intuition?«, fragte Philippe sarkastisch.
    »Wir hatten bemerkt, dass er in ihrer Gegenwart lammfromm war. Er schien sie zu vergöttern. Er überschüttete sie mit Geschenken, traf sie fast jeden Tag, führte sie zum Essen aus. Er wirkte sehr verliebt, und sie schien, es tut mir leid, Ihnen das sagen zu müssen, diese Gefühle zu erwidern … Sie turtelten herum wie zwei Zwanzigjährige. Es gab nicht eine unangemessene Geste ihr gegenüber. Wir waren vollkommen arglos …«
    »Aber sie war zu Hause! Sie müssen doch Licht gesehen und etwas gehört haben!«, rief Philippe empört.
    »Nichts. Auf ihrer Etage gab es weder Licht noch Geräusche. Nicht das geringste Lebenszeichen. Die Rollläden waren heruntergelassen. Sie muss wie eine Einsiedlerin gelebt haben. Sie hat das Haus nicht einmal verlassen, um einkaufen zu gehen. Lefloc-Pignel blieb abends in seiner Wohnung. Das steht in allen Berichten unserer Beobachter. Er kam nach Hause, aß gleich darauf zu Abend und setzte sich an seinen Schreibtisch, von dem er sich nicht mehr wegrührte. Er hörte Opern, telefonierte, diktierte Briefe. Die Fenster seines Arbeitszimmers waren geöffnet. Sie gehen auf den Hof hinaus, und das ist der reinste Resonanzkörper, man versteht jedes Wort. Er hat van den Brock nicht ein einziges Mal angerufen. Wir dachten, sie befänden sich in einer Ruhephase … Am Abend des Mordes hat er uns vorgegaukelt, er sei zu Hause. Es war das Gleiche wie an jedem Abend: eine Oper, Anrufe, wieder eine Oper … Tatsächlich muss er vorher ein Tonband aufgenommen haben, das er abspielte, um unbemerkt die Wohnung zu verlassen, Ihre Frau zu holen und sie auf die Lichtung zu bringen. Auch das Licht in den einzelnen Zimmern war so eingestellt, dass wir glauben mussten, er sei zu Hause. Zeitschaltuhren kann man ja so programmieren, dass das Licht zu unterschiedlichen Zeiten in unterschiedlichen Räumen eingeschaltet wird. Viele Leute verwenden sie, um Einbrecher abzuschrecken, wenn sie nicht zu Hause sind. Dieser Mann ist gefährlich. Eiskalt, organisiert, ausgesprochen intelligent … An jenem Abend gab es

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