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Der langsame Walzer der Schildkroeten

Der langsame Walzer der Schildkroeten

Titel: Der langsame Walzer der Schildkroeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
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eine Oper, dann wurden nacheinander die Lichter ausgeschaltet, so wie an jedem Abend. Als unser Mann um Mitternacht abgelöst wurde, hatte er keine Ahnung, dass der Vogel ausgeflogen war!«
    »Wie konnte er Iris nur so kaltblütig umbringen?«, rief Joséphine.
    »Dem Serienmörder bedeutet das Opfer nichts. Es ist ein Objekt, das es ihm ermöglicht, seine Fantasien zu verwirklichen … Wenn er die Gelegenheit dazu hat, kommt es häufig vor, dass er sein Opfer ›erniedrigt‹, bevor er es tötet. Er demütigt es, übernimmt die absolute Kontrolle, versetzt es in Angst und Schrecken. Manchmal inszeniert er sogar ein ›Liebesritual‹, mit dessen Hilfe er seinem Opfer einredet, er misshandle es nur aus Liebe, was dazu führt, dass es sich freiwillig fügt. Es genügt, wenn Ihre Schwester ein wenig labil war … Dann lässt sie sich auf seinen Wahnsinn ein, und alles wird möglich. Was uns der Bauer erzählt hat, war sehr aufschlussreich. Sie ist aus freien Stücken mitgefahren, sie war nicht gefesselt, sie hat keinen Widerstand geleistet, sie hat ihm das Eheversprechen gegeben und mit ihm getanzt, ohne auch nur einen Fluchtversuch zu unternehmen. Sie hat gelächelt. Sie ist glücklich gestorben. Sie gehörte nicht mehr sich selbst. Serienmörder sind oft sehr intelligente und sehr unglückliche Männer, müssen Sie wissen, Menschen, die ungeheures Leid durchlebt haben und ihrem Schmerz Ausdruck verleihen, indem sie ihren Opfern schreckliche Qualen auferlegen …«
    »Sie werden verstehen, dass sich mein Mitleid mit Lefloc-Pignel in Grenzen hält, Inspecteur Garibaldi!«, unterbrach Philippe ihn gereizt.
    »Ich versuche Ihnen lediglich zu erklären, wie es so weit kommen konnte … Wir würden gerne Ihre Wohnung durchsuchen, um zu sehen, ob sie nicht einige Hinweise darauf zurückgelassen hat, wie ihr Leben in den letzten acht Tagen aussah … Könnten Sie uns die Schlüssel geben?«
    Er streckte eine Hand aus. Joséphine sah Philippe an, er nickte, und sie gab Inspecteur Garibaldi die Schlüssel.
    »Gibt es einen Ort, wo Sie wohnen können, bis wir fertig sind?«, fragte dieser Joséphine, die gedankenverloren auf ihrem Stuhl saß.
    »Ich kann es immer noch nicht glauben«, sagte sie, »das ist ein Albtraum. Ich wache bestimmt gleich wieder auf … Aber warum bin ich überfallen worden? Ich hatte ihm doch nichts getan. Ich kannte ihn ja noch gar nicht, als es passiert ist.«
    »Es gibt da ein interessantes Detail, das auch bereits Capitaine Gallois aufgefallen war. Sie hat uns gleich nachdem wir die Ermittlungen übernommen hatten, gesagt, dass Sie den gleichen Hut getragen hatten wie Madame Berthier. Einen ausgefallenen Strickhut. An dem Abend, als Sie angegriffen wurden, hat er Sie zweifellos mit Madame Berthier verwechselt. Es hatte bereits zuvor eine heftige Auseinandersetzung zwischen den beiden gegeben … Er hat den Hut gesehen, Sie haben ungefähr die gleiche Statur …«
    »Sie hat mir gesagt, das Schlimmste für einen Lehrer seien nicht die Schüler, sondern die Eltern. Ich kann mich noch genau daran erinnern …«
    »Sie wollen also behaupten, er habe sie getötet, weil sie ihn zurechtgewiesen hat?«, fragte Philippe.
    »Lefloc-Pignel ist ein Mensch, der keine Kränkungen akzeptiert. Wir werden mehr wissen, nachdem wir ihn vernommen und den Weiher abgesucht haben, denn ich gehe davon aus, dass es auch schon vorher derartige Verbrechen gegeben hat. Nehmen Sie den Fall der jungen Kellnerin … Sie ist ein gutes Beispiel. Sie hat Lefloc-Pignel bedient, hat Kaffee über seinen weißen Regenmantel geschüttet und sich auf eine Weise entschuldigt, die er als zu salopp aufgefasst hat. Er hat sie abgekanzelt, und sie hat ihn einen ›Trottel‹ genannt. Das hat gereicht, um ihn wütend zu machen … Und er hat sie umgebracht. Ein weiterer Grund war, dass sie van den Brock einen ›perversen alten Dracula‹ genannt hat! Sie war sehr hübsch, sehr selbstbewusst, und van den Brock hat sich an sie rangemacht … Es war wie ein innerer Zwang. Das ist ihn in seinem Beruf schon öfter teuer zu stehen gekommen. Sie hat ihn zum Teufel geschickt und gedroht, ihn wegen sexueller Belästigung anzuzeigen. Die Freundin der Kellnerin hat uns das alles erzählt, nachdem sie von ihrer Mexikoreise zurück war. Damit hatte sie ihr Todesurteil unterzeichnet.«
    »Hatte er denn nie Angst, erwischt zu werden?«, fragte Joséphine.
    »Er hatte ja ein Alibi: van den Brock, der behauptete, er sei mit ihm zusammen gewesen.«
    »Auch bei

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