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Der langsame Walzer der Schildkroeten

Der langsame Walzer der Schildkroeten

Titel: Der langsame Walzer der Schildkroeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
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ein bisschen radikal.
    »Und was ist mit Lefloc-Pignel? Haben sie ihn verhaftet?«
    »Als ich gestern bei Inspecteur Garibaldi war, hatte er ein paar Leute losgeschickt, um ihn festzunehmen, aber seitdem habe ich nichts mehr gehört. Es gibt so viel zu tun! Philippe hat die Leiche identifiziert, ich habe das nicht über mich gebracht.«
    »In der Zeitung ist die Rede von einem zweiten Mann … Wer war das?«
    »Van den Brock. Er wohnte im zweiten Stock.«
    »War das ein Freund von Lefloc-Pignel?«
    »So etwas in der Art …«
    Joséphine hörte, wie sie auf Englisch etwas zu Nicholas sagte, konnte es aber nicht verstehen.
    »Was hast du gesagt, Liebes?«, fragte sie, um nur ja nicht das geringste Anzeichen von Kummer bei Hortense zu verpassen.
    »Ich habe Nicholas gebeten, mir noch ein Croissant zu geben … Ich sterbe vor Hunger! Ich nehme jetzt einfach seins!«
    Am anderen Ende der Leitung hörte Joséphine Bruchstücke einer Auseinandersetzung. Nicholas weigerte sich, sein Croissant herzugeben, und Hortense riss ein Stück davon ab. Mit vollem Mund sprach sie weiter: »Okay, M’man, sag Philippe, er soll im Hotel ein großes Zimmer für Zoé, Alexandre und mich reservieren. Mach dir keine Gedanken … ich weiß, das ist jetzt eine schwere Zeit … aber du wirst das schaffen. Du schaffst doch immer alles. Du bist zäh, M’man, du weißt es nicht, aber du bist zäh!«
    »Und du bist lieb. Du bist wirklich lieb. Wenn du wüsstest, wie …«
    »Das wird schon wieder, du wirst sehen …«
    »Als ich das letzte Mal mit ihr zusammen war, hat sie mir in der Küche mein Horoskop vorgelesen, und danach hat sie ihr eigenes gelesen, aber sie wollte den Abschnitt ›Gesundheit‹ nicht lesen … und ich habe sie gefragt, wieso nicht, und da …«
    Joséphine brach in Tränen aus. Das heftige Schluchzen klang wie ein Wasserfall.
    »Siehst du …«, seufzte Hortense. »Ich hatte dir ja gesagt, dass es irgendwann kommen würde. Und jetzt kannst du nicht mehr aufhören!«
    Joséphine sagte sich, dass sie ihre Mutter anrufen müsse. Sie wählte Henriettes Nummer. Sie sah Iris in ihrem Zimmer, wie sie Kleider für die Schule heraussuchte und sie fragte, ob sie schön sei, das schönste Mädchen im ganzen Haus, das schönste Mädchen der ganzen Schule, das schönste Mädchen im ganzen Viertel. »Das schönste Mädchen auf der ganzen Welt«, sagte Joséphine leise. »Danke, Jo«, antwortete Iris, »von jetzt an bist du meine erste Hofdame.« Und sie klopfte ihr mit der Haarbürste auf die Schulter, als ob sie sie zum Ritter schlüge.
    Henriette hob ab.
    »Ja?«, fauchte sie.
    »Maman, ich bin’s. Joséphine …«
    »Ach was … Joséphine. Ein Geist!«
    »Maman, hast du heute die Zeitungen gelesen?«
    »Ich lese jeden Morgen Zeitung, Joséphine.«
    »Und du hast nichts gelesen, was …«
    »Ich lese die gesamte Wirtschaftspresse, und anschließend kümmere ich mich um meine Transaktionen. Ich habe einige Aktien, die sehr gut dastehen, und andere, die mir etwas Sorge bereiten, aber so ist nun mal der Aktienmarkt, und ich lerne.«
    »Iris ist tot«, platzte Joséphine heraus.
    »Iris ist tot? Was redest du da für einen Unsinn?«
    »Sie wurde ermordet, im Wald …«
    »Du redest ja völlig wirr, du armes Ding!«
    »Nein, sie ist tot …«
    »Meine Tochter! Ermordet! Das ist nicht möglich. Wie ist das passiert?«
    »Maman, ich habe nicht die Kraft, dir das alles jetzt zu erzählen. Ruf Philippe an, er kann es dir besser erklären als ich.«
    »Du hast gesagt, es steht in den Zeitungen. Was für eine Schande! Wir müssen sie daran hindern, noch mehr …«
    Joséphine hatte aufgelegt. Sie konnte ihre Tränen nicht länger zurückhalten.
    Philippe kam aus dem Badezimmer. Sie flüchtete sich an seine Brust und wischte sich am Ärmel seines weißen Bademantels die Nase ab. Er nahm sie auf den Schoß und drückte sie an sich.
    »Nicht weinen, beruhige dich …«, murmelte er sanft und küsste ihre Haare. »Wir konnten nichts mehr für sie tun. Sie hat sich ganz allein verloren …«
    »Doch! Ich hätte bleiben sollen, ich hätte sie nicht allein lassen dürfen …«
    »So etwas hätte doch niemand ahnen können. Sie brauchte immer schon etwas, das größer war als sie selbst, und sie glaubte, es endlich gefunden zu haben. Weder meine Liebe noch deine Liebe hätten sie jemals glücklich machen oder sie heilen können. Du hast dir nichts vorzuwerfen, Jo.«
    »Ich kann aber nicht anders …«
    »Das ist normal. Aber denk in Ruhe darüber

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