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Der langsame Walzer der Schildkroeten

Der langsame Walzer der Schildkroeten

Titel: Der langsame Walzer der Schildkroeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
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nach, dann wirst du es einsehen. Ich habe lange mit ihr zusammengelebt, ich habe ihr alles gegeben. Aber sie war wie ein Fass ohne Boden. Sie bekam nie genug. Bei ihm glaubte sie ihren Himmel gefunden zu haben …« Es hörte sich an, als wollte er sich selbst überzeugen, um die gleichen Schuldgefühle zu bekämpfen, die auch Joséphine quälten.
    »Hortense hat angerufen, sie wird sich um Alexandre und Zoé kümmern. Ich habe meine Mutter erreicht, und ich habe ihr gesagt, wenn sie weitere Einzelheiten wissen möchte, soll sie dich anrufen. Ich hatte nicht die Kraft, mit ihr zu reden …«
    »Ich habe mit Carmen gesprochen. Sie möchte zur Beerdigung kommen.«
    Er stellte eine Liste der Leute auf, die benachrichtigt werden mussten. Joséphine ergänzte sie um Shirley, Marcel und Josiane.
    »Die beiden werden nicht kommen, wenn deine Mutter da ist«, entgegnete Philippe.
    »Nein, aber wir müssen ihnen wenigstens Bescheid sagen …«
    Eine Weile hielten sie einander im Arm und dachten an Iris. Philippe sagte sich, dass sie gestorben war, ohne ihre Geheimnisse preiszugeben, dass er letztlich nicht viel über seine Frau wusste. Und Joséphine sah Szenen aus ihrer Kindheit vor sich. Sie klammerten sich aneinander.
    »Ich kann es einfach nicht fassen«, sagte sie. »Mein ganzes Leben lang war sie da. Immer … Sie war ein Teil von mir.«
    Wortlos drückte er sie noch fester an sich.
    Als Joséphine bei Marcel anrief, ging Josiane ans Telefon. Sie war gerade dabei, Mayonnaise zu machen, und bat sie, zwei Sekunden zu warten, bis sie damit fertig sei. Junior griff nach dem Telefon. »Junior, lass das liegen!«, hörte Joséphine Josiane rufen, aber Junior stammelte bereits: »Jooéfine! Wie geet?«
    Joséphine riss verblüfft die Augen auf.
    »Junior, du sprichst schon?«
    »Aaaa …«
    »Das ist aber sehr früh!«
    »Joéfine! Nich tauwig sein! Ie is etzt im Mimmel …«
    »Junior!« Josiane hatte ihm das Telefon wieder abgenommen und entschuldigte sich. »Ich musste das nur noch kurz fertig machen, sonst wäre meine Mayonnaise gekippt … Was verschafft mir die Ehre? Wir haben ja schon seit einer Ewigkeit nichts mehr von dir gehört!«
    »Hast du heute keine Zeitung gelesen?«
    »Als ob ich dafür Zeit hätte! Ich renne nur noch mit dem Kleinen durch die Gegend. Der macht mich fix und fertig. Wir klappern Museen ab! Dabei ist er gerade mal achtzehn Monate alt! Ich muss ihm alles vorlesen, alles erklären! Morgen geht’s an den Kubismus! Und Marcel ist in China! Hast du gehört, dass ich krank war? Sehr krank. Eine komische Krankheit. Wie ein böser Traum. Das erzähle ich dir irgendwann mal. Du und die Mädchen, ihr müsst uns unbedingt besuchen kommen …«
    »Josiane, ich wollte dir sagen, dass Iris …«
    »Ach, von der hab ich nie wieder was gehört. Wahrscheinlich sind wir ihr zu popelig.«
    »Sie ist tot.«
    Josiane schrie auf, und Joséphine hörte, wie Junior erneut sagte: »Is im Mimmel etzt, geht ir gut da oben.«
    »Wie ist das möglich? Wenn ich das Marcel erzähle, haut’s den glatt um!«
    Joséphine begann mit leiser Stimme zu erzählen.
    »Lass nur, quäl dich nicht, Jo«, unterbrach sie Josiane. »Es ist auch so schon schwer genug für dich … Wenn du herkommen und dich ausheulen willst, unsere Tür steht immer offen. Ich back dir einen schönen Kuchen. Welchen Kuchen magst du denn gern?«
    Joséphine schluchzte leise.
    »Ach, dir steht im Moment nicht der Sinn nach Süßem, das ist ja verständlich, armes Ding!«
    »Du bist so lieb«, schniefte Joséphine.
    »Ach Gott, und was ist mit den Kleinen? Wie haben sie darauf reagiert? Nein, sag’s mir nicht. Dann musst du nur wieder weinen …«
    »Hortense hat …«, setzte Joséphine an.
    »Siehst du, es hat überhaupt keinen Zweck, du erstickst gleich noch. Apropos Hortense, sag ihr, dass Marcel in Shanghai war, um Mylène Corbier in die Mangel zu nehmen. Sie hat alles gestanden: Die Briefe, das war sie, und Antoine, ich weiß nicht, ob dich das jetzt nicht noch mehr fertigmacht, aber er wurde definitiv von einem Krokodil gefressen und ist mausetot. Sie war diejenige, die ihn gefunden hat, also ist sie sich absolut sicher. Aber vielleicht war es ja gerade das, was ihr einen Knacks verpasst hat … Sie hat Marcel was vorgeheult, von wegen sie hätte keine Kinder und wollte deine Töchter adoptieren. Deshalb habe sie ihnen geschrieben, das habe sie für einen Moment ihren Kummer vergessen lassen und ihr das Gefühl gegeben, sie sei selbst Mutter. Wenn du

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