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Der langsame Walzer der Schildkroeten

Der langsame Walzer der Schildkroeten

Titel: Der langsame Walzer der Schildkroeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
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Mafioso-Sabberlappen, die im Wohnzimmer ihre Zigarren qualmen, während sich das Kalkgesicht im Bad die falschen Wimpern anklebt, kauft die sich einfach eine neue. Wo gräbt sie die nur immer aus? Wenn man die in ihrem Kamelhaarmantel mit hochgeschlagenem Kragen ankommen sieht, würde man am liebsten schnellstens verschwinden. Diese Typen, die hier abends reinmarschieren, machen mir richtig Angst. Wenn das so weitergeht, endet sie noch in einem Bordell in Kairo.
    »Hörst du mich, Schlampe?«
    Sie spitzte die Ohren. Agathe rührte sich nicht.
    Sie zog Gummihandschuhe an, nahm einen Schwamm, griff zu Domestos, dem Reinigungsmittel, das sich rühmte, alle Keime abzutöten und alle Flecken zu beseitigen, und machte sich daran, die Wohnung zu schrubben. Gary würde sie in einer Stunde abholen, und es kam nicht infrage, dass er auch nur einen Fuß in diesen Saustall setzte.
    In den langen, verhedderten Fasern des Teppichs hingen Chipsbrösel, Kulis, Haarklammern, gebrauchte Papiertaschentücher und Smarties. Der Staubsauger stockte kurz, schluckte dann aber einen Kamm, ohne daran zu ersticken. Hortense verzog zufrieden das Gesicht: Wenigstens etwas funktionierte in diesem Haushalt. Wenn ich endlich Geld habe, ziehe ich in eine Wohnung ganz für mich allein, grummelte sie, während sie versuchte, einen alten Kaugummi aus dem Teppich zu pfriemeln. Wenn ich Geld habe, nehme ich mir eine Putzfrau, wenn ich Geld habe…
    Du hast aber kein Geld, also halt die Klappe und putz weiter, knurrte sie leise.
    Ihre Mutter bezahlte die Wohnung, die Schule, das Gas, den Strom, die council tax , ihre Klamotten, das Telefon und das Sandwich mittags im Park. Im Grunde bezahlte ihre Mutter alles. Und in London bekam man nichts umsonst. Zwei Pfund kostete ihr Tropicana am Morgen, zehn Pfund das Mittagssandwich, eintausendzweihundert Pfund eine Dreizimmerwohnung. In einer guten Gegend, zugegeben. Notting Hill, Royal Borough of Kensington and Chelsea. Agathes Eltern mussten reich sein, oder sie ließ sich von den Alten in Kamelhaar aushalten. Es war ihr bis jetzt noch nicht gelungen, das herauszufinden. Sie roch das Putzmittel und schnitt eine Grimasse. Gleich stinke ich nach Domestos. Das Zeug zieht durch die Handschuhe.
    Sie wandte sich wieder Agathes Zimmertür zu und trat erneut dagegen.
    »Ich bin doch nicht dein Dienstmädchen! Krieg das endlich in deinen Schädel rein!«
    »Too bad!« , antwortete es von der anderen Seite. »Und zu spät. Ich bin mit Dienstmädchen aufgewachsen, bei uns zu Hause gab’s gleich zwei davon. Da bist du platt, was, Aschenputtel?«
    Sprachlos starrte Hortense die geschlossene Tür an. Aschenputtel! Sie hatte es gewagt, sie Aschenputtel zu nennen!
    Was ist bloß in mich gefahren, dass ich ausgerechnet mit der zusammengezogen bin? An dem Tag muss ich meinen Verstand zu Hause gelassen haben. Es liegt an ihrem Auftreten. Arrogant, selbstsicher, gehetzt, mit Prada, Vuitton und Hermès ausstaffiert. Sie hatte eine große Wohnung in einem schicken Viertel im Visier. Trug die finanziellen Mittel und das Selbstvertrauen einer freizügigen jungen Frau zur Schau. Hatte sie lediglich gefragt: »Wo wohnst du in Paris?«, um herauszufinden, ob sie ein geeigneter Umgang sei. »La Muette«, hatte Hortense geantwortet, worauf Agathe erwidert hatte: »Okay, passt schon.« Als gäbe sie ihr ein Almosen. Super, ich habe den Goldfisch am Haken!, hatte Hortense gedacht. Sie hatte gehofft, von Agathes Geld und ihren Beziehungen profitieren zu können, indem sie in ihrem Kielwasser mitschwamm. Pustekuchen! Das Einzige, was sie mir gebracht hat, ist, dass ich jetzt in den Cuckoo Club komme, ohne draußen anstehen zu müssen. Wahnsinnsvorteil, echt! Gott, war ich dämlich! Ich hab mich von ihr blenden lassen wie ein Landei, das mit Zöpfen und einer karierten Schürze in die Hauptstadt kommt.
    Gary lebte in einer großen Wohnung am Green Park, gleich hinter dem Buckingham Palace, aber er hatte sich unmissverständlich ausgedrückt: Er würde sie mit niemandem teilen.
    »Hundertfünfzig Quadratmeter für dich allein, das ist doch ungerecht«, hatte Hortense geschimpft.
    »Kann sein, aber so ist es nun mal. Ich brauche Ruhe, Freiraum, ich muss ungestört lesen, meine Musik hören, nachdenken und herumlaufen können, wie es mir gefällt. Ich will nicht, dass du mich herumscheuchst, und ob du es glaubst oder nicht, Hortense, du machst dich einfach breit.«
    »Bestimmt nicht! Ich werde mich ganz klein machen, ich bleibe die ganze Zeit

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