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Der langsame Walzer der Schildkroeten

Der langsame Walzer der Schildkroeten

Titel: Der langsame Walzer der Schildkroeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
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sich ihnen mit gefalteten Händen und einer goldenen Krone auf ihrem weißen Schleier zuneigte. Sie war beruhigt.
    »Was genau wünscht sie?«, fragte Chérubine in diesem Moment und nahm dabei genau die gleiche vornübergebeugte fromme Haltung ein wie die Muttergottes.
    Henriette zögerte eine Sekunde und fragte sich, ob Chérubine mit ihr oder mit der Heiligen Jungfrau sprach. Dann fing sie sich wieder.
    »Ich wünsche nicht direkt einen Liebeszauber«, erklärte sie, »ich will, dass meine Rivalin, die Frau auf dem Foto, in eine abgrundtiefe Depression versinkt, dass alles, was sie anfasst, misslingt und dass mein Mann zu mir zurückkommt.«
    »Verstehe, verstehe …«, sagte Chérubine, schloss die Augen und verschränkte die Finger auf ihrem üppigen Busen. »Das ist ein überaus christlicher Wunsch. Der Mann muss bei der Frau bleiben, die er sich als Gefährtin fürs Leben erwählt hat. Das sind die heiligen Bande der Ehe. Wer sie zerschneidet, dem droht göttlicher Zorn. Wir werden also einen Zauber der ersten Stufe erbitten. Sie wünscht nicht ihren Tod?«
    Henriette zögerte. Die Verwendung der dritten Person Singular irritierte sie. Es fiel ihr schwer, zu erkennen, mit wem Chérubine sprach.
    »Ich will nicht ihren physischen Tod, ich will, dass sie aus meinem Leben verschwindet.«
    »Verstehe, verstehe …«, psalmodierte Chérubine, die die Augen immer noch geschlossen hielt und mit beiden Händen wieder und wieder über ihren Busen strich, als massierte sie ihn.
    »Ähm … was genau ist ein Zauber der ersten Stufe?«, erkundigte sich Henriette.
    »Nun, diese Frau wird sehr müde sein, wird keine Freude mehr empfinden, nicht am körperlichen Akt, nicht an Erdbeertörtchen, nicht an Plaudereien, nicht am Spiel mit ihren Kindern. Sie wird verwelken wie eine abgeschnittene Blume. Ihre Schönheit, ihr Lachen, ihre Energie verlieren. Mit einem Wort: langsam verkümmern, düstere, sogar selbstmörderische Gedanken hegen. Eine abgeschnittene Blume, besser kann ich es nicht ausdrücken …«
    Henriette fragte sich, ob deshalb die ganze Wohnung voller Krepppapierblumen war. Eine Blume für jedes Opfer.
    »Und mein Mann wird zu mir zurückkehren?«
    »Überdruss und Ekel wird sich auf alles erstrecken, was diese Frau berührt, und falls er nicht von außergewöhnlicher Liebe zu ihr erfüllt ist, einer Liebe, die stärker ist als der Fluch, wird er sich von ihr abwenden.«
    »Wunderbar«, entgegnete Henriette und warf sich unter ihrem Hut in die Brust. »Aber er selbst muss gesund bleiben, um weiter seine Firma leiten und Geld verdienen zu können.«
    »Dann werden wir ihn beschützen … Sie muss mir ein Foto von ihm bringen.«
    Oh! Sie würde noch einmal herkommen müssen! Henriettes Lippen verzogen sich zu einer angewiderten Grimasse.
    »Hat er Kinder mit dieser Frau?«
    »Ja. Einen Sohn.«
    »Wünscht sie, dass wir ihn ebenfalls behandeln?«
    Henriette zögerte. Immerhin war er noch ein Baby …
    »Nein. Erst einmal will ich nur sie loswerden …«
    »Sehr schön. Sie kann jetzt gehen, ich werde mich auf das Foto konzentrieren. Die Wirkung wird sofort einsetzen. Die betreffende Person wird in anhaltende Schwermut versinken, sich von nun an ständig unwohl fühlen, sie wird ihres gesamten Lebens überdrüssig werden und sich an nichts mehr erfreuen können.«
    »Sind Sie sicher? Wirklich sicher?«
    »Sie wird sich selbst davon überzeugen können, wenn sie die Möglichkeit dazu hat … Chérubine versagt nie.«
    Sie drehte sich zu der Gipsstatue der Muttergottes um und faltete als Zeichen der Ergebenheit die Hände.
    »Der Ehemann darf seine Frau nicht verlassen. Das Sakrament der Ehe ist heilig. Sie wird schon sehen«, fügte sie hinzu und wandte sich wieder an Henriette. »Sie wird mir berichten können … Hat sie die Möglichkeit, sich zu vergewissern, dass der Fluch wirkt?«
    Henriette dachte an das Kindermädchen, das sie im Park traf, wenn es mit dem Kleinen spazieren ging, und das sie seit mehreren Monaten bestach, um etwas über das verhasste Paar zu erfahren.
    »Ja. Ich kann tatsächlich die Fortschritte Ihrer …«
    Sie wollte »Behandlung« sagen, doch das Wort kam ihr nicht über die Lippen. Sie fühlte sich beklommen in dieser überhitzten Atmosphäre und hatte das Gefühl, dass die Möbel Stück für Stück näher rückten und sie umzingelten.
    »Das macht dann sechshundert Euro. Bar. Schecks akzeptiere ich nur bei kleineren Summen, größere Beträge nehme ich bar. Hat sie

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