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Der langsame Walzer der Schildkroeten

Der langsame Walzer der Schildkroeten

Titel: Der langsame Walzer der Schildkroeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
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nicht überschreiten durften. Heute nicht mehr als acht Euro! Manchmal erforderte es schier grenzenlosen Einfallsreichtum, um ihren Vorsatz einzuhalten. Aber Not macht erfinderisch. Eines Morgens hatte sie in einem plötzlichen Anfall von Kühnheit beschlossen: null Euro! Vor Überraschung hätte sie sich beinahe verschluckt. Null Euro! Was hatte sie sich da vorgenommen? Sie hatte noch ein Paar Kekse im Haus, etwas Schinken, Orangensaft und Toastbrot, aber für das frische, warme Morgenbaguette und den Bourjois-Lippenstift von Monoprix würde sie sich etwas einfallen lassen müssen. Sie war bis Mittag im Bett geblieben, wand sich, rechnete hin und her, malte sich aus, auf welchen Umwegen sie eine verlorene Münze aufheben, einen Lippenstift vom Regal rollen lassen und ihn, vom Wachmann unbemerkt, mit dem Fuß zum Ausgang schieben könnte, sie gurrte vor Vergnügen, zog die wieder fraulich gewordene Nase kraus, hübsche Freudengrübchen zeigten sich in ihren trockenen, faltigen Wangen, und sie kicherte, olalà, was für ein Abenteuer! Als sie es nicht mehr aushielt, war sie aufgestanden, hatte ihr Haar unter den Hut gesteckt, eine Bluse, einen Rock, einen Mantel angezogen und war wie eine kühne Eroberin hinaus auf die Straße getreten. Nur Mut, hatte sie sich gesagt, als der Wind ihr Tränen in die Augen trieb. Die Kälte schnitt ihr in die Finger, und ihre beiden Hände reichten kaum, um den breiten, flachen Hut festzuhalten, der ihr vom Kopf zu wehen drohte. Aus der Bäckerei in der Nachbarschaft drang der köstliche Duft von frisch gebackenem Baguette. Sie sah sich um, suchte nach einer Möglichkeit, ihr Ziel zu erreichen, und bereute plötzlich, dass sie sich zu diesem Äußersten hatte hinreißen lassen: null Euro, also bitte! Sie hatte die Zähne zusammengebissen und das Kinn gereckt. War eine Weile reglos stehen geblieben und hatte vergeblich nach einer Lösung Ausschau gehalten. Einfach gehen, ohne zu bezahlen? Anschreiben lassen? Das wäre geschummelt. Kältetränen brannten auf ihren Wangen, entmutigt schüttelte sie den Kopf und senkte den Blick, als sie plötzlich einen Bettler entdeckte. Einen armen Teufel mit weißem Stock, der seinen Almosenteller vor sich hingestellt hatte. Einen Almosenteller voller Münzen. Gerettet! Auf dem Gipfel ihrer Gier hatte sie in der Höhe gesucht, was direkt vor ihren Füßen lag. Sie erzitterte vor Freude, ihre Stimmung hatte sich schlagartig gebessert. Sie hatte sich den Schweiß von der Stirn gewischt und ruhig die Lage, die Passanten, ihre Position sondiert. Der Blinde hatte seine mageren Beine auf dem Asphalt ausgestreckt und klopfte mit seinem weißen Stock auf den Boden, um Aufmerksamkeit zu erregen. Sie hatte nach rechts und nach links geschaut und dann mit einer raschen Handbewegung den Almosenteller geleert. Neun Ein-Euro-Münzen, sechsmal fünfzig Cent, dreimal zwanzig und achtmal zehn! Sie war reich. Fast hätte sie den Blinden zum Dank geküsst. Sie war zurück nach Hause gerannt. Lachen hatte ihre Falten vertieft, und nachdem sie die Wohnungstür hinter sich geschlossen hatte, hatte sie ihrer Freude freien Lauf gelassen. Hoffentlich ist er morgen wieder da! Wenn er da sitzt, wenn er nichts gemerkt hat, dann gehe ich die Null-Euro-Wette wieder ein!
    Abenteuerlust kribbelte in ihrem Magen, ihr Hunger war verflogen.
    Er war wieder gekommen. Saß auf dem Bürgersteig, eine Mütze über die Augen gezogen, dunkle Brille, einen zerfetzten Schal um den Hals, die Hände entsetzlich verstümmelt. Sie achtete sorgsam darauf, ihn nicht anzusehen, um nicht statt des köstlichen Schauers der drohenden Gefahr ihr Gewissen zu spüren, das solche Diebereien nicht gewöhnt war.
    Die Jagd nach den null Euro machte ihre Tage spannend. Häufig wird diese kriminelle Lust der Bedürftigen vergessen, denen gar keine andere Wahl bleibt, als hin und wieder etwas mitgehen zu lassen, dachte Henriette. Dieses verbotene Vergnügen, das jeden Moment des Lebens in ein Abenteuer verwandelt. Denn falls der Bettler durch irgendeinen unglücklichen Zufall den Standort wechseln sollte, würde sie ein anderes Opfer finden müssen. Aus diesem Grund hatte sie beschlossen, ihm jedes Mal nur ein paar Münzen zu stehlen, damit ihm noch genug zum Leben blieb. Und damit niemand Verdacht schöpfte, ließ sie dabei die entwendeten Münzen klimpern, sodass jeder glaubte, sie lege sie auf den Teller, statt sie wegzunehmen.
    An jenem bewussten Tag also, an jenem Morgen, als sie darauf wartete, dass das Eisen

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