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Der langsame Walzer der Schildkroeten

Der langsame Walzer der Schildkroeten

Titel: Der langsame Walzer der Schildkroeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
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einen auswendig gelernten Text aufzusagen. Er hatte sie unterbrochen: »Joséphine … Setz dich hin und sag mir die Wahrheit!«
    Sie hatte den Stuhl zurückgestoßen, den er ihr zuschob. Hatte mit einer zusammengerollten Zeitung in ihren Händen gespielt, den Blick gesenkt und leise hervorgestoßen: »Ich glaube, ich wollte dich einfach sehen … Ich wollte wissen, ob …«
    »Ob ich noch an dich denke, oder ob ich dich vergessen habe?«
    »Genau!«, hatte sie erleichtert gesagt und ihm tief in die Augen geblickt.
    Gerührt hörte er ihre Worte. Sie konnte nicht lügen. Lügen und etwas vorzutäuschen ist eine Kunst. Sie hingegen konnte erröten und direkt zur Sache kommen. Aber nicht auf verschlungenen Wegen ans Ziel gelangen.
    »Du wärst eine miserable Diplomatin geworden.«
    »Deshalb habe ich es ja auch nie versucht, sondern mich stattdessen in meine alten Schwarten geflüchtet …«
    Sie knetete die Zeitung, und ihre Finger färbten sich schwarz.
    »Du hast mir nicht geantwortet …«, beharrte sie, immer noch kerzengerade vor ihm stehend.
    »Ich glaube, ich weiß, warum du mich das fragst …«
    »Es ist wichtig. Sag es mir.«
    Wenn er sie noch lange warten ließ, würde die Zeitung als Häufchen Konfetti enden. Methodisch riss sie kleine Stückchen davon ab.
    »Möchtest du einen Kaffee? Hast du schon gefrühstückt?«
    »Ich habe keinen Hunger.«
    Er winkte den Kellner heran und bestellte einen Tee und Toast.
    »Es ist schön, dich zu sehen …«
    Sie versuchte, in seinem Blick zu lesen, doch sie entdeckte nur ein spöttisches Funkeln. Er schien ihre Verlegenheit ausgesprochen erheiternd zu finden.
    »Du hättest mir vorher Bescheid sagen können … Dann hätte ich dich vom Bahnhof abgeholt, und du hättest bei uns übernachten können. Seit wann bist du hier?«
    »Ich bin wirklich hergekommen, um meinen Verleger zu treffen.«
    »Aber das war nicht der einzige Grund für deine Reise …«
    Er sprach leise, als soufflierte er ihr ihre Antworten.
    »Ähm … Sagen wir, ich musste ihn treffen, aber dazu brauchte ich nicht unbedingt vier Tage zu bleiben.«
    Sie hatte den Blick gesenkt, und ihre Miene war die eines unterlegenen Gegners, der seine Niederlage eingesteht.
    »Ich kann nicht lügen. Das brauche ich gar nicht erst zu versuchen. Ich wollte dich sehen. Ich wollte wissen, ob du den Kuss an der Backofentür vergessen hast, ob du mir verziehen hast, dass ich dich … nun ja, dass ich dich am letzten Abend abgewiesen habe, und ich wollte dir sagen, dass ich immer noch an dich denke, auch wenn es immer noch kompliziert ist, weil da ja immer noch Iris ist und ich immer noch ihre Schwester bin, aber ich komme nicht dagegen an, ich denke an dich, ich denke die ganze Zeit an dich, und ich wollte endlich Gewissheit haben, ich wollte wissen, ob du auch … oder ob du mich völlig vergessen hast, denn dann müsstest du es mir sagen, damit ich mich bemühen kann, dich zu vergessen, auch wenn das bedeutet, dass ich sehr unglücklich sein werde, aber ich weiß ja selbst, dass das alles meine Schuld ist, und …«
    Außer Atem sah sie ihn an.
    »Willst du eigentlich noch lange so stehen bleiben? Du siehst aus wie eine Schauspielerin auf der Bühne! Außerdem ist das nicht sehr bequem, ich muss ständig den Kopf heben, um mich mit dir zu unterhalten.«
    Sie hatte sich auf den Stuhl fallen lassen und gemurmelt, das hätte doch alles ganz anders laufen sollen! Enttäuscht und wütend auf sich selbst, hatte sie ihre mit Druckerschwärze beschmierten Hände angestarrt. Er hatte seine Serviette genommen, einen Zipfel in das Kännchen mit warmem Wasser getunkt und sie ihr gegeben, damit sie sich säubern konnte. Er beobachtete sie schweigend, und als sie die Hände wieder sinken ließ, als sie dachte, dass sie den mit Shirley ausgearbeiteten Plan vermasselt hätte, da hatte er nach ihrer Hand gegriffen und sie festgehalten.
    »Wärst du wirklich sehr unglücklich, wenn …«
    »Oh, ja!«, hatte Joséphine stürmisch erwidert. »Aber ich könnte es verstehen. Ich war … ich weiß nicht … An diesem Abend war etwas geschehen, was mir nicht gefallen hatte, und dann ging in meinem Kopf plötzlich alles durcheinander, ich bekam Angst, und ich dachte, es läge an dir …«
    »Und jetzt bist du dir dessen nicht mehr sicher?«
    »Ich denke oft an dich, sehr oft …«
    Er hatte ihre Hand an seine Lippen geführt und geflüstert: »Ich denke auch sehr oft an dich.«
    »O Philippe! Ist das wahr?«
    Er hatte ernst genickt.
    »Warum

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