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Der langsame Walzer der Schildkroeten

Der langsame Walzer der Schildkroeten

Titel: Der langsame Walzer der Schildkroeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
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öffnete, sah sie Philippe, der sie, außer sich vor Sorge, anstarrte.
    »Nichts passiert«, sagte sie. »Ich glaube, ich bin einfach nur trunken vor Glück …«
    Am nächsten Morgen begleitete er sie zum Bahnhof. Sie hatten die Nacht zusammen verbracht. Hatten auf ihre Haut jene Liebesworte geschrieben, die sie noch nicht auszusprechen wagten. Im Morgengrauen war er nach Hause gegangen, um da zu sein, wenn Alexandre aufwachte. Sie hatte einen eigentümlichen Stich im Herzen verspürt, als sie hörte, wie sich die Zimmertür hinter ihm schloss. Machte er es genauso, wenn er bei Dottie übernachtete? Doch dann hatte sie sich zusammengerissen. Dottie Doolittle war ihr vollkommen egal.
    Sie fuhr zurück nach Paris. Er flog nach Deutschland, zur documenta in Kassel, einer der weltweit größten Ausstellungen für zeitgenössische Kunst.
    Er hielt ihre Hand und trug ihre Reisetasche. Er hatte eine gelbe Krawatte mit kleinen Mickymäusen in kurzen roten Hosen und großen schwarzen Schuhen umgebunden. Sie lächelte und berührte sie mit einem Finger.
    »Die ist von Alexandre. Er hat sie mir zum Vatertag geschenkt … Und er besteht darauf, dass ich sie trage, wenn ich fliege, er behauptet, sie sei ein Glücksbringer …«
    Sie trennten sich vor der Zollabfertigung. Küssten sich inmitten der gehetzten Fahrgäste, die ihren Ausweis und die Fahrkarte vorzeigten und sie mit ihren Trolleys anrempelten. Sie versprachen einander nichts, doch in den Augen des anderen lasen sie den gleichen Ernst, den gleichen stummen Schwur.
    Auf ihrem Platz, Wagen 18, Platz 35, Fenster, streichelte Joséphine langsam die Lippen, die er gerade noch geküsst hatte. In ihrem Kopf sang es unaufhörlich Philippe, Philippe. Sie summte » Strangers in the night, in love forever « und schrieb mit dem Zeigefinger forever an die Scheibe.
    Sie lauschte den Geräuschen des Zugs, dem Kommen und Gehen der Fahrgäste, dem Klingeln der Handys, den Startsignalen hochfahrender Laptops. Sie hatte keine Angst mehr, vor nichts und niemandem. Ihr Herz zog sich zusammen, als sie an Hortenses Modenschau dachte, bei der sie nun nicht dabei sein konnte, aber sie rief sich zur Ordnung, so ist Hortense nun einmal, ich kann sie nicht ändern, das bedeutet nicht, dass sie mich nicht liebt …
    An der Gare du Nord kaufte sie den Parisien . Reihte sich in die Schlange am Taxistand ein und schlug die Zeitung auf. Polizistin auf Parkplatz ermordet . Eine furchtbare Vorahnung beschlich sie, und wie betäubt inmitten der Menschen, die sie vorwärtsschubsten, damit sie ein paar Meter gewannen, las sie den Artikel. Capitaine Gallois, die Frau mit den verkniffenen Lippen, war auf dem Parkplatz des Polizeireviers neben ihrem weißen Clio erstochen worden.
    »Die Leiche der jungen Frau wurde gestern Morgen gegen sieben Uhr aufgefunden. Ihre Schicht hatte spätabends geendet. Überwachungskameras haben aufgezeichnet, wie sich ihr ein Mann in weißem Regenmantel und mit einer Skimaske über dem Kopf nähert und mit einem Messer auf sie einsticht. Es ist bereits der vierte Überfall dieser Art innerhalb weniger Monate. ›Wir ermitteln in sämtliche Richtungen‹, versichern uns Quellen aus dem Umfeld der Kriminalpolizei. Die Polizei schließt nicht aus, dass dieser Mord mit den früheren Todesfällen in Verbindung steht. Insbesondere beunruhigt die Beamten, dass die junge Frau überfallen wurde, nachdem sie erst kürzlich in einem dieser Verbrechen ermittelt hatte. Dies hat für erheblichen Aufruhr unter den Angehörigen der Polizei gesorgt. Der Sekretär der Allgemeinen Polizeigewerkschaft äußert sich zurückhaltend: ›Darauf hätten wir bei der gegenwärtigen Unzufriedenheit unter den Polizeikräften gut verzichten können.‹ Alliance und Synergie, zwei weitere Polizeigewerkschaften, werden deutlicher: ›Viel zu viele Polizisten werden verletzt und angegriffen, das kann nicht länger einfach so hingenommen werden, die Polizei genießt in der Bevölkerung keinen Respekt mehr.‹«

Fünfter Teil

H ortense öffnete die Augen und erkannte ihr Zimmer: Sie war in Paris. Ferien. Sie seufzte und streckte sich unter der Decke. Das Schuljahr war zu Ende. Mit einem Triumph zu Ende gegangen! Von nun an gehörte sie zu den siebzig Auserwählten, die das ruhmreiche Saint Martins College besuchen durften! Sie! Hortense Cortès. Aufgewachsen in Courbevoie, bei einer Mutter, die ihre Kleider bei Monoprix kaufte und Repetto für eine Spaghettimarke hielt. Ich bin die Beste! Ich bin einmalig! Ich

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