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Der langsame Walzer der Schildkroeten

Der langsame Walzer der Schildkroeten

Titel: Der langsame Walzer der Schildkroeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
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musste sich zusammenreißen, um nicht hinzuzufügen: »Und der, in den ich verliebt bin.« Hortense hatte für Gefühle nichts übrig, und so fürchtete sie, ihre Schwester würde ihre Liebe mit einem ihrer lapidaren Sprüche niedermachen. Wenn ich ihr von dem großen Ballon erzähle, der sich in meinem Herzen ausdehnt, kriegt sie einen Lachkrampf.
    »Wahnsinn, ich erkenne Maman nicht wieder! Sie knutscht mit Philippe! Wie aufregend!«
    »Ja, aber sie ist auch traurig …«
    »Glaubst du, das mit Philippe hat nicht funktioniert?«
    »Wenn es funktioniert hätte, wäre sie doch jetzt nicht traurig!«
    Am liebsten hätte sie hinzugefügt: »Ich weiß das, denn ich bin verliebt, und ich möchte am liebsten die ganze Zeit tanzen.« Aber sie biss sich auf die Zunge. Manchmal sagt er, ich sei seine Nicole Kidman. Total bescheuert, aber ich finde es schön. Erst mal bin ich nicht platinblond und auch keine zwei Meter groß, ich habe Sommersprossen und abstehende Ohren. Aber was soll’s, ich höre es so gerne, wenn er das sagt, dann fühle ich mich noch schöner. Dank der ganzen Schönheit, die er in mir entdeckt hat, habe ich mein »Sehr gut« im Abschlusszeugnis bekommen! Im August fährt er in Urlaub, und ich habe Angst, dass er mich dann vergisst. Er schwört, dass er das nicht tun wird, aber ich habe trotzdem Angst.
    Hortense runzelte nachdenklich die Stirn. Das war sicher nicht der richtige Moment, um ihr davon zu erzählen. Das Problem bei Hortense war bloß, dass es nur ganz selten mal der richtige Moment war.
    »Kuschelst du mich mal?«, flüsterte Zoé.
    »Lieber nicht. Ich bin nicht gut in so was, aber ich könnte dich knuffen, wenn du magst!«
    Zoé lachte laut auf. Hortense war nicht nur todschick, sie war auch noch witzig.
    »Hast du heute Nachmittag deinen Termin?«
    »Bei Jean-Paul Gaultier? Nein. Der ist auf morgen verschoben worden.«
    »Dann können wir ja Thelma und Louise gucken …«
    »Den Film haben wir doch schon hundertmal gesehen!«
    »Ich finde ihn aber so cool! Wenn Brad Pitt sich auszieht, und danach, wenn der LKW explodiert. Und dann am Ende, wenn sie zusammen abheben.«
    Hortense zögerte.
    »Komm schon! Sag Ja! Wir haben ihn schon viel zu lange nicht mehr zusammen geguckt.«
    »Na gut, Zoélinchen. Aber nur einmal!«
    Zoé stieß einen Triumphschrei aus, und sie kuschelten sich im Wohnzimmer auf dem Sofa vor dem Fernseher aneinander. »Wo ist Maman eigentlich?«, fragte Hortense, ehe sie auf »Play« drückte.
    »In ihrem Zimmer, sie arbeitet. Sie hört überhaupt nicht mehr auf zu arbeiten. Bestimmt, um sich abzulenken …«
    »Kein Mann verdient es, dass man sich seinetwegen fertigmacht«, erklärte Hortense. »Merk dir das, Zoé!«
    Sie schauten den Film zweimal hintereinander. Spulten immer wieder die Szene zurück, in der Brad Pitt sein T-Shirt auszieht. Hortense dachte dabei an Gary und verfluchte sich selbst, während Zoé ihr gerne von Gaétan erzählt hätte, aber sich auf die Zunge biss. Sie applaudierten dem explodierenden Tanklaster, und am Ende, als die beiden Frauen über den Abgrund fliegen, fassten sie einander bei den Händen und kreischten vor Begeisterung. Zoé dachte bei sich, dass es viele Arten von Glück gab, mit Gaétan und mit ihrer Schwester. Es war nicht das gleiche Glück. Doch innerlich wärmte es genauso. Sie konnte ihr Geheimnis einfach nicht mehr länger für sich behalten. Sie musste Hortense davon erzählen. Und wenn sie sie auslachte, hatte sie eben Pech gehabt.
    »Soll ich dir ein Geheimnis verraten?«, flüsterte sie. »Das schönste Geheimnis auf der ganzen Welt, das …«
    Sie kam nicht dazu, ihren Satz zu beenden. Iris betrat das Wohnzimmer, sank in einen Sessel und ließ mehrere Tüten mit Kleidern fallen, die neben ihren Füßen umkippten.
    »Ist eure Mutter nicht da?«
    »Doch, in ihrem Zimmer«, antworteten die beiden Mädchen wie aus einem Mund.
    »Sie hockt die ganze Zeit nur in ihrem Zimmer. Das ist doch albern …«
    »Sie schreibt an ihrer Habilitation«, antwortete Zoé. »Das ist eine Heidenarbeit!«
    »Seit ich sie kenne, hat sie immer nur gearbeitet. Es ist Wahnsinn, wie viel Zeit sie mit ihren Büchern verbringt …«
    »Du verbringst sie ja offensichtlich lieber in Klamottenläden«, spottete Hortense.
    Iris ignorierte die Spitze und schwenkte ihre Tüten.
    »Ich glaube, er ist wirklich verrückt nach mir!«
    »Er hat dir das alles spendiert?« Hortense blieb beinahe die Luft weg.
    »Ich sagte doch: Er ist verrückt nach mir

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