Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der langsame Walzer der Schildkroeten

Der langsame Walzer der Schildkroeten

Titel: Der langsame Walzer der Schildkroeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
Vom Netzwerk:
hier nicht vom Fleck.«
    Morgen ist er wieder da. Wenn er sein Versprechen hält … Er hat immer noch nichts von sich hören lassen. Ich habe ihn als Lügner beschimpft! Ich muss unbedingt lernen … sie senkte den Blick auf ihr Horoskop … »Charme und Diplomatie zu nutzen«. Ich werde vor ihm kriechen wie eine trächtige Natter, scheu sein wie eine Novizin im Harem. Und wieso auch nicht? Verblüfft erkannte sie, dass sie sich danach sehnte, ihm zu gehorchen, sich ihm zu unterwerfen. Dieses Gefühl hat noch kein Mann in mir geweckt. Ist das womöglich ein Zeichen wahrer Liebe? Kein Theater mehr spielen zu wollen, sondern mich diesem Mann mit entblößter Seele hinzugeben und ihm zuzuflüstern: »Ich liebe Sie, machen Sie mit mir, was Sie wollen.« Schon seltsam, wie eine Trennung die Gefühle verstärkt. Oder war er selbst es, der mich durch sein Verhalten dazu gebracht hat, mich zu ergeben? Er hat eine zornige Frau zurückgelassen, er wird eine fügsame Geliebte antreffen. Ich möchte mich an ihn schmiegen, mein Leben in seine Hände geben, ich werde nicht widersprechen, stattdessen kaum hörbar flüstern: »Sie sind mein Herr und Meister.« Diese Worte wollte er am Tag vor seiner Abreise hören. Doch ich konnte sie nicht sagen. Zwei Wochen schmerzhafte Trennung haben sie auf meinen Lippen aufblühen lassen. Morgen kommt er zurück, morgen kommt er zurück … »Zwei Wochen«, hatte er gesagt. Draußen im Hof hörte sie den vertrauten Lärm der Mülltonnen, die zurück an ihren Platz geschoben wurden, und einen Rasensprenger, der sich in Gang setzte. Das gleichmäßige Klicken erfrischte sie. Jedes Klicken war ein Versprechen. Die Concierge schob Blumenkübel hin und her, und sie erinnerte sich an die Rosenkübel in ihrem Haus in Deauville. Eine Erinnerung an ein verlorenes Paradies, die sie gleich wieder verscheuchte. Hervé war es gelungen, Philippe zu verdrängen. Und den Lurch. Sie hatte Raouls Hoffnungen ein Ende gemacht und ihm gestanden, dass sie in einen anderen Mann verliebt war. Er hatte seine Platinkarte auf die Rechnung schnalzen lassen und erwidert: »Das macht nichts, meine Zeit wird kommen.«
    »Sie zweifeln ja tatsächlich nie an sich, Raoul!«
    »Ich bekomme immer, was ich will. Manchmal dauert es länger als geplant, ich bin ja kein Zauberer, aber ich habe mich noch nie geschlagen geben müssen.«
    Stolz wie ein siegreich vom Feldzug heimkehrender römischer Kaiser hatte er sich aufgerichtet. Sein martialischer Ton hatte ihr gefallen. Sie liebte starke, entschlossene, brutale Männer. Sie lassen mich erschauern, mein Körper strebt ihnen entgegen, ich fühle mich beherrscht, abhängig, erobert, erfüllt. Ich liebe an einem Mann die rohe Gewalt. Von solchen Vorlieben sprechen Frauen nur selten, sie scheuen zurück vor diesem drastischen Geständnis. Plötzlich hatte sie ihn mit neuen Augen gesehen, ein Lächeln trat auf ihre Lippen. Alles in allem ist er ja doch nicht so hässlich. Und dieses herausfordernde Funkeln in seinen Augen … Aber da war noch Hervé. Der unerbittliche Hervé. Nicht ein Wort, nicht eine Nachricht in zwei Wochen. Sie erschauerte und hob ihr langes Haar an, um ihre Verunsicherung zu überspielen.
    »Fahr doch nach Deauville. Das Haus steht leer!«
    »Ich weiß nicht, ob … Ich könnte stören, wenn ich so unangemeldet hereinplatze.«
    »Philippe ist nicht da. Ich habe eine Postkarte von Alexandre bekommen. Sein Vater besucht die beiden in Irland und fährt mit ihnen nach Connemara.«
    Bist du sicher?, lag Joséphine auf der Zunge. Mir hat Zoé nichts davon erzählt. Aber sie wollte nicht unnötig Iris’ Aufmerksamkeit erregen.
    »Dann kannst du auch nachsehen, ob der Sturm keine größeren Schäden angerichtet hat. Im Radio war die Rede von umgestürzten Bäumen und weggewehten Dächern … Du würdest mir damit einen Gefallen tun.«
    Und sie wäre mir nicht im Weg, wenn Hervé wieder da ist. Sie könnte alles ruinieren. Sie drehte das Radio wieder lauter.
    »Es würde mir sicher guttun … Glaubst du wirklich …«, zögerte Joséphine.
    Die Liebe machte sie erfinderisch. Sie sah Iris mit unschuldigen Augen an und wartete darauf, dass sie ihre Einladung wiederholte.
    »Es sind nur zwei Stunden Fahrt. Du schließt das Haus auf, du kontrollierst das Dach, zählst die fehlenden Ziegel und rufst den Dachdecker an, wenn es nötig ist. Er heißt Monsieur Fauvet, die Telefonnummer hängt am Kühlschrank.«
    »Das wäre eine Idee«, sagte Joséphine und seufzte, um sich ihre

Weitere Kostenlose Bücher