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Der langsame Walzer der Schildkroeten

Der langsame Walzer der Schildkroeten

Titel: Der langsame Walzer der Schildkroeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
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Er schnaufte, schwitzte und wirkte endlich wie ein ganz normales Kind.
    »Das Auto steht draußen vor der Tür. Maman schließt noch die Wohnung ab, und Papa lädt das Gepäck ein. Schöne Ferien, Madame.«
    Joséphine fuhr weiter bis ins zweite Untergeschoss, wo sich die Tiefgarage befand. Öffnete den Kofferraum, warf ihre Tasche hinein, ließ Du Guesclin einsteigen und setzte sich hinters Steuer. Sie drehte den Rückspiegel zu sich und betrachtete sich in dem kleinen Spiegel. »Bist du das, die einer Ahnung folgend nach Deauville fährt, um einen schweigenden Geliebten wiederzusehen? Bloß weil du im Radio ein Lied gehört hast! Ich erkenne dich nicht wieder, Joséphine.«
    Bei Rouen bemerkte sie große dunkle Wolken am Himmel, so dicht, dass das Tageslicht kaum noch hindurchdrang, und während der restlichen Fahrt hing die unablässige Drohung eines schweren Gewitters über ihrem Kopf. Die Sturmböen! Da waren sie also. Sie rang sich ein Lächeln ab. Je länger ich mit Iris zusammenlebe, desto ähnlicher werde ich ihr, jetzt glaube ich sogar schon an solchen Unsinn. Bald setzt sie sich noch eine Katze auf die Schulter und legt sich die Karten. Sie geht zu Hellseherinnen, die ihr alle die große Liebe versprechen, »bis dass der Tod euch scheidet«. Und jetzt sitzt sie vor dem Ventilator, wartet auf ihn, horcht auf das Geräusch der Schlüssel im Stockwerk der Lefloc-Pignels. Ich hätte sie gestört, wenn ich geblieben wäre.
    Am frühen Nachmittag hatte sie ihr Ziel erreicht. Hörte die Rufe der Möwen, die über dem Haus kreisten. Atmete den feuchten Duft des salzigen Windes ein. Blickte von der abschüssigen Auffahrt, die zu den Eingangsstufen führte, auf das Haus hinunter. Sah die geschlossenen Fensterläden. Seufzte. Er war nicht da.
    Ein plötzlicher Windstoß riss eine Schieferplatte vom Dach und schleuderte sie vor ihre Füße. Joséphine hob abwehrend die Hand, schaute auf und entdeckte, dass das halbe Dach weggeflogen war. Stellenweise waren nur noch die nackten Dachsparren und dicke Glaswollschichten übrig, die wie zerfledderter Blätterteig im Wind flatterten. Ein riesiger Rechen schien über das Haus gefahren zu sein und reihenweise Schieferplatten weggerissen zu haben. Sie drehte sich zu den Bäumen im Park um. Manche standen noch aufrecht, wenn auch ein wenig zitternd, aber andere waren gespalten wie geschälte Porreestangen. Sie würde erst mit dem Dachdecker sprechen, ehe sie Iris über das Ausmaß der Katastrophe informierte.
    Außerdem ist ihr der Zustand ihres Hauses vermutlich sowieso egal. Sie lackiert sich sicher gerade die Zehennägel, cremt sich ein, parfümiert sich die Haare und betont ihre blauen Augen mit Wimperntusche. Sie schickte ihr eine SMS , um ihr zu sagen, dass sie gut angekommen war.
    Iris erwachte verspannt, mit einem Kribbeln im ganzen Körper, sodass sie sich kaum rühren, kaum noch atmen konnte. Es war der 16. August. Zwei Wochen, hatte er gesagt. Sie legte ihr Handy auf das Kopfkissen und wartete.
    Er würde nicht sofort anrufen. Diese Zeiten waren vorbei. Ihr war bewusst, dass sie eine unverzeihliche Grenze überschritten hatte, als sie ihn einen Lügner nannte. Und dazu noch in aller Öffentlichkeit! Oh, der erstaunte Blick des Kellners, als sie »Lügner« geschrien hatte, »Sie sind ein Lügner!« So leicht würde Hervé ihr nicht verzeihen. Er hatte ihr bereits zwei Wochen Schweigen auferlegt. Und es würden weitere Strafen folgen.
    Was macht das schon? Dieser Mann lehrt mich die Liebe. Erzieht mich aus der Ferne. Ein wollüstiger Schauer prickelte zwischen ihren Beinen, und sie krümmte sich zusammen, damit er noch länger in ihrem Unterleib brannte. Das also ist Liebe? Diese Wunde, deren stechender Schmerz einen wünschen lässt zu sterben … Dieses köstliche Sehnen, das einen vergessen lässt, wer man ist, das einen dazu bringt, sich blind zu fügen, sich Zügel anlegen, die Augen verbinden und führen zu lassen. Mit ihm werde ich bis ans Ende der Welt gehen. Ich werde ihn um Verzeihung dafür bitten, dass ich ihn beleidigt habe. Er versuchte, mir den Pfad der Liebe zu weisen, und ich zappelte herum wie ein verwöhntes kleines Mädchen. Ich verlangte einen Liebesschwur, einen Kuss, während er mich einen geweihten Bereich betreten ließ. Ich hatte nichts verstanden.
    Sie ließ das Handy nicht aus den Augen und flehte stumm, dass es klingeln möge. Ich werde sagen … Ich muss mir genau überlegen, was ich sagen werde, um ihn nicht zu verärgern. Er muss

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